„Handwerk und Industrie brauchen einander“

Dirk H. Jedan (l.) und Christian Will (r.) zeichneten Prof. Dr. Otto Wulff (2.v.l.) und Thomas Gemke mit der Ehrennadel der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis aus. Foto: Dennis Pusch
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Kreis. „Ärmel hoch! Anpacken! Loslegen! – Wie unser Land erfolgreich bleibt!“ – Unter dieses Motto hatte Arndt Günter Kirchhoff als Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen (unternehmer nrw) seine Festrede beim 26. Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis gestellt.

Kreishandwerksmeister Christian Will freute sich bereits im Rahmen seiner Begrüßung auf einen Redner, dem „der Ruf klarer Worte und deutlicher Ansage vorauseilt“.
Will hieß in Vertretung für seinen erkrankten Amtskollegen Thomas F. Bock über 140 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung im „Haus des Handwerks“ in Iserlohn willkommen und stellte fest: „Dieser Empfang hat sich zu einer Institution entwickelt, der eine hervorragende Gelegenheit bietet, allen Dank zu sagen, mit denen wir erfolgreich, harmonisch und konstruktiv zusammengearbeitet haben.“
Äußerst optimistisch richtete Kreishandwerksmeister Christian Will den Blick auf die deutsche „Konjunkturlokomotive“: „Der Aufschwung geht in sein zehntes Jahr. Trotz Brexit; trotz Trump; trotz geopolitischer Risiken und trotz eines Machtvakuums in Berlin.“
Er betonte, dass sich das heimische Handwerk an dieser Entwicklung erfreut. Und doch merkte Will an, dass es auch eine Vielzahl von „Baustellen“ gebe: Fehlender Ausbildungs- und Fachkräftenachwuchs, zunehmende Bürokratisierung, unzureichende Gewerbeflächenvorsorge, überbordende Umweltauflagen, komplizierte öffentliche Vergabeverfahren und vieles mehr. „Es ließe sich noch manches ergänzen und ausführlich darstellen, was nicht nur mir, sondern auch meinen Handwerkskollegen Sorgenfalten auf die Stirn treibt.“, so der Kreishandwerksmeister.

Verantwortung 
von Politikern
angesprochen

Erleichtert zeigte sich Will hingegen, dass es auf bundespolitischer Ebene möglicherweise zeitnah zu einer Regierungsbildung komme und das ausschließliche Verwalten ein Ende finde: „Die Verantwortung von Politikern in einem demokratischen und rechtsstaatlichen Land gehen über die eigenen und parteipolitischen Interessen hinaus.“

Mit Sorge blickte der Kreishandwerksmeister auf das Thema Fachkräftemangel. Obwohl die Erwerbstätigkeit immer neue Rekorde erklimme, dauere es heute mehr als 100 Tage, eine offene Stelle zu besetzen: „Dabei sind wir noch nicht am Ende des demographischen Wandels.“ Christian Will plädierte für die gezielte Zuwanderung von Fachkräften: „Nur so wird es uns gelingen, den wirtschaftlichen Anforderungen zu entsprechen, um Wohlstand und Wachstum in unserer Gesellschaft zu sichern.“

Als Inhaber eines Autohauses und Vorsitzender der hiesigen KFZ-Innung griff Christan Will noch einmal den Dieselskandal auf, den er als „Betrug auf höchstem Niveau“ bezeichnete, für den die Autoverkäufer in Sippenhaft genommen wurden. Will betonte, dass es ihm vor allem um Image und Glaubwürdigkeit der Wirtschaft gehe. Gerade das Handwerk sei ein großer Abnehmer dieselbetriebener Fahrzeuge: Nunmehr solle der Diesel verteuert und der Elektromobilität Vorschub geleistet werden: „Das hat der Kunde `Handwerk´ nicht verdient!“

Kirchoff
redet
"Tacheles"

Im Anschluss begrüßte Christian Will mit Arndt Günter Kirchhoff einen Festredner, der bekannt dafür sei, dass er „Tacheles“ rede und damit zur Mentalität des Handwerks passe. Das war keineswegs zu viel versprochen, wie bereits nach den ersten Worten des Präsidenten der Unternehmensverbände NRW deutlich wurde. Kirchhoff nahm den Ball nämlich nur zu gerne auf und stellte leicht erkältet aber keineswegs verschnupft klar, dass „wir aufpassen müssen, nicht die 99,9 Prozent zu verteufeln, die nach den Regeln ehrbarer Kaufleute arbeiten!“ So sei es ein Hersteller gewesen, der betrogen habe, wofür man aber nicht die „Paradeindustrie“ des Landes in seiner Gänze an den Pranger stellen dürfe, denn „kein Land dieser Erde ist so erfolgreich beim Autobau wie wir!“

Im Verlauf seines Vortrages betonte Kirchhoff mehrmals, dass Handwerk und Industrie gegenseitig aufeinander angewiesen seien: „Beide sind mehr als eng vernetzt!“ In vielen Spitzenbranchen würden gemeinsame Erfolge erzielt, sei es in der Ausbildung oder im Bereich des technischen Fortschritts.

Kirchhoff mahnte allerdings auch, dass Deutschland vor zahlreichen Herausforderungen stehe. So müsse die Regierungsbildung vorangetrieben werden, da Deutschland nur im europäischen Kontext erfolgreich gegenüber den USA und Asien bestehen könne. Dazu seien aber nationalstaatliche Impulse auch von Deutschland nötig. „Wir können Europa nach dem Brexit völlig neu aufstellen!“ Dazu müsse jedoch eine handlungsfähige deutsche Regierung jedoch klar Stellung beziehen und beispielsweise deutlich machen, dass eine Vergemeinschaftung von Schulden nicht in Frage käme.
Zudem plädierte Arndt Günter Kirchhoff für eine wirtschaftsfreundlichere Politik im Land. „Wir müssen in den Investitions- und `nach-vorne´-Modus umschalten!“ Denn nur die Wirtschaft, unter der er neben der Industrie auch immer Handwerk und Handel mit einbezog, sei in der Lage, Arbeitsplätze zu schaffen und für eine Aufrechterhaltung der Sozialsysteme zu sorgen:

Vor allem aber sei es wichtig, so Kirchhoff, eine Debatte zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu starten, denn „wir dürfen uns auf dem Erreichten nicht ausruhen und müssen die Ärmel hochkrempeln“. Er machte deutlich, dass hierzu unter anderem die duale Ausbildung gestärkt werden und der Gründergeist der Menschen geweckt werden müsse. Außerdem stelle die Digitalisierung eine zentrale Herausforderung dar, die in unsere qualitativ hochwertigen Prozesse zu integrieren sei, denn „wir sind schon spitze in 26 Branchen.“
Diese Stärken seien zu erkennen und nutzen. So müssten bestehende Strukturen beibehalten und gefördert werden, um beispielsweise den Mittelstand auf einem starken Niveau zu halten. „Deutschland hat immer noch Reserven und muss diese nutzen.“ Abschließend schlug Kirchhoff noch einmal den Bogen zum Handwerk: „Immer wenn ein Handwerker zu mir nach Hause kommt, werden als Erstes die Ärmel hochgekrempelt. Es gibt kein besseres Bild, dass das Handwerk vermitteln kann!“

Ehrungen

Hauptgeschäftsführer Dirk H. Jedan dankte dem Festredner für seinen kurzweiligen und pointierten Vortrag und hatte anschließend gemeinsam mit Kreishandwerksmeister Christian Will die Ehre, mit dem Bundesvorsitzenden der CDU-Seniorenunion Prof. Dr. Otto Wulff und Landrat Thomas Gemke zwei „Freunde des Handwerks“ ehren zu dürfen. Beide erhielten für ihre Verdienste die Ehrennadel der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis sowie die zugehörige Ehrenurkunde.

Im Rahmen des traditionellen Tafelspitz-Essens bot sich den Gästen die Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch rund um aktuelle Themen.

(Für Text und Fotos danke ich Dennis Pusch, Pressesprecher der Kreishandwerkerschaft MK)

Autor:

Hans-Jürgen Köhler aus Menden (Sauerland)

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