Sein Schicksal selbst in die Hand nehmen

Doris Korpiun (l.) und Reni Kümmerlein engagieren sich für SERPAF. 
Foto: Henschke
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  • Doris Korpiun (l.) und Reni Kümmerlein engagieren sich für SERPAF.
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Werdener Delegation ist zurück aus den Armutsvierteln der brasilianischen Stadt Sete Lagoas

Als Helena Bartolomeu Rodrigues Branco vor 50 Jahren „Serviços de Promoção ao Menor e à Família“ gründete, geschah dies aus christlichen Motiven. Die gleichen Gründe treiben den ökumenischen Arbeitskreis SERPAF Werden dazu, sich höchst engagiert für junge Menschen in Brasilien einzusetzen.

Um Kindern, Jugendlichen und deren Familien aus den Armutssiedlungen am Stadtrand von Sete Lagoas durch Bildung und Förderung des Selbstwertgefühls, aber auch ganz profan mit einer täglichen warmen Mahlzeit zu helfen. Heute wird SERPAF von den Enkelinnen Adriane Branco Penna und Rachel Branco e Ribeiro geleitet. Die beiden tun dies mit großem Sachverstand und viel Herz. Leider muss die Einrichtung jedes Jahr um ihr finanzielles Überleben kämpfen. Doris Korpiun war im April 2006 vor Ort, als eine komplette Backstube nach Brasilien verschifft wurde: „Dort gibt es nicht dieses soziale Bewusstsein wie bei uns in Deutschland. Aber um so gut zu sein, braucht man nun mal auch Geldmittel.“

„Ich bin etwas wert“

Gemütlich sitzt man bei Korpiuns am Kaffeetisch und Reni Kümmerlein blättert durch die Fotos: Da sind so viele berührende, ermutigende, aber auch bedrückende Erinnerungen. Noch ganz frisch die Eindrücke, da sie gerade erst aus Brasilien zurückkehrte. Untergebracht war Reni Kümmerlein bei Maria, einer Tochter von Helena Branco. Deren Leben wurde von 80 Kindern auf die Bühne gebracht. Eine faszinierende Aufführung: „Vorbildliche Theaterarbeit. So viele Menschen auf der Bühne, eine ambitionierte Choreographie, sehr lebendig und natürlich dargestellt.“ Was für ein anrührender Moment, als Reni Kümmerlein die Theatergruppe überschwänglich lobte. Denn da brach ein Mädchen in Tränen aus: „Aber uns sieht doch keiner.“ In der Tat, die Eltern waren fern geblieben. Erst die Begeisterung der Deutschen zeigte den jungen Künstlern, wie gut sie gewesen waren. Zur fünfköpfigen Delegation gehörten noch Eva Schmitz, Sabine Zorn, ihre Tochter Samantha und Josef Wolters. Zwei Wochen lang kamen die Deutschen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Beeindruckend die Erfolge des Projekts „Bank der Talente“. Hier werden Jugendliche auf eine berufliche Ausbildung vorbereitet. In Brasilien gibt es kaum Ausbildungsstellen, die jungen Leute stehen Schlange: „Wer es in dieses Programm schafft, hat schon als Kind den Geist von SERPAF inhaliert.“ Sehr großen Wert legt man auf die Vermittlung von Sekundärtugenden wie Disziplin, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Sauberkeit: „Diese jungen Menschen sind alle adrett gekleidet. Sie haben vielleicht nur ein einziges T-Shirt. Aber das ist gewaschen.“ Überhaupt war Reni Kümmerlein schwer beeindruckt vom hohen Niveau der Einrichtung: „Da ist Staunen über diese Qualität der Arbeit. Hier werden junge Menschen auf Augenhöhe dazu befähigt, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Hier spüren sie: Ich bin etwas wert!“

„So viel Herzlichkeit“

Die Gruppe überbrachte Grüße der Werdener Gemeinden, der Kindernothilfe Duisburg und des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“. Gefördert wurde dieser „Fachkräfteaustausch“ über Mittel des Kinder- und Jugendplanes des Bundes. In Sete Lagoas wurde nun das fünfzigjährige SERPAF-Jubiläum groß gefeiert. Da wurde sogar der ursprüngliche Termin vorverlegt, damit die deutschen Besucher mitfeiern konnten. Reni Kümmerleins Herz sprudelt förmlich über: „Obwohl wir uns kaum verständigen konnten und auf unsere Übersetzerinnen Sophia und Hannah angewiesen waren, war da so viel Herzlichkeit, so viel Wärme. Das ist Friedensarbeit.“ Am letzten Abend wurde auf einer Hacienda ein großes Familienfest gefeiert. Reni Kümmerlein strahlt: „Was war das für ein Riesenauflauf. Eine Umarmung nach der anderen mit wildfremden Menschen.“

Für den Frieden

Vor zwei Jahren verzauberten die brasilianischen Gäste das kleine Werden mit ihrer ansteckenden Fröhlichkeit, diesem Hunger nach Leben. Nicht wenige Abteistädter waren schwer beeindruckt. So fanden auch jüngere Menschen zum ökumenischen Arbeitskreis, wie Doris Korpiun erfreut feststellen durfte: „So kam frisches Blut in unsere Bemühungen.“ 2016 wurde auch mit einem gemeinsamen Büchlein begonnen, die Idee dazu war noch viel älter. Jetzt halten die Beiden die Broschüre in Händen, noch druckfrisch aus der Presse: „Pela Paz - Für den Frieden“ ist der Doppeltitel. Hier haben junge Menschen auf beiden Seiten des Ozeans ihre Gefühle und die Sehnsucht nach Frieden ausdrücken können. So etwa das albanische Flüchtlingsmädchen Aida Guri, das damals im Übergangswohnheim Löwental lebte.
Der Werdener SERPAF-Adventskalender mit launig-hintersinnigen Bildern der Künstlerin Angela Leise wird von der Druckerei Oberheuser zum Selbstkostenpreis gedruckt. Ganz aktuell sucht der Arbeitskreis einen neuen Sponsor, der diese Kosten übernimmt. Nur so kann der gesamte Erlös für SERPAF gespendet werden. Am Donnerstag, 30. August, gibt es im Haus Fuhr eine Präsentation von Fotos und Eindrücken des in Brasilien Erlebten. Der Arbeitskreis lädt dazu ab 19 Uhr herzlich ein.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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