Fotografie-Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf
Peter Lindbergh: Untold Stories - seine Ausstellung - sein Vermächtnis

"Peter Lindbergh: Untold Stories" im Kunstpalast Düsseldorf. Die 140 Fotografien sind für Lindbergh seine besten und wichtigsten Arbeiten. Zum größten Teil wurden sie bisher noch nie gezeigt.
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"Peter Lindbergh: Untold Stories" ist die erste und wird die einzige Ausstellung bleiben, die Peter Lindbergh selbst kuratiert hat. Kurz nach Ende der Vorbereitungen ist der Fotograf überraschend im Herbst 2019 in Paris gestorben. Jetzt wird die Ausstellung ganz nach seinen Plänen im Kunstpalast Düsseldorf gezeigt. Die Ausstellung, die seine für ihn wichtigsten und persönlich am meisten geschätzten Fotografien zeigt, wird unversehens zu seinem Vermächtnis.

Darunter viele Fotografien, die bisher noch nie gezeigt, deren Geschichten noch nie erzählt wurden. Daher hatte Lindbergh den Titel "Untold Stories" gewählt. Durch seinen plötzlichen Tod hat der Titel nun einen wehmütigen Charakter, denn jetzt bleiben Fragen an Lindbergh zu seinen Fotos unbeantwortet, Geschichten bleiben unerzählt.

Lindberghs persönliches "best of"

Als Felix Krämer, Direktor Kunstpalast, Peter Lindbergh 2017 fragte, ob er sich eine Retrospektive vorstellen könne, winkte dieser ab. Dafür sei er noch nicht alt genug, aber ein "best of" wäre gut und so begann Lindbergh seine, ihm besonders am Herzen liegenden Fotografien zusammen zu stellen.
Die Auswahl von 140 Fotografien aus den frühen 1980ern bis in die Gegenwart zeigt die Vielfältigkeit seiner Arbeit. Es sind allerdings nicht die Fotos, die man zwangsläufig mit seinem Namen verbindet und erwartet hätte. Lindbergh hat die Modefotografie in den 1980en revolutioniert. Er verstand es, die Persönlichkeit der Supermodels mit großem Einfühlungsvermögen herauszuarbeiten. Doch es sind nicht diese populären Aufnahmen zu sehen, sondern zum größten Teil bisher noch nie gezeigte, die aber um so mehr Lindberghs eigenen Blick auf sein Werk dokumentieren.
"Als ich meine Fotos das erste Mal an der Wand im Ausstellungsmodell gesehen habe, habe ich mich erschreckt, aber auch positiv. Es war überwältigend, auf diese Art vor Augen geführt zu bekommen, wer ich bin", so Lindbergh in einem Interview im Juni 2019.

Wallpaper - Fotografien - Testament

Die Ausstellung gliedert sich in drei Teile. Am Anfang wie am Ende sieht man sich großformatigen Wallpaper-Fotocollagen entlang der hohen Raumwände gegenüber. Die übergroßen Fotografien sind auf ein spezielles Papier gedruckt, welches auch im Stadtraum für Plakate und Litfaßsäulen benutzt wird. In den angrenzenden, hohen Raumabschnitten werden in loser chronologischer Folge Fotografien paarweise oder in Gruppen präsentiert. Portraits, Landschaften, Straßen, Momentaufnahmen oder filmreif in Szene gesetzt, fast ausnahmslos in schwarz-weiß. Viele Fotos sind Auftragsarbeiten renommierter Zeitschriften, andere sind wahrscheinlich während der Shootings entstanden oder auch im privaten Umfeld und scheinen eher dem Zufall oder dem ganz privaten Interesse zu entspringen. Lindbergh hat weitere Informationen zu den Fotos nicht weiter thematisiert. Die Besucher/innen sollen in den Fotos ihre Geschichten dazu erdenken. Assoziationen sollen geweckt werden.

Natürlich sind auch Modeaufnahmen darunter, aber sie erscheinen eher beiläufig. "Durch die Ausstellung ergab sich die Möglichkeit, ausführlicher über meine Fotos in einem anderen als dem Modekontext nachzudenken. Ziel der Präsentation ist es, die Fotos zu öffnen für andere Lesarten und Perspektiven". Lindbergh entschied sich bewusst gegen das Museumsglas. Besucher/innen spiegeln sich in den gerahmten Fotografien, werden so zum Teil des Bildes und der Ausstellung. Je nach Blickwinkel spiegeln sich auch gegenüber hängende Fotografien, so dass mitunter spannende Mixturen (und Geschichten) entstehen.

Die Ausstellung endet mit der Arbeit "Testament" aus 2013. Ein stummer Dialog zwischen Lindberghs Kamera und dem Insassen einer Todeszelle. Lindbergh hat durch einen Einwegspiegel das Gesicht eines zum Tode Verurteilten in einem Gefängnis in Florida 30 Minuten lang ohne Schnitt gefilmt. Fotografien halten die wenigen, mimischen Veränderungen fest. In jener Zeit hat sich Lindbergh,- ausgehend von der Frage nach Sinn oder Unsinn der Todesstrafe, intensiv mit Schuld, Sühne, Empathie und Freiheit auseinandergesetzt. Verständlich, dass diese Arbeit bisher noch nie einen Platz in anderen Lindbergh-Ausstellungen gefunden hat.

Biografie

Peter Lindbergh, 1944 als Peter Brodbeck in Lissa / Wartheland (Polen) geboren, wuchs in Duisburg auf. Er erlernte den Beruf des Schaufensterdekorateurs, nahm 1962 ein Malerei-Studium an der Akademie der Künste in Berlin auf, wechselte 1969 zur Werkkunstschule nach Krefeld, wo er auch seine erste Ausstellung in der Galerie Denise René - Hans Mayer hatte. Die Ausstellung war nicht erfolgreich. Er begann zu fotografieren und absolvierte eine Ausbildung bei dem Werbefotografen Hans Lux in Düsseldorf. 1973 gründete er sein eigenes Fotoatelier und legte sich den Künstlernamen Lindbergh zu. Ohne die französische Sprache zu beherrschen, nahm er 1978 einen Auftrag in Paris an. Seine besondere Art, Mode zu fotografieren, verschaffte ihm Ende der 1980er Jahre den Durchbruch in der Branche. Die Ära der Supermodels war geboren. Bis zu seinem Tod im September 2019 hatte er seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Paris.

Trotz Glanz und Glamour blieb Lindbergh bodenständig und galt als freundlich, den Menschen zugewandt und zugänglich. Die vom ihm Fotografierten fühlten sich bei ihm gut aufgehoben und sicher. Und genau das sieht man den Fotos an. Es stimmt traurig, dass man Peter Lindbergh zu den Entstehungsgeschichten nicht mehr befragen kann. Es wären noch so viele Geschichten zu erzählen.

Die Ausstellung läuft bis zum 01. Juni 2020
Mehr Infos zur Ausstellung und Rahmenprogramm

Nach Düsseldorf wandert die Ausstellung weiter:
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (20. Juni - 01. November 2020), Hessisches Landesmuseum Darmstadt (04. Dezember 2020 - 07. März 2021) und Museum d´Arte Contemporanea Donnaregina in Neapel (März - Mai 2021).

Während der Pressevorbesichtigung habe ich einige Raumansichten für die Berichterstattung fotografieren dürfen. Diese Fotos dienen ausschließlich dieser Berichterstattung. Für alle auf den Raumansichten zu sehenden Fotos gilt: © Peter Lindbergh (Courtesy Peter Lindbergh, Paris)

Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
www.kunstpalast.de

Autor:

Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg

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