Werkschau im Kunstpalast Düsseldorf
Christo und Jeanne-Claude - von den Anfängen bis zu ihren Großprojekten

"Christo und Jeanne-Claude. Paris. New York. Grenzenlos" Blick in die Ausstellung im Kunstpalast in Düsseldorf
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Unter dem Titel "Christo und Jeanne-Claude. Paris. New York. Grenzenlos" zeichnet die Ausstellung im Kunstpalast in Düsseldorf mit rund 70 Werken die künstlerische Entwicklung des Künstlerpaares ab Mitte der 1950er Jahre bis zu Christos Tod im Mai 2020 nach. Noch kurz vor seinem Tod hatte Christo dieser Ausstellung zugestimmt.

Wer an Christo und Jeanne-Claude denkt, hat sofort ihre Großprojekte im Sinn. Und so sehen sich denn auch die Besucher/innen gleich zu Beginn der Ausstellung dem verhüllten Triumphbogen in Paris gegenüber. Als raumhohe Wandtapete scheint der Bogen wie ein Tor alle in die Ausstellung hinein zu bitten. Vielleicht ist es kein Zufall, dass dieses letzte, im Jahr 2021 nach den Tode Christos realisierte Projekt in Paris steht. Denn Paris wurde 1958 sein Wohnort, nachdem Christo nach dem Ungarischen Volksaufstand über Wien und Genf aus Bulgarien geflohen war. So beginnt denn auch folgerichtig die Ausstellung mit seinen ersten künstlerischen Arbeiten in Paris.

Christos frühe Arbeiten
Zum ersten Mal werden diese Arbeiten im Kontext mit Werken von Weggefährt/innen dieser Zeit gezeigt. Besonders mit der Künstlergruppe Les Nouveaux Réalistes stand Christo im engen Austausch und ließ sich inspirieren. Er experimentierte mit Bildern, die er plastisch in den Raum hinein wachsen ließ, zugleich begann er gefundene Objekte zu stapeln und zu verhüllen. Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, portraitierte der an der Akademie in Sofia ausgebildete Christo wohlhabende Bürger/innen, zu denen auch die Eltern von Jeanne-Claude gehörten. Die beiden verliebten sich, Jeanne-Claude verließ für Christo ihren gerade zuvor geehelichten Mann schon kurz nach den Flitterwochen. Seit Sommer 1960 waren sie ein unzertrennliches Paar. Christo empfand die konventionellen Porträtaufträge für eine wohlhabende Klientel als eine Art der Prostitution und signierte diese mit seinem Nachnamen Javacheff. Für seine künstlerischen, eigenen Arbeiten verwendete er stets seinen Vornamen Christo. Bilder und Objekte waren allein Christos Arbeiten, während Aktionen im öffentlichen Stadtraum,- wie zum Beispiel die Ölfässerwand in der Rue Visconti in Paris, Gemeinschaftsarbeiten des Paares waren.

Bereits Ende der 1950er Jahre hatte Christo Kontakte zu Galerien und Sammler/innen im Rheinland. Joseph Beuys, Nam June Paik und die Künstler der ZERO-Gruppe Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker zählten zu seinem Freundeskreis. 1961 hatte er in der Galerie Haro Lauhus seine erste Einzelausstellung überhaupt, 1963 zeigte er im Innenhof der Düsseldorfer Galerie Schmela den Verhüllten VW-Käfer, den er allerdings wieder auspacken musste, schließlich hatte der Besitzer, ein Freund von Charles Wilp, mit seinem Auto auch noch anderes vor.
In diesem Teil der Ausstellung werden neben frühen Arbeiten von Christo auch Werke von Arman, Alberto Burri, César, Jean Dubufft, Lucio Fontana, Raymond Hains, Yves Klein, Arnulf Rainer, Niki de Saint Phalle, Daniel Spoerri, Jean Tinguely, Wolf Vostell und anderen im Kontext gezeigt.

"Unsere Kunst dient keinem Zweck. Sie gehorcht keiner Moral. Sie ist absolut frei." Christo
Im Jahr 1964 zog das Künstlerpaar nach New York. Manhattan wurde als neues Zentrum der künstlerischen Avantgarde zunehmen wichtiger als Paris. Christo und Jeanne-Claude begannen mit der Entwicklung größerer Projekte. Sie wollten die Menschen mehr an ihren Arbeiten teilhaben lassen. In der Folge entwarfen sie Studien zu urbanen Projekten, indem sie markante Gebäude oder Plätze verhüllen wollten. Ebenso entwickelten sie Projekte in der Landschaft und am Wasser. Dazu mussten ihre Ideen zunächst visualisiert werden. Christo zeichnete die Entwürfe. Es waren keine einfachen Skizzen, sondern präzise und detaillierte Studien der Proportionen, der Faltenwürfe, der Seilführungen und Verknotungen. Man könnte annehmen, die Zeichnungen wären nach der Realisation angefertigt worden und nicht davor. Doch sie waren fester und wichtiger Bestandteil der Projektplanung. Durch den Verkauf dieser Zeichnungen, Grafiken und Collagen wurde die finanzielle Basis der Projekte geschaffen. Spenden oder Sponsorengelder wurden von beiden nicht angenommen. Ihre Kunst sollte frei und unabhängig sein. Und überhaupt sollte ihre Kunst zweckfrei sein, allein eine neue ästhetische Wirkung, Staunen, Neugierde, Freude und Aufmerksamkeit sollte für kurze Zeit geweckt werden. Die kurze Verweildauer stand im krassen Gegensatz zu den oft langjährigen Genehmigungsverfahren und Diskussionen. Nicht selten scheiterten die Projekte oder mussten früher als geplant abgebaut werden. Wenn sie aber verwirklicht wurden, zogen sie Millionen von Besucher/innen magisch an.

Realisierte Großprojekte
Die Verhüllung des Berliner Reichstags 1995 war ein Höhepunkt in der Karriere von Christo und Jeanne Claude. Dass ein Parlamentsgebäude Schauplatz einer Kunstaktion wurde, hatte es bis dato nicht gegeben. Nach dem Mauerfall konnte sich Berlin als weltoffene, deutsche Hauptstadt präsentieren. Daneben zeigt die Ausstellung weitere realisierte Projekte, u.a. Verhüllte Küste in Australien (1968/69), Umsäumte Inseln (1983) in Miami / Florida, Verhüllte Pont-Neuf (1985) in Paris, die zeitgleich in Japan und in den USA installierten Schirme (1991), Die Tore im New Yorker Central Park (2005) und die Schwimmenden Stege im Iseo-See in Italien (2016).

Im letzten Raum der Ausstellung wird das noch nicht realisierte Mastaba-Projekt für Abu Dhabi gezeigt. Mit rund 410.000 Ölfässern wäre es die größte Skulptur der Welt und daher auch als einziges Großprojekt dauerhaft in der Wüste platziert. Die Christo und Jeanne-Claude Foundation arbeitet weiter an der Umsetzung.

Die aktuelle Ausstellung ist Dank der Unterstützung der Sammlung von Ingrid und Thomas Jochheim zustande gekommen. Das in Recklinghausen und Berlin lebende Sammlerehepaar war mit Christo und Jeanne-Claude befreundet und besitzt einen der weltweit umfangreichsten Bestand von Arbeiten des Künstlerduos.

Empfehlenswert ist der zur Ausstellung im Verlag Kettler erschienene Katalog mit vielen Fotografien und interessanten Bildtexten sowie informativen Textbeiträgen und dem Interview mit dem Sammlerehepaar Jochheim.

Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Programm
Weitere Infos zur Ausstellung unter www.kunstpalast.de
Die Laufzeit der Ausstellung: 07.09.2022 bis 22.01.2023

Die Fotos entstanden während der Pressevorstellung.
Ich freue mich, euch auf einen kurzen Rundgang in die Ausstellung mitzunehmen.

Schließen möchte ich mit einem weiteren Zitat von Christo:
"Viele finden die Irrationalität, die Absurdität unserer Projekte zum Verrücktwerden. Das ist genau der Grund, warum wir sie machen."

Autor:

Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg

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