Enervie-Aktien: "Unkalkulierbares Risiko"

Am 12. Mai endet das Vorkaufsrecht der Stadt Hagen für die Enervie-Aktien. Bis dahin muss der Rat entscheiden: Die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft PKF Fasselt Schlage in Duisburg hat nun der Stadt ihr Gutachten zu Chancen und Risiken des Aktiengeschäfts vorgelegt.

Was sind die Aktien zu diesem Zeitpunkt eigentlich wert? Und wie wird sich der Energiemarkt entwickeln? Die Beantwortung dieser Kernfragen war auch PKF nicht möglich: „Der innere Wert (...) entspricht dem objektivierten Unternehmenswert, der nur über eine vollständige (und zeitintensive) Unternehmensbewertung nach IDW S1 ermittelt werden kann“, heißt es in dem der Redaktion vorliegenden Gutachten. Dazu wären unter anderem nötig gewesen: Plan-Gewinn und Verlustrechnung, Plan-Bilanzen, Plan-Finanzierungsrechnung, Prognose der nachhaltigen Ertragsüberschüsse. „Eine integrierte Planungsrechnung lag uns nicht vor, für Plausibilitätsüberlgungen zum Unternehmenskonzept standen uns im Wesentlichen öffentlich verfügbare Informationen zur Verfügung. Eine vollständige Unternehmensbewertung nach IDW S1 konnte daher nicht - auch nicht in Ansätzen - vorgenommen werden.“

Aktienwert deutlich
geringer geschätzt

Nach „überschlägigen Schätzungen“ kommt PKF auf einen tatsächlichen Aktienwert von 2 Euro - die Firma Remondis will die Aktien für 2,76 Euro pro Stück kaufen.
Dass das Unternehmen Enervie eigentlich nicht ausreichend bewertet werden konnte, und damit auch der geschuldete Kaufpreis erst später festgestellt werden kann, nennt PKF ein „unkalkulierbares Risiko“. Zudem müssten unterschiedliche Ansichten zwischen RWE und der Stadt Hagen gegebenenfalls in einem kostenintensiven Schiedsverfahren geklärt werden.
In diesem Zusammenhang warnt PKF eindringlich davor, ohne die notwendigen Kenntnisse vom Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, das nicht rückgängig zu machen ist.
Offenbar schließt PKF nicht aus, dass der Aktienwert noch geringer sein könnte als die geschätzten 2 Euro, auch wenn das Gutachten die theoretische Möglichkeit einräumt, der echte Wert könne auch darüber liegen. Kritisch betrachtet wurden auch „extreme Planungsunsicherheiten aus der momentanen Situation im Energiemarkt“, im Falle eines Kaufs müsse „mit einer Phase ohne oder mit nur deutlich geminderten Dividenden gerechnet werden, so dass eine phasengleiche Refinanzierung nicht gewährleistet ist“.
Mit unkalkulierbaren Risiken etwa aus Garantiedividenden an außenstehende Aktionäre (Dividenden müssten auch im Verlustfall gezahlt werden) verbinden die Wirtschaftsprüfer auch den steuerlichen Querverbund (Verrechnung ÖPNV-Verluste mit künftigen Enervie-Gewinnen): „...stände außerhalb jedes Verhältnisses zu den möglichen steuerlichen Vorteilen“. Und: „Alternative Querverbundgestaltungen sind bei entsprechendem Willen der Aktionäre auch ohne Ausübung des Vorkaufsrechtes (jederzeit) möglich; dabei können Risiken minimiert oder sogar ganz vermieden werden.“
PKF äußert sich in dem Gutachten auch zu einer möglichen Kooperation mit Remondis: „Eine Kooperation mit Remondis bietet potenziell höhere Chancen z.B. aus Kompetenzbündelung/Leistungsaustausch als das bisherige Verhältnis zu RWE“. Mit einem Stimmrechtsanteil von rund 19 Prozent habe Remondis praktisch keinen Einfluss auf Beschlüsse in der Hauptversammlung der Enervie, die Konkurrenzsituation sei deutlich geringer ausgeprägt als bei RWE.
Lesen Sie hierzu auch den Kommentar.

Autor:

Anja Seeberg aus Hagen

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