Offene Türen in der Jacobsallee

Einen Monat lang stehen Kindheitshelden im Mittelpunkt der Grundschüler

Für vier Wochen hat an der Grundschule an der Jacobsallee wieder eine neue Zeitrechnung begonnen. Die Managementtechnik ‚Open Space’ steht während der drei Tage pro Woche mit jahrgangsübergreifendem Unterricht auf dem Programm.
„Diesmal haben wir uns im Lehrerkollegium dafür entschieden, Kinderbuchautoren aufzugreifen“, erklärt Petra Markovic. Jede der Pädagoginnen hat dabei einen Schriftsteller auserkoren, den er im Unterricht den Schülern altersgerecht nahe bringen möchte und setzt dabei ganz unterschiedliche Methoden ein. So hat eine Reise nach England Petra Markovic zum Thema ‚Harry Potter’ angeregt. Damit die Kinder sich ein Bild davon machen können, was die Autorin Joanne K. Rowling zu denen in ihren Büchern beschriebenen Schauplätzen inspiriert hat, hat die Lehrerin ihnen beispielsweise große Fotos gezeigt. „So erfahren sie, dass ein Internat in Edinburgh Vorlage für Harry Potters Schule ‚Hogwarts’ war.“ Auf Arbeitsblättern können sich die Kinder später ihr eigenes Schulgebäude oder eine Schuluniform ausdenken.
Eine der beliebtesten Kinderbuchautoren hat sich Annette Kamphausen mit Astrid Lindgren ausgesucht und den Kindern erst einmal verdeutlicht, was für ein Skandal ihr Pippi Langstrumpf-Buch einst ausgelöst hat. „Als das Buch erscheinen sollte, herrschte ja ein völlig anderes Kinderbild, da war Lindgrens Hauptakteurin zunächst einmal gar nicht gern gesehen“, lässt sie die Kinder wissen. Gefragt was ihnen an von Pippis veranstaltetem Kindertag am meisten gefallen hat, antwortet die siebenjährige Sophie wie aus der Pistole geschossen: „Die Tiere, vor allem aber das Pferd.“ Mit witzigen Aufgaben, wie etwa die Geheimschrift der Jungen von Bullerbü zu entziffern, Pippi’s fatale Grammatik auf ihrer Geburtstagseinladung zu korrigieren oder einen Text von ‚Michel in der Suppenschüssel’ in die richtige Reihenfolge zu bringen, werden ihnen die beliebten Charaktere der Autorin nahe gebracht. Dass Astrid Lindgren nicht nur geschrieben hat, erfahren sie am Folgetag. „Dann werden die Kinderrechte unser Thema sein, für die sich die Autorin auch stark gemacht hat.“
In der Klasse von Tanja van Holt dreht sich alles um ein merkwürdiges Wesen mit der Rüsselnase. „Mir gefällt das Sams von Paul de Maar so gut, weil es frech und lustig ist“, strahlt sie. Hier lernen die Schüler beispielsweise, was auf eine Buch-Infokarte gehört und wo man in Büchern nach dem Namen des Autoren oder dem Erscheinungsjahr suchen muss. Auf diese Weise hat sich zum Beispiel die achtjährige Freya schon gemerkt, wie der Mann heißt, der Bücher um Zeichnungen ergänzt: „Der Illustrator zeichnet die Bilder eines Buches.“
Angeregt durch Manfred Mai’s Geschichte „Nur für einen Tag“ sollen die Kinder der Klasse von Eva de Witt überlegen, wie es wäre, wenn ihr Vater die Schule und sie selbst stattdessen seinen Arbeitsplatz besuchten. „Ich glaube, der wird da nur in Schönschrift schreiben“, ist sich die siebenjährige Lorena sicher.
Ihr eigenes Buch entwickeln die Nachwuchsleser bei Lehrerin Sabrina Breuer. „Nach dem Vorbild des Werks ‚Das magische Baumhaus’ von Mary Pope Osborne arbeiten sie gerade an der Gestaltung eines Buchdeckels. „Dabei lernen sie natürlich auch, wo der Titel oder der Autorenname hingehört. Je nach Alter werden sie sich dann am nächsten Tag entweder eine Kurz- oder Bildergeschichte ausdenken.“
Bei Vivian Stettner erfahren die Schüler nicht nur viel über Literatur, sondern auch darüber, wie sich das Leben mit einer Behinderung anfühlt. Weil bei den Vorstadtkrokodilen von Max von der Grün eines der Kinder im Rollstuhl sitzt, hat auch sie so ein Vehikel mit in die Schule gebracht. „Damit haben die Kinder ausprobiert, ob unsere Schule rollstuhlgeeignet ist, allerdings ist dabei der ein oder andere für die Bewältigung von Treppen auch schon mal plötzlich aufgesprungen“, schmunzelt sie. Mit verbundenen Augen haben die Jungen und Mädchen heute mal nacherlebt, wie es ist, blind zu sein. Nicht immer konnten sie sich dabei auf ihren Partner verlassen, so erzählt Marek: „Weil mein Partner mich vor so ein braunes Ding hat gehen lassen, habe ich ihn aus Rache nicht vorgewarnt, als er in die Tür des Lehrerzimmers lief.“

Autor:

Birgit Hölker-Schüttler aus Essen-Werden

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