Die Safe-Schönheit

So schön kann eine Bürgermeisterkette sein
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„Hat Herdecke eigentlich auch eine Bürgermeisterkette?“ Das wollte eine Bürgerin nach der Kommunalwahl wissen. Die Antwortet lautet „Ja“. Diese Schönheit wird allerdings nie bei offiziellen Anlässen gezeigt, sondern fristet ihr Dasein in einem Safe im Rathaus.
Bürgermeisterketten sind seit dem Mittelalter stolze Symbole städtischen Selbstbewusstseins und werden in der Regel von den Bürgermeistern bei offiziellen Anlässen gerne getragen. In Herdecke ist das anders.
Die Stadt verfügt zwar über eine ausgesprochen schöne Kette, die aber leider darauf verzichten muss, öffentlich präsentiert zu werden. Aufbewahrt wird die Kette „in einer dickwandigen Kassette, die in einem noch dickeren Safe liegt“, wie der städtische Pressesprecher Dr. JürgenTheobald versichert.
Warum? Nun, die Herdecker Kette hat eine pikante Entstehunggeschichte. Gestiftet wurde sie zur 200-Jahr-Feier der Stadt Herdecke im Jahr 1939 von dem in Herdecke lebenden Stahlindustriellen Dr. Klinkenberg. Vom nationalsozialistischen Zeitgeist zeugt ein kleines Hakenkreuz, das ein Adler in seinen Fängen hielt.
Zudem wurde die Kette als „Beispiel hoher deutscher Handwerkskunst“ in München, der damaligen „Hauptstadt der Bewegung“ ausgestellt. Dass Alt-Bürgermeister Hugo Knauer und sein Nachfolger Hans-Werner Koch sich weigerten, die Kette aufgrund dieser Entstehungsgeschichte zu tragen, lässt sich nachvollziehen. „Nach dem Krieg wurde die Kette übrigens entnazifiziert, also das Hakenkreuz herausgebrochen“, erzählt Theobald.
Neben dem Stadtwappen zieren acht Medaillen die Kette. Deren Vorderseite zeigen die damals in der Ruhrstand wichtigen Gewerbe von der Landwirtschaft bis zur chemischen Industrie. Auf der Rückseite werden die einzelnen Gewerbe beschrieben, wie zum Beispiel der Fassbau: „Eine der ältesten Fabriken für eiserne Fässer Deutschlands steht in Herdecke. Der erst seit 1899 in Herdecke ansässige Industriezweig hat einen ungeahnten Aufschwung genommen. In fast allen europäischen und überseeischen Ländern kennt man die eisernen Fässer, die dem Transport u. der Lagerung von Ölen u. anderen Treibstoffen dienen.“ Die entsprechenden Texte verfasste der damalige Stadtarchivar Fritz Thiele.
Mittelfristig will man die Bürgermeisterkette der Öffentlichkeit zugänglich machen. Wann und wie das geschehen wird, steht aber derzeit noch in den Sternen. „Wir lassen die Kette zunächst gutachterlich von einem Historiker prüfen“, erklärt der städtische Pressesprecher Dr. Jürgen Theobald. Aber eines ist auf jeden Fall sicher: „Die Bürgermeisterin wird die Kette auf keinen Fall tragen.“
Foto: Stadt Herdecke

Autor:

Jens Holsteg aus Herdecke

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