Bürger sollen über Seilbahn entscheiden

Bei wichtigen Vorhaben in der Stadt müssen die Bürger entscheiden, ob diese realisiert werden sollen oder nicht. Also auch bei der Seilbahn (Ruhrbarone vom 14.02.15). Was beim Musikzentrum versäumt wurde, darf bei der Seilbahn nicht passieren. Diejenigen, die in unserer Stadt leben, müssen von Anfang an, von der Idee bis zur möglichen Realisierung, mitgenommen werden. Sie müssen von den Vorteilen der Seilbahn überzeugt werden, aber auch die Kosten und mögliche Nachteile oder Befürchtungen müssen offen diskutiert werden. Nichts darf intransparent bleiben. (Wer Zeit und Lust hat, kann sich am Dienstag, 24.03., 19 Uhr über die Seilbahnidee im Gewerkschaftshaus (Maximilian-Kolbe-Str./Ecke Humboldtstr.) informieren).

Es dürfen nicht die Fehler wie in Oberhausen beim Bürgerentscheid zur Straßenbahn (Linie 105) gemacht werden (WAZ vom 09.03.15). Bei diesem hat man es versäumt die Machbarkeitsstudie offen zu legen, auch versuchte man die Kosten des Werbefeldzugs zu verschweigen, der die Bürger von der Linie überzeugen sollten. Entsprechend war das Misstrauen zu groß, die Menschen von dem Vorhaben nicht überzeugt. Folgerichtig lehnten die Bürger das Vorhaben ab.

Stadtentwicklungsvorhaben haben es auch in Bochum nicht einfach. Die Menschen sind zu Recht kritisch. Regelmäßig werden die Vorhaben teurer als versprochen (z.B. Platz des Europäischen Versprechens, Neues Gymnasium und Hans-Böckler-Schule), häufig geht es bei solchen Vorhaben mehr um Prestige als um den Nutzen für die Stadt. Das Vertrauen in die Politik ist dahin geschmolzen. Die Politik in Bochum hat immer wieder versucht Bürgerentscheide zu verhindern, zuletzt beim Musikzentrum, aus Furcht die Bürger könnten anders entscheiden als man selbst es für richtig hielt. Offensichtlich hatte die Politik kein wirkliches Vertrauen in die Urteilskraft der Bürger. Auch überwogen die Zweifel, die Bürger von der eigenen Meinung überzeugen zu können. So verhinderte man einen Bürgerentscheid mit allen Mitteln. Dadurch wurde das Musikzentrum für viele zum Symbol dafür, dass die Bochumer Politik die Interessen einer kleinen Klientel durchsetzt, auch ohne die Bürger darüber entscheiden zu lassen und sich für die wichtigen Belange und Meinungen der Bürger gar nicht interessiert.

Ein solches Projekt, dem die Legitimation durch weite Teile der Bevölkerung fehlt, ist am Ende zum Scheitern verurteilt. Es erreicht die Leute nicht, die sich durch das Verhalten der Politik übergangen fühlen.

Die Seilbahn muss zu einem Projekt der Menschen werden, die in Bochum leben. Nur dann kann sie zum Symbol eines Aufbruchs für unserer Stadt werden. Nur wenn die Einwohner der Stadt in breiter Mehrheit überzeugt sind, dass ein Seilbahnnetz die Stadt weiter bringt, dann hat das Vorhaben die Legitimation auch realisiert zu werden. Die Seilbahn soll ein Vorhaben der Bürger sein, nicht der Politik. Die Einwohner der Stadt müssen entscheiden, ob die Stadt 120 bis 137 Mio. in ein neues Bildungs- und Verwaltungszentrum stecken soll oder besser ein Teil dieses Geldes in ein innovatives Verkehrsmittel investiert werden soll, was über die Stadt schwebt. Die Bürger müssen entscheiden, bei welchem Vorhaben der Nutzen für die Stadt größer ist und welches Vorhaben Priorität haben sollte.

Wichtiger als die Entscheidung an sich, sind noch die Diskussionen im Vorfeld. Alle Fragen zu der Seilbahn müssen beantwortet werden. Vor einer Realisierung muss insbesondere eine Machbarkeitsstudie die notwendigen Antworten geben. Diese muss unabhängig und ergebnisoffen erstellt werden. An der Unabhängigkeit und der Kompetenz der Gutachter darf es keinen Zweifel geben. Auch darf die Politik hinsichtlich des Untersuchungsauftrages des Gutachters im Vorfeld keine Einschränkungen und Denkverbote erteilen. Alles ist zu prüfen, vollumfänglich, ohne Ausnahmen.

So verbietet es sich z.B. die Linie vom Ruhrpark zur Innenstadt aus den Untersuchungen der Machbarkeitsstudie von vornherein heraus zu nehmen. Es mag bei einigen Politikern subjektive Bedenken geben, dass Kunden aus der Innenstadt durch die Linie zum Ruhrpark abwandern oder die prinzipielle Haltung, nichts zu unterstützen, was auch dem Ruhrpark in irgendeiner Weise nützen könnte, doch Spekulationen und Prinzipien sind bei dem Vorhaben nicht zielführend. Eine Machbarkeitsstudie beantwortet die Fragen objektiv und legt offen, ob die Befürchtungen berechtigt sind und inwieweit eine solche Seilbahnlinie Sinn macht. Die Bürger entscheiden auf Grundlage der Studie, ob sie die Seilbahn wollen oder nicht.

Das Vorhaben Seilbahn darf nicht im Ränkespiel der Parteien zerredet und aufgerieben werden. Politik und Betroffene sind jetzt, bevor eine Machbarkeitsstudie erstellt wird, aufgefordert sich zu überlegen, welche Fragen diese beantworten soll. Für die Diskussion mit den Bürgern müssen sie sich die Informationen beschaffen, was eine Seilbahn leisten kann, wie sie technisch funktioniert, was für Potenziale sie hat, welche Bedingungen sie erfüllen muss, welche Nutzeffekte sie nach sich ziehen sollte und welche Bedenken ausgeräumt werden müssen.

Wie es aussieht, steht die Politik in ihrer Mehrheit parteiübergreifend einer Machbarkeitsstudie grundsätzlich positiv gegenüber. Nur die Signale aus der SPD sind sehr unterschiedlich. Da gibt es jene, die neuen Ideen unvoreingenommen gegenüber stehen und alle Dinge, die etwas Positives für die Stadt bewirken können, vorbehaltlos selbst prüfen bzw. begutachten lassen wollen. Es gibt aber auch jene in der SPD, die rein aus machtpolitischen Erwägungen eine parteiinterne Diskussion über die Idee im Keim ersticken wollen und bereits deren Vorstellung ablehnen. So soll erreicht werden, dass sich in der Partei niemand damit beschäftigen kann und in der Parteibasis erst gar keine offene Diskussion darüber entsteht, wie man sich zu der Idee verhalten könnte. Dahinter steht die Befürchtung, dass für den Fall, dass die Seilbahn für Bochum erfolgreich sein könnte, nicht die SPD sondern andere davon politisch profitieren könnten, weil man die Idee selbst nicht vorgeschlagen hat. Wie häufig in der Politik steht bei dieser Denkweise nicht der Vorteil für die Stadt im Mittelpunkt des Handelns, sondern allein der für die eigene Partei.

Genau das darf bei der Seilbahnidee nicht passieren. Nicht Parteiinteressen dürfen über die Idee entscheiden, sondern die Menschen, die in der Stadt leben. Eine Seilbahn, für die sich die Menschen eingesetzt haben, für die sie aus eigener Überzeugung gestimmt haben, wird zu einem Teil der Identität der Stadt. Der Erfolg einer Seilbahn ist auch der Erfolg derer, die dafür gestimmt und sich dafür eingesetzt haben. Ein Bürgerentscheid über die Seilbahn kann auch der Ausgangspunkt für eine neue Wahrnehmung von Politik in der Stadt sein. Wenn wir Menschen, die hier leben, etwas gemeinsam wollen, setzen wir es durch. Wir bestimmen, was in der Stadt geschieht. Wir bringen die Stadt voran. Politik hat sich nach den Interessen der Bürger zu richten, nicht umgekehrt.

Indem von vornherein klar ist, dass über die Realisierung des Seilbahnvorhabens am Ende die Bürger entscheiden, legen wir das ganze Vorhaben in ihre Hand. Wir zeigen damit, wir haben das Vertrauen, dass die Bürger richtig entscheiden.

Sollte die SPD sich nicht durchringen können, sich mit der Seilbahnidee zu beschäftigen - und dazu gehört unzweifelhaft, dass sie sich diese zunächst vorstellen lässt - dann sollten die Bürger bereits über die Durchführung der Machbarkeitsstudie entscheiden. Die Seilbahnidee ist es wert, dass sie vorbehaltlos geprüft wird. Sie kann scheitern, weil sich eine Realisierung nicht lohnt oder die Bürger sie nicht wollen, sie darf aber nicht daran scheitern, dass sie allein aus parteipolitischen Erwägungen von der Politik verhindert wird.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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