Börsenfinanztransaktionssteuer oder?

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Europäisches Monopoly.
In den Nachrichten gab und gibt es ständig neue revolutionäre Meldung über eine so genannte Börsenfinanztransaktionssteuer, mit der die Bundesregierung die europäische Finanzindustrie angeblich so richtig im Griff bekommen will.
Allerdings scheint die Politik kurzfristig vergessen zu haben, dass sie selbst von der Wirtschaft beherrscht wird und nicht umgekehrt.
Daher wird es auch niemals eine Börsensteuer geben, es sei denn der Kapitalmarkt selbst befürwortet dies.
Gegen den Willen der Finanzwirtschaft lässt sich in der heutigen globalen Welt jedenfalls nichts mehr durchsetze.

Diese Idee ist auch nicht ganz neu, denn bereits im Jahre 1972 entwickelte der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger James Tobin, die nach ihm benannte Besteuerung aller Devisengeschäfte, die 1 % betragen sollte und die unbedingt weltweit einzuführen sei.
Eine kleine Börsensteuer hat es sogar bis 1990 in Deutschland gegeben, diese wurde aber mit der Begründung abgeschafft, man müsste den deutschen Finanzplatz im internationalen Wettbewerb mehr stärken.
Da mögen Frau Merkel und einige Politiker noch so ein geschicktes Strohfeuer abbrennen, um in der Öffentlichkeit zu zeigen wir tun etwas und werden unseren Führungsanspruch in der EU festigen.
Die wahren Entscheidungen werden jedenfalls ganz woanders, von der globalen Finanz- und Kapitalwirtschaft getroffen.
Denn hier geht es nicht um die normale kapitalistische Ausbeutung in der Realwirtschaft, sondern um Transaktionen mit unvorstellbaren Summen, bis zu extrem perversen Wett- und Spekulationsgeschäften.
Dabei handelt es sich um ein Geflecht von Internationalen Institutionen, (siehe Grafik) in Verbindung mit Investmentbanken, Hedge Fonds, Rating-Agenturen und multinationalen Konzernen, die alle miteinander verschachtelt und untereinander beteiligt sind.
Ein Deutscher Alleingang wäre auch völlig absurd und auch ein europäischer Beschluss vollkommen unzureichend, denn das Kapital würde auf die anderen großen Finanzmärkte ganz bequem ausweichen.

Was uns unsere hoch bezahlten Staatsschauspieler da auf der Bühne des Bundestages vorgaukeln, ist wirklich eine Zumutung.
Denn noch nie hatten wir so ein schlechtes und unfähiges Ensemble, sodass sogar die Zuschauer merken, dass sie überm Tisch gezogen werden und den ganzen Spaß auch noch selbst aus eigener Tasche bezahlen müssen.
Außerdem würde es, auch wenn man es ernsthaft gewollt hätte, aus vielerlei Gründen niemals gelingen, der Finanzwirtschaft wirkungsvolle Fesseln anzulegen.
Denn erstens gibt es innerhalb der Bundesparteien, die ja von den Sponsoren der Wirtschaft und den Wahl- und Dauerspendern der Finanzwirtschaft großzügig bedient werden, genügend Widerstand in den eigenen Reihen, ihre Geldgeber nicht zu vergraulen.
Die Finanzbranche sähe sich auch niemals ernsthaft gefährdet, denn in Brüssel und in Berlin sitzen ja ihre eigenen Lobbyisten, die sich schwer hüten werden, den vergoldeten Ast abzusägen auf den sie so bequem sitzen.
Weiterhin wäre ja auch ein Regierungsbeschluss und eine mehrheitliche Absegnung im Bundestag von 2/3 erforderlich, was alleine schon im Parteienstreit untergehen würde.
Hinzu käme ja noch eine genaue gesetzliche Texteinigung, die auch von den anderen Ländern der Europäischen Union möglichst einstimmig anerkannt und ratifiziert werden müssten.
Solche Verhandlungen würden sich bis zur rechtlichen Einführung, über so viele Jahre hinziehen, dass es mittlerweile vielleicht gar keine EU mehr gibt, oder die ursprünglichen Regierungen nicht mehr in Amt und Würden wären.
Eine bisher erfolgreich praktizierte Möglichkeit wäre natürlich noch, der Finanzwirtschaft selbst die Aufgabe zu übertragen, eine Gesetzesvorlage für eine unwirksame Börsensteuer, mit genügend Schlupflöchern und Interpretationsmöglichkeiten zu erarbeiten.
Damit würden sie in der Öffentlichkeit endlich von ihrem schlechten Image loskommen und hätten somit einen staatlich verordneten Freibeuterbrief, ihre ganzen Machenschaften legal auszuüben.
Für die Bundesregierung würde es allerdings bedeuten, dass sie durch die Börsentransaktionssteuer einen minimalen Anteil am illegalen Diebesgut der Finanzspekulanten erhalten würde und somit eine gewisse Mitschuld übernehmen.
Wenn man dann noch betrachtet, dass sich die Bundesregierung bei der angestrebten Börsensteuer mit 0,01 % zufrieden geben würde, was angeblich nach ersten Schätzungen für ganz Europa jährlich 60 Mrd. Euro in die Staatskassen spülen sollte, zeigt eigentlich nur den Kleingeist dieser Politexperten, die gar nicht wissen, um welche Größenordnung es sich hier geht.

Das alles sind zwar nur Absichtserklärungen die niemals umgesetzt werden, aber es zeigt die Naivität und Unwissenheit der Politik, um welche wirklich gigantischen Finanzmengen und Drahtzieher es sich hier innerhalb des globalen Finanzmarktes handelt.
Da lagern alleine in den internationalen Steueroasen über 11,5 Trillionen Dollar, die an dem Fiskus vorbei in Sicherheit gebracht wurden.
Da existieren allein 55 Billionen Dollar so genanntes vagabundierendes Kapital, das über die Investment-Fonds, Hedges Fonds und Private-Equity-Fonds sich auf die lukrativsten und profitabelsten Anlagemöglichkeiten stürzt.
Im Bereich des Derivatehandel (z.B. Spekulationen mit Nahrungsmittel und Rohstoffen) wurden bereits 2010 insgesamt über 600 Billionen Dollar umgesetzt und bei den Devisenumsätzen handelt es sich um eine Summe von 950 Billionen $.
Das nur, um mal einige Größenordnungen klarzustellen, denn an der Deutschen Börse werden im derzeitigen Jahresdurchschnitt gerade mal 137 Mrd. Euro umgesetzt.
Deutschland ist nun mal nicht der Mittelpunkt dieser Welt, sondern spielt finanzpolitisch nur in der 2. Liga, denn die Hauptfinanzzentralen mit ihren Sonderprivilegien liegen in der Wall Street New York und in London.
Regierungen sind weltweit wie auch in der Bundesrepublik nun mal nichts anderes, als willige Dienstleister der Finanz- und Wirtschaftssysteme und haben optimale Gewinn- und Verwertungsbedingungen zu schaffen und die angerichteten sozialen Schäden möglichst bis zum nächsten Einsatz wieder aufzubereiten.
Sie selbst sind gleichzeitig Opfer und Retter, wobei ein Blick auf die Staatsverschuldung in Deutschland von über 2 Billionen Euro genügen und die bereitgestellten Gelder und Bürgschaften für Banken und EU-Rettungsschirme für sich sprechen.

Eine wirkliche Finanzkrise oder Bankenkrise hat es in diesem Sinne eigentlich auch nie gegeben, eher ganz im Gegenteil.
Die Banken und Kreditwirtschaft erhält jetzt ohne eigene wirtschaftliche Anstrengungen die EU-Milliarden in den Rachen geworfen.
Im Grunde genommen stammen ja die Gelder die für die Rettungsschirme von den EU-Ländern zur Verfügung gestellt werden, aus Krediten die sich die Länder vorher von den Banken geliehen haben und einen Großteil der hohe Staatsverschuldung ausmachen, die sie ja auch wiederum mit saftigen Zinsen zurückzahlen müssen.
Die Milliardengelder aus den Fonds der Rettungsschirme (EFSF/ESM=800 Mrd.) werden von den überschuldeten Ländern ausschließlich dazu benutzt, diese wieder an die Banken weiterzureichen, um die alten fällig gewordenen Kredite teilweise abzubezahlen.
Dadurch werden die Länder von den Rating-Agenturen in ihrer Kreditwürdigkeit etwas besser eingestuft und können somit wieder bei den gleichen Banken neue, noch größere und teuere Kredite aufnehmen.
Diese ganzen Transaktionen nutzen nur der mächtigen Finanzwirtschaft, denn in den betroffenen Ländern steigt weiterhin die Verschuldung und durch die harten unsozialen Zwangsauflagen und den staatlichen Ausverkauf, geraten sie in noch größere Abhängigkeit.
Die Kreditgeber verdienen also mehrfach und aus diesem Teufelskreis gibt es kein entkommen, wie es die Weltbank und der IWF bereits erfolgreich in den Entwicklungsländern von Lateinamerika, Afrika und Asien ausprobiert haben.
Damit werden die Probleme in den europäischen Ländern auch immer dramatischer, denn die Arbeitslosigkeit besonders bei den jungen Menschen steigt rasant an, die letzten sozialen Leistungen werden auch noch abgebaut und der gesamte Lebensstandard sinkt.
Das kann und wird natürlich nicht mehr lange gut gehen, auch wenn der scheidende Chef der Deutschen Bank Herr Ackermann dazu sagen würde, nur keine Aufregung, das Geld ist nicht weg, es hat jetzt nur jemand anders.

Autor:

Rolf Zydeck aus Bottrop

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