KKVer diskutierten mit Muslimen über die Entstehung der Bibel und des Koran

Ditib-Beauftragter Bekir Ezer, Imam Muhsin Celik aus Mettmann, KKV-Vorsitzender Herbert Süß mit seiner Frau Marlies und Erdogan Akpolat von der Moschee-Gemeinde Monheim im Gespräch
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  • Ditib-Beauftragter Bekir Ezer, Imam Muhsin Celik aus Mettmann, KKV-Vorsitzender Herbert Süß mit seiner Frau Marlies und Erdogan Akpolat von der Moschee-Gemeinde Monheim im Gespräch
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"Das Alte Testament (AT) besteht aus 45 einzelnen Schriften, die man auch Bücher nennt. Darin sind Weisungen und Worte enthalten, die Gott seinem Volk Israel gegeben hat. Als Neues Testament (NT) bezeichnet man dagegen den Teil der Bibel, der von Jesus Christus und seiner Botschaft berichtet." Die Schriften des NT seien erst einige Jahrzehnte nach dem Tod Jesu geschrieben worden. Etwa 150 Jahre später hätten die christlichen Gemeinden Verzeichnisse aufgestellt, welche der Schriften so echt und zuverlässig seien, dass sie in der kirchlichen Verkündigung verwendet werden dürften. Mit diesen Worten gab Pfarrer Burkhard Hoffmann bei einer Gesprächsrunde mit Muslimen zum Thema "Geschichte der Bibel und des Koran" einen Überblick, wie die Schriften der Bibel entstanden seien. Zu der Diskussionsrunde, an der auch Pfarrer Werner Völker von der evangelischen Kirche teilnahm, hatte der KKV-Gesprächskreis "Christen treffen Muslime" eingeladen.

Bekir Ezer, Ditib-Dialogbeauftragter im Bezirk Düsseldorf, erläuterte sodann die Geschichte des Korans, der Heiligen Schrift des Islam. So habe sich Muhammed 610 nach Christus zum Ende des Monats Ramadan im Alter von 40 Jahren nordöstlich von Mekka in die meditative Einsamkeit des Jabal Nur (Berg des Lichts) zurückgezogen, um in der Höhle Hira nachzusinnen und zu beten. Dort habe er die Vision gehabt, dass der Engel Gabriel mit dem Befehl vor ihn trat: "Lies!" Muhammed habe geantwortet: "Ich kann nicht lesen!" Da habe ihn der Engel umfasst, bis ihm die Sinne vergingen, und seinen Befehl wiederholt. Dies sei dreimal geschehen. "In dieser 'Nacht des Schicksals' - Kadir Gecesi – in der 27. Nacht des Ramadan begann die koranische Offenbarung, das die Religion des Islam begründende Wunder", so Bekir Ezer wörtlich. Von da an habe Muhammed insgesamt 23 Jahre lang immer wieder Offenbarungen bis kurz vor seinem Tod im Jahre 632 erhalten.

Pfarrer Hoffmann wies in seinen weiteren Ausführungen darauf hin, dass das AT neben den Weisungen auch Berichte und Erzählungen enthalte, wie das Volk Israel seinem Gott begegnete und wie es ihn in seiner Geschichte erfahren habe. Dabei seien die ältesten Teile mehr als tausend Jahre vor Christi Geburt geschrieben und ungefähr hundert Jahre vor Christi Geburt beendet worden. Kernstück des NT, das aus insgesamt 27 einzelnen Schriften bestehe, seien die vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die die "Frohe Botschaft" von Jesus Christus verkünden. Dabei seien die Schreiber nicht immer identisch mit den Namensgeber der Evangelien gewesen. Darüber hinaus unterschieden sich die Evangelien auch von ihrer Intention. So habe Matthäus mehr für Judenchristen und Lukas für Heidenchristen geschrieben. Basis für beide sei das älteste griechisch geschriebene Evangelium von Markus gewesen. Das Johannesevangelium sei dagegen mehr ein theologischer Text.

Die Apostelgeschichte schildere die Anfänge der Kirche und wie der Glaube unter den Griechen, Römern und anderen Völkern des Mittelmeerraumes verbreitet worden sei. In den 21 Briefen, die an die einzelnen Gemeinden geschrieben wurden, seien Fragen der Gemeinden beantwortet und der Glaube an Jesus Christus näher erklärt worden. Den Abschluss des NT bilde die Offenbarung des Johannes. Neben diesen "Büchern" gebe es auch noch andere, sogenannte apokryphen Schriften über Jesu. "Diese enthalten zwar interessante, zum Teil aber so phantastische Schilderungen der Worte und Taten Jesu und seiner Apostel, dass sie von der katholischen Kirche nicht in den "Kanon" (Richtschnur) des NT aufgenommen worden sind", so Pfarrer Hoffmann. Diese endgültige Festlegung sei um das Jahr 400 erfolgt.

Wie Bekir Ezer weiter erläuterte, sei der Koran jeweils situationsadäquat offenbart worden. Dabei hätten die Offenbarungen den Propheten auf unterschiedlicher Weise erreicht: im wachen Zustand und im Schlaf (als reale Vision), im Ruhezustand und selbst während des Reitens. Nur in zwei Fällen sei ihm Gabriel in Lichtgestalt erschienen. "Da der Prophet den jeweiligen Offenbarungstext des Korans nur auswendig hersagen konnte", so Ezer, "musste er auch die fortlaufende schriftliche Fixierung des Korans sicherstellen." Die Niederschrift sei Aufgabe von rund zwei Dutzend "Sekretären der Offenbarung" gewesen. Immer wenn dem Propheten eine Offenbarung mitgeteilt worden sei, habe er seine Sekretäre den neuen Text an einer bestimmten Stelle in den bisherigen Text einfügen lassen. Um die Authentizität des Textes sicherzustellen, habe der Prophet im Monat Ramadan den jeweiligen gesamten Text zusammenhängend dem Engel Gabriel vorrezitiert.

Die Konsolidierung eines Standarttextes sei sehr bald nötig geworden, weil immer mehr Huffaz (Bewahrer des Korans im Gedächtnis) gestorben seien. Daher habe der erste Kalif, Ebu Bakr, schon sechs Monate nach Muhammeds Tod in Madina dazu aufgerufen, dass jeder, der einen Koran-Text besitze, das Schriftstück vorlegen und beschwören möge, dass es in dieser Form vom Propheten gebilligt worden sei.

Mit der Redaktion des maßgeblichen Gesamttextes wurde sodann Muhammeds Sekretär Zaid Sabit beauftragt. Das erste authentische Gesamtexemplar des Korans sei dann bis zu seinem Tod beim ersten Kalifen Ebu Bakr geblieben. Während der Amtzeit des dritten Kalifen Uthman (644-655) sei es immer dringender geworden, auch fern gelegene Regionen mit authentischen Kopien des Abu Bakrs Mushaf (Buch) versorgen zu können. Der Kalif habe deshalb um 650 angeordnet, von dem von Hafsa (einer Witwe von Muhammed) bewahrten Exemplar unter der Aufsicht von vertrauenswürdigen Gewährsmännern Kopien zu fertigen. Mindestens fünf Abschriften seien dann nach Madina, Makka, Kufa, Basra und Damaskus versandt worden. Alle heutigen Korandruckfassungen gingen in langer Kette auf beglaubigte Abschriften von beglaubigten Abschriften der fünf Uthmanischen Exemplare zurück.

Im Anschluss an die beiden Statements wurde noch lebhaft und intensiv über diese Thematik diskutiert. Das nächste Treffen des Gesprächskreises wird auf Einladung von Pfarrer Völker im Eki-Haus stattfinden.

Autor:

Bernd-M. Wehner aus Monheim am Rhein

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