In „Zwangsurlaub“ geschickt

Die Jugendmannschaften des Niederbergischen Handballclubs haben nun gar keine Trainingszeiten mehr.
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Die Sportler des NTV sind sauer: Nach der Halle Am Waldschlösschen wurde auch die Trainingsstätte am Nizzatal zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert. Und nun auch noch die Halle an der Tönisheider Straße.

So sieht es der Verein: Ulrich Löhe, Pressewart des NTV, schreibt sich in einem Kommentar auf www.lokalkompass.de/ 588639 seinen Ärger von der Seele: „Fassungslosigkeit, Enttäuschung Wut! Erst vor wenigen Tagen haben wir von NTV und NHC, angesichts der schwierigen Lage für alle beteiligten Stellen, die vermeintlich gute Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister, der Stadt Velbert und dem Sportamt gelobt. Angesichts der heutigen Entwicklung, die man zuvor mit den betroffenen Vereinen in Neviges nicht einmal besprochen, geschweige denn beraten hat, erscheinen alle städtischen Beteuerungen des Bedauerns, des Mitgefühls und des Verständnisses in den vergangenen Tagen und Wochen beinahe wie blanker Hohn ! Vielleicht aber auch als Mittel zum Zweck, um Kritik möglichst lange heraus zu zögern.
Warum muss es nun schon die zweite Halle im Ortsteil Neviges sein? Velbert hat eine ganze Reihe mehr Hallen in allen Stadtgebieten. Gilt gesellschaftliche Solidarität für Flüchtlinge und Asylbewerber (die wir immer noch nicht in Frage stellen) nur in Neviges?
Warum trifft es jetzt schon zum dritten Mal in Folge den NTV und NHC? Waren wir zu verständig und hilfsbereit? Hat sich mal jemand Gedanken gemacht, was diese dritte Hallenschließung für den NTV und NHC bedeutet? Beide Vereine werden in „Zwangsurlaub“ geschickt. Und wer glaubt denn wirklich, dass es bei der Entscheidungsfreude und Umsetzungsvitalität von Politik und Verwaltung wirklich nur vier Wochen dauert? Die Halle Waldschlößchen sollte erst nur in den Sommerferien 2015 geschlossen bleiben - warten wir mal auf die Sommerferien 2016.
Nach der Schließung der Halle Waldschlößchen haben ehrenamtliche Helfer von NTV und NHC viel Energie und Arbeit investiert, um den Trainingsbetrieb aller NHC-Handballer - mit großen sportlichen Einschränkungen und Opfern - nach Langenberg zu verlegen. Kaum geschehen, schließt die Stadt Velbert auch diese Halle.
Durch die Solidarität anderer Vereine werden mit viel Aufwand, Arbeit und Energie erneut Lösungen in der Halle Tönisheider Straße geschaffen. Kaum geplant und unmittelbar vor der Umsetzung, schließt die Stadt Velbert auch diese Halle. Das wirkt schon fast wie System - zumindest aber wie Gedankenlosigkeit oder Ignoranz.
Mit der Schließung der Halle Tönisheider Straße ist nun aber nicht nur schon zum dritten Mal der Handball von NTV und NHC getroffen. Auch die Abteilung Turnen des NTV ist jetzt zum größten Teil obdachlos. Drei Kinder- und Jugend- sowie zwei Seniorengruppen sind von der Schließung unmittelbar betroffen. Kann man von diesen verlangen, quer durch die Stadt Velbert zu reisen, um die noch nicht erkennbaren Ersatzangebote an weit entfernten Orten zu besuchen? Dafür sollen die Turnerinnen und Turner auch noch ihre Geräte aus der Halle schaffen oder unbestimmte Zeit darauf verzichten! Sollen Sprungtisch und -matten oder der neue Air-Track in irgendeinem Wohnzimmer zwischengelagert werden?
Eigentlich bin ich immer ein Mann der freundlichen und versöhnlichen Worte. In dieser Situation kann ich aber nicht ruhig bleiben und einfach nur zuschauen, wie man das gesellschaftlich wichtige Engagement eines Sportvereins gleich mehrfach mit Füßen tritt und die Belange von mehr als 800 Vereinsmitgliedern einfach ignoriert.“

So sehen es die Eltern: Simone Böllhoff, Mutter zweier Töchter, die beim NHC Handball spielen, hat sich an den Stadtanzeiger gewandt: „Unsere Kinder sind traurig. Nachdem sie zunächst ihre Hallenzeiten am Waldschlösschen abgeben mussten, konnten sie noch abgespeckt in der Halle Tönisheider Straße trainieren. Dann fiel mit der Halle Nizzatal die Spielstätte weg, in der die Meisterschaftsspiele ausgetragen werden. Die sollen nun im Sportzentrum und in der Halle Birth stattfinden. Und dann fällt auch noch die Halle Tönisheider Straße weg. Das heißt: Keine Trainingszeiten für die Minis, F-Jugend, E-Jugend und D-Jugend! Die Kinder müssen zu ihren Meisterschaftsspielen antreten, da ansonsten Strafen anfallen. Die Motivation ist dahin, denn sie wissen, dass sie ohne Training kaum eine Chance haben. Es kann doch nicht sein, dass ein Verein alle Trainingszeiten abgibt und andere gar nicht betroffen sind. Einige Eltern haben schon mit der Kündigung der Mitgliedschaft gedroht.“

So sieht es die Stadt Velbert: Darauf angesprochen, äußert sich Stadt-Pressesprecher Hans-Joachim Blißenbach wie folgt: „Ich kann den Ärger voll nachvollziehen. Aber es war einfach nicht anders möglich. Die Zahl der Zuweisungen stieg in dieser Woche auf 70 Personen an, bereits in der kommenden Woche wäre die Halle Nizzatal überfüllt. Deshalb musste sehr kurzfristig eine weitere Unterbringungsmöglichkeit her. Denn unser oberstes Ziel ist die Vermeidung von Obdachlosigkeit. Die Halle Tönisheider Straße war am schnellsten nutzbar, aus drei Gründen: Für diese Halle gibt es einen bestehenden Bauantrag, der nur leicht geändert werden musste, um die Nutzung zu ermöglichen. Die Kapazität reicht für bis zu 106 Personen aus. Und die räumliche Nähe zum ehemaligen Krankenhaus, das bereits Ende diesen Monats zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden können soll, sprach dafür. So kann der Umzug schnell vollzogen werden.“

So sehen es die Bürgerreporter: Frank Kunze aus Heiligenhaus: Die dritte Halle in Folge….Es ist wirklich nicht mehr zu verstehen, da es genügend andere Möglichkeiten der Unterbringung gibt. Ganz in der Nähe gäbe es eine Militärkaserne, die nicht mehr genutzt wird. Warum greift man nicht auf diese zurück? [...] Dem eigenen Bürger wird das Recht auf Körperertüchtigung genommen, schon einmal darüber nachgedacht, was das ggf. für finanzielle Probleme für die Vereine nach sich ziehen könnte? Zusätzlich möge man bedenken, die Dauerbelegung der Sporthallen verstößt gegen das Schulgesetz, weil dort ist verankert, dass Sport ein Pflichtfach ist. Unsere Verwaltung ist völlig überfordert, der Bund sowie auch das Land ist fast handlungsunfähig. [...] Ist es richtig, dass ein Sozialsystem durch falsche Vorgaben so an den Rand des Ruins gebracht werden kann? Die Aufgabe des Bundes und des Landes wird auf den Rücken der Bürger in den Städten ausgetragen.
Michael Fischer aus Velbert-Neviges: Vielleicht sollte man das alte, für 650 Betten gebaute Klinikum-Gebäude nach dem Neubau des neuen Klinikums nicht abreißen. Dort könnte man wesentlich mehr Asylbewerber unterbringen. Der Brandschutz im Klinikum Niederberg wird auf massiven Druck der Behörden momentan auf den neusten Stand gebracht, u.a. Erneuerung der gesamten Brandmeldeanlage.
Es wäre doch wirklich schade und komplett zum Fenster hinausgeworfenes Geld, wenn das Klinikum abgerissen würde, nachdem es brandschutztechnisch mit Mio.-Beträgen auf den neusten Stand gebracht worden ist. Die 10 Mio. Euro, die man jetzt für den Abriss einkalkuliert hat, kann man für die Asbestsanierung des Klinikum-Gebäudes verwenden. Man hätte dann für absehbare Zeit genügend Platz für zukünftige Asylbewerber, deren Zustrom wohl nicht geringer werden wird.

Die Jugendmannschaften des Niederbergischen Handballclubs haben nun gar keine Trainingszeiten mehr.
Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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