Brackel in Zombiehand: Tom C. Winter verfasst Regional-Thriller

„Welt der Toten“ heißt der vor Kurzem erschienene Debütroman des Brackelers Tom C. Winter. | Foto: Günther Schmitz
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  • „Welt der Toten“ heißt der vor Kurzem erschienene Debütroman des Brackelers Tom C. Winter.
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Die Zombies sind überall in Dortmund: in der Innenstadt, am Knappschaftskrankenhaus und bei LIDL in Brackel. Zum Glück nur in der Fantasie – und zwar im Buch „Welt der Toten“ des Brackeler Autors Tom C. Winter.

„Ich bin schon immer ein großer Fan von Zombie-Geschichten gewesen“, erinnert sich Tom C. Winter. „Ich bin schon als Jugendlicher zum Zombiefan geworden und kenne die entscheidenden Beiträge zu diesem Genre gut. Zombies sind für mich das tragischste Monster des Horrorgenres, denn Zombies sind oder waren Menschen. Wo verläuft die Grenze? Wieviel Hirn muss zersetzt sein, bevor der Mensch aufhört, Mensch zu sein? In der Zombieapokalypse werden wir plötzlich unseren Nachbarn oder unseren Freunden gegenüberstehen. Ich mag die Beiträge zum Zombiegenre, in denen diese Tragik spürbar ist.“ Dabei gibt es eine gewisse Ähnlichkeit zu den populären Regionalkrimis: „Meine Idee war, die Apokalypse von der eigenen Haustür spielen zu lassen“, so der Autor.

Dortmund als Handlungsort

Der Roman spielt in einer ungenannten Stadt; ortskundige Leser werden aber schnell erkennen, dass es sich um Dortmund handelt. „Ich habe dies bewusst offen gelassen, damit jeder Leser es in Gedanken vor seiner eigenen Haustür spielen lassen kann. In meinem Kopf ist es aber Dortmund, und auch mehrere Leser haben mich schon darauf angesprochen.“ Unter anderem tauchen der Hellweg, der Wall um die Innenstadt und der Zoo im Dortmunder Süden auf. Und das Kaufhaus mit Restaurant, in dem die Handlung einsetzt, dürfte das Karstadt-Haus in der Innenstadt sein. Sein Weg führt den Grundschullehrer Carsten Lemmner, den Protagonisten des Romans, am Hellweg entlang nach Osten. Im Bereich der U43-Haltestellen Businkstraße und Döringhoff zwischen Brackel und Asseln schlägt sich Carsten mit einer seiner ehemaligen Schülerinnen in das Feld, um vor den Zombies zu fliehen. In die Dortmunder Kanalisation geht es auch.

Die Wesen in Winters Roman sind genau genommen keine Zombies im eigentlichen Sinne: Diese sind eigentlich Scheintote oder Untote, oft ist Voodoo im Spiel. Winter hat einen anderen Weg gewählt: „Es gibt keine mystische Erklärung wie oft in Zombie-Storys. Stattdessen nenne ich eine biologische Ursache, die nah an der Realität ist. Das Gehirn wird dabei nach und nach zersetzt, so dass die Erkrankten nach und nach zombieähnlich werden und gesunde Menschen anfallen, bevor sie schließlich sterben. Dabei ist die Inkubationszeit unberechenbar.“ Winter hat sich an der real existierenden Krankheit Kuru orientiert, die auch im Buch erwähnt wird. Kuru war eine Prionenkrankheit, die im 19. und 20. Jahrhundert epidemieartig hauptsächlich beim Volk der Fore in Papua-Neuguinea auftrat. Dementsprechend werden die Wesen in Winters Erstlingsroman meist als Erkrankte oder Betroffene bezeichnet, nur selten als Zombies.

Tom C. Winter, dessen Name übrigens ein Pseudonym ist, ist gebürtiger Brackeler. Geboren 1978, arbeitet er als Diplom-Psychologe und Psychotherapeut in eigener Praxis. Er behandelt Menschen, die an Depressionen, Traumafolgestörungen und anderen psychischen Krankheiten leiden. Der Vater zweier Töchter schreibt vor allem nachts. An Brackel schätzt er, dass es ruhig, aber trotzdem zentral liegt. „Ich wüsste keinen anderen Stadtteil, der eine so perfekte Balance hat“, sagt er. Vor allem der Hauptfriedhof eigne sich zur Erholung, da er viel Ruhe biete.

Kein Supersoldat

Sein Protagonist ist relativ ungewöhnlich für eine Zombie-Geschichte. „Ich wollte, dass mein Held ein ganz normaler Mensch ist, und kein Supersoldat, für den töten normal ist.“ Das merkt man deutlich, als Carsten auf einen anderen gesunden Menschen trifft, der sich in einem Haus verbarrikadiert hat und seine Aufgabe darin sieht, Zombies bei jeder Gelegenheit zu töten. Zu dessen bevorzugtem Zeitvertreib gehören unter anderem Actionfilme mit Dolph Lungren. Carsten dagegen widerstrebt es, die Erkrankten zu töten. Mehrfach geht er lieber an ihnen vorbei, statt auf sie zu schießen und verteidigt sich meist nur mit Axt und Pistole. Durch seine auf Verteidigung ausgerichtete Haltung wirkt er menschlicher als zahlreiche Actionhelden.

Durch die Brille eines Psychologen

Sein Beruf hat sicherlich Einfluss auf das Werk genommen, was aber nicht sein Anspruch war. „Der Roman ist mit der Brille eines Horror-Fans geschrieben“, erklärt er. „Wenn ich es allerdings mit der Brille eines Psychologen lese, entdecke ich, dass es gut dazu passt. Eine Forschungsmeinung sagt, dass alle psychischen Auseinandersetzungen auf die vier Bereiche Tod, Sinnlosigkeit, Isolation und Freiheit/Verantwortung zurückzuführen sind. Vor allem der Bereich ‚Tod‘ spielt in meinem Buch natürlich eine große Rolle. Aber auch die Sinnlosigkeit ist ein großes Thema. Wenn die Zivilisation zerfällt, worin gibt es dann noch einen Sinn? Was gibt es noch zu tun?“

Sein Protagonist Carsten sucht sich deshalb eine Aufgabe: Er will seine ehemaligen Schüler finden, um sie in Sicherheit zu bringen, und geht ihre Wohnorte ab. Von der Tierärztin Sabine, die er unterwegs trifft, muss er sich die Frage gefallen lassen, ob er die Suche nur unternimmt, um noch einen Sinn in seinem Leben zu haben. Auch Einsamkeit wird thematisiert, da Carsten nicht weiß, wie viele Menschen noch gesund sind.

Zur Frage der Freiheit und Verantwortung präsentiert ihm Sabine ihre Sichtweise: „Wir haben nichts mehr zu tun, Carsten. Unser altes Leben ist vorbei. Wir müssen nicht mehr arbeiten gehen. (…) Ab jetzt müssen wir selber gucken, was wir mit unserer Zeit anstellen.“

Der Anfang ist gemacht

Der Anfang zu einer Autorenkarriere ist mit „Welt der Toten“ gelegt, weitere Bücher sollen folgen. Das nächste Buch ist schon fertig und muss nur noch überarbeitet werden. „Es ist wieder ein Horror-Roman“, verrät er. „Das Thema ist Besessenheit. Das Buch handelt von Dämonen und dem Leben nach dem Tod.“ Mit der Veröffentlichung könnte es aber noch dauern: „Das erste Buch lag zwei Jahre beim Verlag, bevor es veröffentlicht wurde“, so Winter. Der Grund: Horror verkauft sich nicht so gut. „In jeder Saison erscheint beim Verlag nur ein Horror-Roman.“

Autor:

Tobias Weskamp aus Dortmund-Ost

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