Erster Betrieb mit zwei Meisterinnen

Conny Strodtkötter mit einem Teller frischer Antipasti.
  • Conny Strodtkötter mit einem Teller frischer Antipasti.
  • hochgeladen von Norbert Opfermann

Samstagmorgen in der Fußgängerzone in Solingen-Ohligs. In der Metzgerei Strodtkötter in der Ohligser Forststraße hält ein älterer Herr gerade ein Pläuschen mit Conny Strodtkötter. Ein Anderer holt sich gerade von Heike Berger Tipps für die Fleischsauce. Die beiden Schwestern führen Deutschlands erste Metzgerei mit zwei Fleischermeisterinnen. Wie es den beiden Chefinnen denn so gehe, wollen die beiden Kunden ganz nebenbei wissen.

Großes Angebot an Schlemmereien
„Ich finde es toll, wenn unsere Stammkunden nur mal eben reinschauen, um sich nach unserem Wohlbefinden zu erkundigen“ sagt Conny Strodtkötter. Nebenbei wird jeder bei dem Angebot, das mehr nach einem Delikatessengeschäft als nach einer Metzgerei aussieht, fündig. Nur ein kleines Stück der Theke ist mit klassischen Wurstsorten, Filets, und Koteletts bestückt: Den weitaus größeren Teil nehmen marinierte Steaks ein, Schweinefilet- oder Hähnchenspieße und täglich mehrere Gerichte, die nur darauf warten, in den Backofen geschoben zu werden. Conny Strodtkötters Spezialität sind Schlemmereien für Kunden, die genießen möchten, ohne vorher stundenlang in der Küche zu stehen. Deshalb zaubert sie Hackfleischzöpfe, Zwiebelkuchen oder einen Tortellini-Auflauf, herzhafte Kohlrouladen, marinierte Schweinerückensteaks, das Schweinefilet im Speckmantel oder gefüllt mit Pfifferlingen, gefüllte Lummertaschen mit Spinat und Feta oder ihr berühmtes Schlemmerpfännchen. Dazu gibt es natürlich Heike Bergers Salate. „Mit dieser speziellen Art von Veredlung haben wir den Geschmack der Kunden getroffen“, sagt Conny Strodtkötter.

2013 feiert das Fleischerfachgeschäft sein 50-jähriges Bestehen in Ohligs und die beiden Meisterinnen 25 Jahre Selbstständigkeit. Conny Strodtkötter ist für Fleischveredelung und Marketing zuständig, ihre Schwester Heike Berger fürs Kaufmännische. Seit 2000 ist Conny Strodtkötter Vorsitzende der Ohligser Werbegemeinschaft. Den Standort möchte sie stärken, an dem ihr Herz hängt. Schließlich ist sie hier groß geworden.

Beide Schwestern waren Jahrgangsbeste
„Wir sind in den Familienbetrieb rein geboren und rein erzogen worden“, sagt Conny Strodtkötter. Der Großvater hatte eine Metzgerei in Dammlang (ehemaliger Kreis Deutsch-Krone in der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen), die bereits bis unter die Decke gefliest war. Nach dem Zweiten Weltkrieg starteten die Großeltern in Hilden neu. Ihre Eltern zogen nach der Heirat nach Solingen. Eigentlich wollte Conny Strodtkötter ja zur Kripo, ihre Schwester Krankenschwester werden. Aber schon als Schülerinnen mussten die Schwestern im Betrieb mit anpacken. Nach der Realschule erlernte Conny Strodtkötter im elterlichen Betrieb den Beruf der Fleischfachverkäuferin und schloss 1978 als Jahrgangsbeste ab. Danach wollte sie noch ein Studium zur Ökotrophologin (Ernährungsberaterin) beginnen. Aber als ihr Vater Ewald 1980 mit erst 52 Jahren starb, mussten die Geschwister, auch der jüngere Bruder Kai-Uwe, das Familienerbe früher als erwartet antreten. Der Bruder war damals der jüngste Fleischermeister Deutschlands. Beide Schwestern haben übrigens neben dem Beruf zwei Kinder groß gezogen. Als die Nichte zwei Jahre alt war, machte Heike Berger 1988 ihren Meister. Abschlussnote: sehr gut. „Ich hatte schon nach dem Tod meines Vaters die Ausbilderprüfung gemacht, damit wir weiter ausbilden konnten“, sagt Conny Strodtkötter. Sie saß auch lange im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer. 1989 kauften die beiden Schwestern das Geschäft, während ihr Bruder in die Glashütte der Schwiegereltern einstieg. Heute hat er ein Restaurant auf Mallorca.
Ab 1998 sammelte Conny Strodtkötter neben ihrer Tätigkeit im Laden Erfahrung in der Wurstküche. Im August 2000 begann der neunwöchige Vollzeit-Meisterkurs an der 1. Bayrischen Fleischerei-Fachschule in Landshut. „Ich war die Älteste an der Schule“, erinnert sie sich. Zur Prüfung zählte neben der Zerlegung eines halben Rindes und dem Wurstmachen das Zubereiten und Präsentieren von fünf küchenfertigen Gerichten. Für letzteres bekam sie eine glatte Eins.

Schon früh auf Biofleisch als Marktnische gesetzt
Seit 1997, noch vor dem BSE-Skandal im Jahre 2000, setzt die Metzgerei auf Biofleisch und war damit Vorreiter in Solingen. Mit „Lockangeboten“ machten die Meisterinnen das qualitativ hochwertige Fleisch ihren Kunden schmackhaft und bekamen positive Rückmeldungen: „Das schmeckt ja wie früher.“ Beim Rindfleisch bietet die Metzgerei heute kein konventionelles Fleisch mehr an und hat damit eine Nische besetzt, die über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Selbst aus dem nahen Düsseldorf kommen die Kunden zum Einkauf in die Klingenstadt. Das Fleisch bezieht die Metzgerei von Ökobauern aus Mecklenburg, die ihre Rinder übers ganze Jahr draußen halten. Auch die Hähnchen kommen aus einer besonderen Zucht und werden mit Mais gefüttert, was ihr Fleisch gelb und mager macht. Ähnliches gilt auch für das Schweinefleisch: Es stammt von westfälischen Bauern, die auf Tiermehl und Antibiotika verzichten.

Conny Strodtkötter wird nicht müde, ihren Kunden die Vorzüge des Biofleischs zu erklären und auch hinsichtlich möglicher Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten zu beraten. Das nimmt viel Zeit ihrer Tätigkeit in Anspruch. Deshalb bietet sie auch keinen Partyservice an, den Betriebe oft als zweites Standbein aufbauen: „Die Arbeit und die Zeit stecke ich lieber in die Theke. Ich sehe mich als Genussberaterin und Fleischdesignerin“, sagt sie.
Da überrascht es nicht, dass man im Schaufenster auch allerlei aus Marzipan findet: Marzipanschweine, Marzipanhähnchen oder Marzipanäpfel. Auch „Leberwurstpralinen“ gab es schon mal als Gag. „Man muss auch den Mut haben, sich auf etwas einzulassen, das auf den ersten Blick nichts mit uns zu tun hat“, sagt Conny Strodtkötter selbstbewusst und ermuntert es ihr gleichzutun: “Leute traut euch was.“

Autor:

Norbert Opfermann aus Düsseldorf

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