Reinigungsdienst des Gehirns erforschen: Tübinger Alzheimer-Forscherin Dr. Gaye Tanriöver mit Helga Steinle-Preis ausgezeichnet

Das Gehirn hat seine eigene Müllabfuhr: Mikrogliazellen, so heißen die Immunzellen des Gehirns in der Fachsprache, beseitigen Abfallstoffe. Doch bei der Alzheimer-Krankheit versagen sie. Den Zusammenhang zwischen den Mikrogliazellen und der häufigsten Demenzform untersucht Dr. Gaye Tanriöver (33) vom Universitätsklinikum Tübingen und dem Hertie Institut für klinische Hirnforschung. Gefördert wird das zweijährige Forschungsprojekt durch den mit 30.000 Euro dotierten Helga-Steinle-Preis der gemeinnützigen Alzheimer Forschung Initiative e.V. (AFI). Darüber hinaus unterstützt die AFI das Projekt mit weiteren 20.000 Euro.

„Wenn man weiß, wie weit die Krebsforschung heute in ihrer Effizienz gediehen ist, ist das ein gutes Beispiel, dass wir wirklich etwas bewirken können, wenn wir uns auf die Alzheimer-Forschung konzentrieren und auch die Gelder bereitstellen“, sagt Stifter Dieter Steinle, der zusammen mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau Helga Steinle im November 2017 unter dem Dach der AFI die „Helga und Dieter Steinle-Stiftung“ gegründet hat. Helga Steinle war an Alzheimer erkrankt.

Schon Dr. Alois Alzheimer beschrieb 1907 die für die Alzheimer-Krankheit typischen Eiweißablagerungen im Gehirn aus Beta-Amyloid und Tau. Wirkungsvoll abbauen können die Mikrogliazellen diesen Proteinmüll nicht. Stattdessen könnten fehlgeleitete Mikrogliazellen sogar zur Ausbreitung der Alzheimer-Krankheit beitragen.

Dr. Tanriöver arbeitet mit sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen). Dabei werden menschliche Hautzellen gentechnisch zu Stammzellen verändert, bei denen ein erhöhtes Alzheimer-Risiko besteht. Durch Zugabe von Wachstumsfaktoren können diese iPS-Zellen zu organähnlichen Gewebestrukturen wachsen. So entsteht ein Modell aus menschlichen Zellen, an dem sich die Alzheimer-Krankheit erforschen lässt. Auf diese Weise können sich auch Mikrogliazellen bilden. Unter einem hochauflösenden Mikroskop möchte Dr. Tanriöver live beobachten, wie die Mikrogliazellen auf krankhafte alzheimertypische Ablagerungen reagieren.

„Durch ein besseres Verständnis, wie Mikrogliazellen und die Alzheimer-Krankheit zusammenhängen, könnten neue Therapieansätze erschlossen werden“, hofft Dr. Tanriöver.

Die AFI ist der größte private Förderer der Alzheimer-Forschung an deutschen Universitäten und öffentlichen Einrichtungen. Aktuell kann die AFI elf neue Forschungsprojekte mit insgesamt 969.940 Euro unterstützen. Insgesamt konnten bislang 312 Forschungsaktivitäten von engagierten Wissenschaftlern mit über 12,2 Millionen Euro finanziert werden.

Die förderungswürdigen Projekte wurden vom Wissenschaftlichen Beirat der AFI unter dem Vorsitz von Prof. Thomas Arendt (Universität Leipzig) zusammen mit den Beiräten der internationalen Kooperationspartner Alzheimer Nederland in den Niederlanden und Fondation Vaincre Alzheimer in Frankreich sowie externen Fachleuten im peer-review ausgewählt. Gefördert werden Projekte in den Bereichen Ursachen-, Diagnose-, Präventions- und Therapieforschung an den Hochschul- und Institutsstandorten Berlin, Bonn, Bremen, Frankfurt, Göttingen, Hamburg, Köln, Mainz, Tübingen und Ulm.

Autor:

Christian Leibinnes aus Düsseldorf

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