Mutig wie Pippi Langstrumpf

Marie zögert noch!
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Wir-stärken-dich-Trainerin Annette Schriever zu Gast in der Grundschule an der Jacobsallee

„Nein, ich will nicht umarmt werden“, schreit Jeremy lautstark durch die Klassse. Marie stapft kräftig mit dem Fuß auf und schwingt ihre Arme abwährend in die Höhe. Nick läuft so schnell er kann weg zur Tür. Solche Szenen sind Alltag im Unterricht von Annette Schriever. Vor 14 Jahren stieß die ausgebildete Sport- und Fitnesslehrerin auf das WSD- (Wir stärken Dich)-Konzept, konnte sich sofort mit den Inhalten identifizieren und ließ sich als Trainerin ausbilden. Seither zieht sie durch Kindergärten und Schulen in ganz NRW und vermittelt Kindern Selbstbewusstsein und ein Gefühl für ihre eigene Stärke. „Mein Ziel ist es den Kindern soviel Stärke zu vermitteln, dass sie erst gar nicht von Personen, die ihnen etwas wollen könnten, angesprochen werden.“
Auch in der Grundschule an der Jacobsallee ist sie nicht zum ersten Mal zu Gast und freut sich in der ersten der sechs Kurseinheiten über ein Wiedersehen mit zweien der Kinder.
Zum Auftakt bildet die Trainerin mit ihren 18 Schützlingen, Schülern von der ersten bis zu vierten Klasse, einen Kennenlernkreis. Nach der obligatorischen Vorstellungsrunde fragt Annette (so dürfen die Kinder sie nennen), was diese unter Selbstbehauptung verstehen. So bedeutet es für Luca: „Nein sagen, wenn ich nicht zu jemanden ins Auto steigen möchte!“ oder für Carlotta: „Sich zu wehren, wenn mich einer ärgert.“
Aber wie kann ein Kind überhaupt erkennen, dass an einer Situation irgendetwas nicht in Ordnung ist? Die Trainerin rät dazu, seinem Gefühl zu vertrauen und fragt in die Runde: „Wie ist es für Euch, wenn Euch zum Beispiel die Oma oder die Tante küssen will und ihr möchtet das nicht? „Komisch“, antwortet Greta. Genau auf dieses Gefühl solle man achten und dann entsprechend handeln und das auch, wenn man seinem Opa oder seinem Onkel nicht weh tun will, weil man ihn gern hat. „Wenn ein Kind sich bei so viel Nähe unwohl fühlt, haben das Erwachsene (und hier sind auch die Eltern eingeschlossen) zu akzeptieren“, macht die Kursleiterin deutlich.
Ein Grundsatz, der umso mehr gültig sei, wenn Erwachsene Kinder gegen deren Willen festhielten. Laut zu brüllen sei in diesem Falle angebracht und zwar eben nicht „Hilfe“ oder „Feuer“ wie viele der Schüler es gelernt haben. „Bei Feuer gucken, die Leute nach Qualm und wenn sie keinen sehen, gehen sie weiter und bei Hilferufen, könnten sie denken, das die nur im Spiel geäußert werden. Schreit laut und deutlich ‚Lassen, Sie mich los’“, schlägt die Selbstbehauptungstrainerin stattdessen vor.
Da lautes Brüllen einigen Kindern schwerfällt, eben so wie selbstbewusstes Auftreten, werden genau diese Dinge im praktischen Kursteil geübt. Warm machen in der Gruppe zur Musik ist angesagt. Dabei wird das auf Abstandhalten eines Gegenübers durch kräftiges Vorstrecken der Arme genauso geübt, wie lautes „Nein“ schreien, auch einige Bewegungselemente aus der Selbstverteidigung werden spielerisch gelernt. Dabei sollen aber bei Weitem keine Kampfmaschinen herangezogen werden. „Vielmehr geht es darum, die Kinder spüren zu lassen, wie viel Kraft tatsächlich in ihnen steckt.“
Die gilt es auch, und dabei kommen alle Kids mal dran, im anschließen Rollenspiel zu zeigen. Die Trainerin spielt dabei die Verwandte, die Nichte bzw. Neffe unbedingt und trotz Widerstand an ihr Herz reißen möchte. In solchen Situationen soll für Kinder ein bestimmter Ablauf nach und nach zur Routine werden: „Den Kopf einschalten, auf das komische Gefühl hören, laut und konkret sagen: ‚Ich möchte nicht gedrückt werden’, Arme abwehrend vorstrecken, gleichzeitig mit dem Fuß aufstapfen, Augenkontakt halten, Weglaufen und den Eltern später von der Situation berichten“, bläut Annette ihnen ein. Im anschließenden Spiel schreien, die zunächst Schüchternen genauso laut wie die Selbstbewussten, reißen die Arme hoch und blicken unerschrocken ihrem Gegenüber in die Augen - genau der von der W-S-D-Trainerin gewünschte Effekt. In den folgendenWochen werden diese Abläufe immer wieder trainiert werden und auch andere, für Kinder schwierige Themen aufgegriffen. „Wir werden Losreiß-Techniken lernen, klären, mit welchen Personen man unbesorgt mitgehen kann, übers Mobbing sprechen und darüber reden, in welchen Situationen man Erwachsenen, die darum bitten, zu Hilfe kommen kann.“ Alles mit dem Ziel „den Kindern bewusst zu machen, wie viel Stärke in ihnen steckt, denn stark wirkende Kinder lässt man in Ruhe!“

Autor:

Birgit Hölker-Schüttler aus Essen-Werden

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