„Dönekes“ sind sein Leben

Anekdoten sind sein Leben. Willi Westhues hat viel zu erzählen. Foto: Lohrmann
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Von Hubert Lohrmann

Willi Westhues liebt Anekdoten, „Dönekes“ nennt er sie selbst. Kein Wunder, dass er auch zu seiner eigenen Geburt eine Geschichte parat hat.
Kurz vor seinem runden Geburtstag - am Gründonnerstag wird er achtzig Jahre- erzählt er, wie seine Eltern ihm den Beginn seines Lebens schilderten: „Zwei ältere Geschwister von mir waren tot zur Welt gekommen“, lautet der traurige Anfang. „Und als ich geboren wurde, ließ auch ich den ersten Schrei vermissen. Unser Hausarzt, der Grullbader Mediziner Dr. Schmittdiel, stellte daraufhin achselzuckend die Diagnose: ‚Der ist auch kapott.’ Klingt hart, aber 1932 waren Tot- und Fehlgeburten beinahe an der Tagesordnung. Meine Tante, die auch anwesend war, teilte jedoch die Einschätzung des Arztes nicht und gab mir einen Klaps auf den Hintern. Und ich fing an zu schreien.“
„Damals war er stumm und jetzt redet er wie ein Wasserfall“, lautet Ehefrau Ursulas Kommentar dazu. Auf jeden Fall weiß der Süder Chronist viel über seine Heimat zu berichten und wird dafür in der ganzen Stadt geschätzt.
Geboren auf der Querstraße und sein Leben lang dem Stadtteil Grullbad treu geblieben, begann Willi Westhues irgendwann, sich intensiver mit der Historie der Stadt zu beschäftigen; schrieb für Chroniken des Männergesangsvereins und der Evangelischen Kirchengemeinde sowie - als FDP-Mitglied - für eine SPD-Zeitung; sammelte Material über seinen früheren Arbeitgeber, die Wohnungsbaugesellschaft. Und erinnerte sich selbst an Geschichten und Geschichtchen, die gesammelt in dem Band „Opa, erzähl mal“ zu finden sind.
„Schuld an meinem Interesse für die Lokalgeschichte ist Frau Henkel“, erklärt Willi Westhues. „Das war die Lehrerin, die uns in der vierten Klasse in Heimatkunde, wie es damals hieß, unterrichtet hat. Aber nicht immer nur im Klassenraum, sondern sie ist mit uns nach draußen gegangen und hat uns die Umgebung gezeigt und erklärt. Das hat mich gefesselt.“
Als nach seiner Pensionierung 1995 dann eine Grundschule anfragte, ob er nicht auch einmal eine Stadtführung durchführen wollte, war Willi Westhues sofort dabei. Einen ganzen Ordner voll mit Briefen und Bildern der jungen Teilnehmer kann er jetzt vorzeigen. „So eine tolle Führung habe ich noch nie mitgemacht“, heißt es da und dass etwas von seiner Begeisterung übergesprungen ist auf die Schüler, zeigen liebevoll gemalte Bilder von der Kirche St. Peter, dem Rathaus, dem Stadtwappen und vielem mehr.
Anlässe zum Erzählen gibt es genug für Willi Westhues. Das Bleiglasfenster, das er aus dem Haus seines Lehrherrn, des Malermeisters Heinrich Kroes, gerettet hat, beispielsweise: „Das wäre weggeschmissen worden bei Umbauarbeiten, aber das wollte ich nicht. Oft genug habe ich nämlich im Büro des Chefs darauf geblickt und war beeindruckt von der Jahreszahl 1706. So lange reichte die Tradition der Familie zurück. Am liebsten würde ich mir dieses Fenster an die Wand hängen, ich weiß nur noch nicht genau, wie. Ein Fall für meine Schwiegersöhne.“
Und dann gerät Willi Westhues wieder ins Erzählen. Über den Malermeister, der ihn so gerne als Mitarbeiter behalten hätte, der aber nur einen geringen Lohn zahlen konnte. Über den Zufall, durch den er seine Frau kennen lernte: „Wir waren beide bei einer Geburtstagsfeier, zu der sie allerdings nur gegangen ist, weil sie ihren jüngeren Bruder begleitet hat. Später am Abend standen wir alleine draußen - unter dem Mond von Wanne-Eickel.“
Über den schon erwähnten Arzt Dr. Schmittdiel, dem sein Beil abhanden gekommen war und der es nur zurück bekam, als er dem Dieb versicherte, dass das wirklich sein eigenes Beil war, über den Zecher, der eins mit dem Spazierstock übergezogen bekam und dessen Frau sich dafür am nächsten Tag beim Übeltäter bedankte, über „Klingelmännchen“ an der Haustür der Hebamme, die die Kinder aus dem Teich am Altenheim holte. Zufrieden blickt Willi Westhues auch auf sein eigenes Leben zurück: „Es gab immer Menschen, die es gut mit mir gemeint haben.“ Angefangen mit der Tante, die ihm den ersten Laut entlockte..

Anekdoten sind sein Leben. Willi Westhues hat viel zu erzählen. Foto: Lohrmann
Am kommenden Donnerstag wird der Süder Chronist 80 Jahre alt. In der Hand hält er das Bleiglasfenster von 1706. Foto: Lohrmann
Autor:

Lokalkompass Recklinghausen aus Recklinghausen

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