Lichterglanz und Weihnachtsbaum

Den Glanz eines geschmückten Weihnachtsbaumes am Heilig Abend wünscht sich jede Mutter, jeder Vater für sein Kind. Das ist einfach ein Muß, ohne das es nicht geht.
Die meisten Tannen und Fichten für dieses Event sollen aus dem heimischen Sauerland stammen. Trotz geringer Transportwege sind die Kosten auch hier für ein schmuckes Bäumchen relativ hoch. Ob heute Hartz IV oder damals Sozialhilfe – das jährliche Bäumchen war und ist ein kostenspieliges Vergnügen, das auch bedürftige Familien ihren Kindern gönnen möchten. Unverzichtbar. Den Schmuck kann sich notfalls jeder (mit Kindern auch ein netter Nachmittag...) selbst basteln, aber den Baum nicht selbst anpflanzen. Was macht der, der das Geld nicht übrig hat? Der Weg in unsere Wälder ist nicht weit. Klar, strafrechtlich relevant und zum Verlust des Eigentümers, aber rein menschlich nachvollziehbar, wenn der eine oder andere Familienvater im Schutze der Dunkelheit kurz vor Weihnachten einen Abstecher in nahegelegene Fichtenschonungen macht...

Szenenwechsel:
Jedes Jahr vor Weihnachten – die Städte rüsten auf. Lichterketten, möglichst ein zentraler Tannenbaum. Seit Jahren schmücken die Städte trotz maroder Wirtschaftslage ein paar Nebenstraßen zusätzlich mit karg geschmückten Bäumchen, um auch hier Weihnachtsstimmung zu verbreiten. In manchen Städten haben sich sogar Kindergärten etc. organisiert, um diese Bäumchen liebevoll mit selbstgebasteltem Schmuck zu versehen. Auch Menden versuchte trotz finanzieller Schieflage seinen Bürgern ohne Stromkosten etwas weihnachtlichen Schmuck angedeihen zu lassen. An der Bahnhofstraße, längs der Taxi-Meile, stellte die Stadt vier nette, kleine Bäumchen auf, jeweils an einer Laterne verankert und geschmückt mit einer roten Schleife.
Heute (17.12. um knapp 0.00 Uhr) fiel mir auf, daß zwei der Bäume inzwischen jeweils anderthalb Meter von ihrem ursprünglichen Standort entfernt an Hausmauer und Straßenschild lehnen.
Wer hat die Bäumchen abgeschnitten? Oh bitte – nicht wieder die „bösen Jugendlichen“! Die hätten diese Fichten angesteckt oder hinter der Mühle ins Wasser geworfen.
Aber viel wichtiger die Frage: Es ist inzwischen Samstag. Bis Montag wird die Stadt die Bäume nicht wieder an ihren ursprünglichen Platz bringen und neu befestigen. Heute und morgen nacht – jeweils beginnend ca. 2 Uhr nachts geht es wie an jedem Wochenende damit los, daß Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen mehr als angeheitert und lautstark die Bahnhofstraße für ihren Heimweg nutzen und z.T. alkoholisiert nichts als Blödsinn im Kopf haben. Ich erlebe das hier seit 5 Jahren jedes Wochenende mit. Dieser „Blödsinn“ reicht – wirklich jedes Wochenende – von Schlägereien bis Sachbeschädigungen. In Gruppen sind diese Leute so stark, daß sie nicht wissen, wohin mit ihrer vermeintlichen Kraft.
Eins ist sicher: Am Montag werden diese Tannenbäumchen nicht mehr am jetzigen Platz stehen. Die landen in irgendeinem Vorgarten, mitten auf einer Straße oder im Mühlengraben.

Gedankensprung:
Ich stelle mir vor, wenn sich ein Familienvater, der seinen Kindern keinen Baum kaufen kann, ähnliches denkt, wo wäre dann das Unrechtsbewußtsein, wenn er sich einfach eins dieser Bäumchen holt? An dieser Stelle würde ich kein Richter sein wollen...

Autor:

Bettina Albach aus Menden (Sauerland)

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