Flüchtlingshilfe in Bergkamen organisiert sich - Bürger möchten ohne Rechtsdruck helfen

Viele Bürger möchten den Flüchtlingen helfen. Nicht immer ist das sofort möglich. Einen guten Überblick und praktischen Rat geben private Bergkamener Initiativen und das städtische Integrationsbüro im Internet. | Foto: André Günther
  • Viele Bürger möchten den Flüchtlingen helfen. Nicht immer ist das sofort möglich. Einen guten Überblick und praktischen Rat geben private Bergkamener Initiativen und das städtische Integrationsbüro im Internet.
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Spätestens seitdem es feststeht, dass Bergkamen neben der vorübergehenden Flüchtlingsunterkunft in der Lessing-Turnhalle eine zentrale Unterbringungseinrichtung für 1000 Geflüchtete westlich des TÜV-Geländes bekommt, spüren die Bürger, dass sie selber helfen möchten und müssen.

Helfen möchte auch Julia Sedlack, die eine Facebook-Gruppe gegründet hat. Diese soll den Bergkamenern zugänglich sein, die wirklich helfen wollen und nicht mit negativen Kommentaren zur Flüchtlingssituation die Empörungskultur auf Kosten von besorgten Bürgern online weitertreiben wollen.
„Es gibt Menschen in Bergkamen, die sich betroffen und hilfsbereit mit dem Thema auseinandersetzen und sich von der negativen Stimmung gegenüber Flüchtlingen distanzieren“, unterstreicht Julia Sedlack. Auch Kirsten Klotz möchte ohne Rechtsdruck humanitäre Hilfe leisten: „Mich hat es bewegt, dieser Initiative beizutreten, weil mir dumme Kommentare über Asylbewerber in anderen Gruppen ziemlich auf die Nerven gehen. Diese Anfeindungen von Menschen, die oftmals nicht freiwillig hier sind, sind für mich nicht ok.“ Oliver Schröder, der den Geflüchteten privat hilft, stimmt zu: "Es handelt sich um Menschen, die alles hinter sich gelassen haben - sei es Familie, Geld oder materielle Dinge, weil sie teilweise keine andere Wahl hatten. Im Vergleich dazu geht es uns, trotz aller Krisen, die es zuletzt in Europa gegeben hat, verdammt gut."

„Mehr Verständnis und Toleranz sollte in Bergkamen eigentlich normal sein“, sagen die Helfer

Eine weitere Initiative von Bergkamenern organisiert sich ebenfalls im Internet und muss Anfeindung hinnehmen. „Was mich aufregt ist, dass die Flüchtlinge für verfehlte Politik verantwortlich gemacht werden. Neid, Missgunst und Angst spielen da auch hinein“, sagt Oliver Loschek, Aktiver in der Flüchtlingshilfe, und wünscht sich mehr Aufklärung von Seiten der Landes- und Bundespolitik: „Gerade von der Bundesregierung sollte viel mehr Initiative kommen. Rechtzeitige Information an die Bürger über die jetzige Situation, Planungen und Finanzen sind unabdingbar. Der Bund lässt Länder, Städte und Gemeinden im Stich.“
Die lokale Informationspolitik empfinden die meisten Flüchtlingshelfer hingegen als gut und loben Offenheit und Kritikfähigkeit des Bergkamener Bürgermeisters Roland Schäfer.
„Hier vor Ort muss auf jeden Fall einiges mehr getan werden. Den Flüchtlingen in irgendeiner Art und Weise zu helfen sollte eigentlich für jeden Bergkamener normal sein“, meint Alexandra Bruns, die an der Lessing-Turnhalle versucht zu helfen und ihrer Tochter vorleben möchte, „dass selbst wenn man wenig hat, man wahrscheinlich noch besser dran ist als die Menschen, die nur mit einer Hand voll Gepäck ihr Land verlassen.“

Die Situation vor Ort: Was treibt die Helfer an, wo wird was getan und welche Probleme gibt es?

Relativ unmittelbar fing Alexandra Bruns an Sachspenden, wie Obst, Gemüse, etwas Süßes ohne Gelantine für die Kinder, Säfte und Windeln beim DRK, der die Flüchtlinge betreut, neben dem Hallenbad an der Lessingstraße abzugeben. Sorgen macht sich die Mutter jedoch um die Flüchtlinge, die woanders in Zelten den Herbst oder Winter eventuell verbringen müssen.
Besonderen Unmut erregen die Reaktionen von Mitbürgern auf die kommende zentrale Unterbringungseinrichtug für 1000 Flüchtlinge. Alexandra Bruns: „Erschreckend finde ich, dass es leider viele Bürger gibt, die absolut kein Verständnis für die Lage der Flüchtlinge zeigen, ihren Hass öffentlich aussprechen und nicht darüber nachdenken, warum die Menschen hier sind. Uns geht es nicht schlechter dadurch, dass wir diesen Menschen helfen, die sich in absoluten Notlagen befinden!“
Laut Angaben der Stadt Bergkamen sind weder die Kapazitäten der Turnhallenunterkunft noch das Sicherheitsdienstpersonal in der Lage, alle Sachspenden direkt entgegenzunehmen, zu sortieren und zu lagern. Caritas und AWO haben zugesagt, bei ihnen abgegebene Sachspenden gezielt an die Flüchtlinge abzugeben. Für Begegnungen mit den Flüchtlingen findet das regelmäßige Flüchtlingscafé des Flüchtlingshelferkreises statt. Info dazu via Mail an integration@bergkamen.de.

Autor:

Steffen Korthals aus Kamen

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