Interview mit Peter Hinze
Sommerinterview mit Emmerichs Bürgermeister

Bei seinem vollen Terminkalender bleibt Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze kaum die Zeit um eben mal am Rhein (Fußweg vom Rathaus keine zwei Minuten) kurz durchzuatmen. | Foto: Christine Schönsteiner
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  • Bei seinem vollen Terminkalender bleibt Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze kaum die Zeit um eben mal am Rhein (Fußweg vom Rathaus keine zwei Minuten) kurz durchzuatmen.
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Emmerichs Bürgermeister, Peter Hinze, stand für das traditionelle Sommergespräch mit dem Emmericher Stadtanzeiger zur Verfügung.

Wie zu lesen war, hat sich die Stadt Emmerich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2025 rund fünf Millionen Euro einzusparen um nicht in der Haushaltssicherung zu landen. Wie muss man sich ein solches Verfahren vorstellen? Wer macht die Vorschläge und wer stimmt darüber ab?

"Es ist richtig, dass wir unseren Haushalt strukturell konsolidieren müssen. Der Rat der Stadt hat die fünf Millionen als Einsparziel bis 2025 beschlossen. Das ist ein ambitioniertes Ziel und das heißt, es reicht jetzt nicht aus, hier und da mal kurzfristig ein paar tausend Euro einzusparen. Die Konsolidierungsmaßnahmen müssen entsprechendes Sparpotential haben und nachhaltig wirken, sonst hat das keinen Zweck.
Diesen Prozess gehen wir gemeinsam mit den Mitgliedern des Stadtrates an. Seit Anfang des Jahrs trifft sich deshalb die Arbeitsgruppe Haushalt, in der Verwaltung und Ratsfraktionen vertreten sind, um eine Liste mit Konsolidierungsmaßnamen zu erarbeiten. Dabei war die Maßgabe: keine Tabus. Alle möglichen Sparmaßnahmen sollten auf den Tisch. Den Prozess koordiniert Ulrike Büker, als Kämmerin der Stadt. Im Zuge der letzten Ratssitzung wurde die Konsolidierungsliste erstmals öffentlich vorgestellt. Jetzt beraten die Fraktionen, welche Maßnahmen umsetzungsfähig sind. Und ich hoffe, dass wir zur Verabschiedung des Haushaltes 2023 im Dezember bereits erste Maßnahmen beschließen können."

Das Thema Bürgerbad Elten beschäftigt gerade Politik, Vereine und Bürger. Von Schließung über Sanierung bis hin zu einem eventuellen Neubau ist die Rede. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

"Wie schon gesagt, die Vorgabe an die Arbeitsgruppe Haushalt war: keine Tabus. Alle freiwilligen Leistungen, die ein strukturelles Einsparpotential bieten, sollten auf die Konsolidierungsliste. Und dazu zählt nun mal auch das Bad in Elten. Von einer sofortigen Schließung war aber nie die Rede.
Fakt ist aber: das Bad hat schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Es ist technisch und energetisch nicht mehr auf dem heutigen Stand. Die Unterhaltungsmaßnahmen werden immer kostenintensiver und belasten den städtischen Haushalt. Deshalb ist es richtig, dass Politik, Verwaltung und Bürgerschaft die Zukunft des Bürgerbades miteinander diskutieren – aber bitte sachlich und nicht einfach nur populistisch."

Die BGE fordert, dass unter Federführung der Verwaltung im Jahr 2023 ein Sportstättenentwicklungsplan erarbeitet werden solle. Was halten Sie davon?

"Es macht ja zu gegebener Zeit durchaus Sinn, sich mit dem Thema Sportstättenentwicklung strukturell auseinander zu setzen. Es sollte dabei aber zunächst einmal berücksichtigt werden, dass sich viele Sportstätten im Eigentum der jeweiligen Vereine befinden. Ein solches Konzept kann also nur mit Vereinen und Stadtsportbund erarbeitet werden.
Außerdem ist mir wichtig zu betonen, dass wir die Vereine bei der Modernisierung ihrer Sportanlagen in den letzten Jahren erheblich unterstützt haben. So haben wir die Sportpauschale erhöht und 175.000 Euro aus dem städtischen Haushalt für das Förderprogramm „Moderne Sportstätten“ bereitgestellt, damit die Vereine die geförderten Modernisierungsmaßnahmen ohne größeren finanziellen Eigenanteil schnell umsetzen konnten."

Gibt es erste Erfolge bei dem Versuch das „Sterben der Innenstadt“ zu beenden?

"Ja, es gibt durchaus Erfolge. Im Rahmen des Sofortprogramms Innenstadt hat Manuela Sommer vom Büro Schneider + Straten schon so einige Ladenlokale wieder mit Leben füllen können. So hat sich zum Beispiel am Alten Markt ein Café angesiedelt, dass auf sehr gute Resonanz gestoßen ist. Auch auf Stein- und Kaßstraße konnte sie für einige Ladenlokale neue Nutzer finden. Außerdem bin ich froh, dass es in naher Zukunft wieder Leben auf dem Neumarkt gibt. Das wird sich ganz sicher positiv auf das nähere Umfeld auswirken.
Aber die Folgen von Corona gepaart mit dem veränderte Konsumentenverhalten haben weiterhin Folgen für die Innenstadt. C&A ist aus dem Rheincenter ausgezogen und auch Leselust hat seine Schließung für das Jahresende angekündigt. Das ist ein echter Schlag für die Innenstadt. Der Rückzug des stationären Handels ist aber kein Emmericher Problem. Wir sehen das in vielen Innenstädten. Dieser Trend wird dazu führen, dass die Innenstädte ihr Gesicht verändern werden. Wir müssen uns deshalb auch hier die Frage stellen, wie wir unsere Innenstadt in Zukunft entwickeln wollen".

Liegen der Stadtverwaltung belastbare Zahlen darüber vor wie viele aus der Ukraine geflohene Personen sich in Emmerich aufhalten und wie sie hier leben? Gibt es Anlaufstellen seitens der Stadt?

"Mitte September lebten in Emmerich insgesamt rund 300 Geflüchtete aus der Ukraine. Wir haben schon sehr früh damit begonnen, ein engagiertes Netzwerk aus Freiwilligen, Wohlfahrtsorganisationen und Stadtverwaltung zu formen. So können wir gewährleisten, dass Fragen ziemlich zügig miteinander geklärt werden können. Überhaupt muss man vor der Leistung der ehrenamtlichen Kräfte den Hut ziehen. Wir haben hier in Emmerich eine Hilfsbereitschaft erlebt, die ihresgleichen sucht."

In das neue Gesundheitszentrum auf dem ehemaligen Kasernengelände sind die ersten Praxen eingezogen. Konnte auch neues medizinisches Personal (neue Ärzte/Ärztinnen) gewonnen werden oder haben nur schon hier ansässige Ärzte ihre Tätigkeit in das Zentrum verlegt?

"Durch das Gesundheitszentrum konnten auch neue Praxen, die vorher nicht in Emmerich ansässig waren, gewonnen werden. Besonders stolz bin ich darauf, dass es uns durch das Projekt gelungen ist, eine weitere Kinderärztin für unsere Stadt zu gewinnen. Das ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr. Und das hatte vor allem mit der Lage und den Möglichkeiten im „Emmerich Vital“ zu tun.
Ich bin aber auch überzeugt davon, dass der Umzug von bestehenden Praxen an den neuen Standort sowohl für die Ärztinnen und Ärzte und ihre Praxisteams, aber auch für Patientinnen und Patienten Vorteile bietet. Hier arbeiten Ärzte verschiedener Fachrichtungen unter einem Dach. Medizinische Gerätschaften können geteilt und so effizienter genutzt werden. Das wird sich auch positiv auf die Versorgung auswirken."

Wir leben in beunruhigenden Zeiten. Der entsetzliche Krieg in der Ukraine, Klimawandel, Inflation, steigende Preise sowie Corona und drohende Grippewelle. Sehen Sie eher optimistisch oder pessimistisch in die Zukunft?

"Vollkommen klar, wir befinden uns in ziemlich schwierigen Zeiten und die bringen große Herausforderungen für die Gesellschaft mit sich. Insbesondere muss der Blick auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft gerichtet werden. Wir müssen Antworten darauf finden, wie wir denjenigen helfen können, die schon heute nicht mehr wissen, wie sie ihre Familie ernähren oder die Nebenkosten bezahlen sollen. Deutschland ist nach wie vor wirtschaftlich sehr stark. Deshalb bin ich guter Hoffnung, dass wir sowohl hier vor Ort in Emmerich, aber auch bundesweit Lösungen finden können. Insofern bleibe ich weiterhin optimistisch."

Wie haben Sie Ihren Urlaub verbracht und wie entspannen Sie im Alltag?

"Ich war in diesem Sommer mit dem Schiff in Skandinavien. Der Blick in die Weite, der Wind um die Nase und der permanente Seegang sind überaus entspannend und geben Energie für die anstehenden Herausforderungen. Wenn ich entspannen will, setze ich mich aufs Fahrrad und genieße unsere wunderschöne Landschaft oder ich nutze die knappe Zeit für gemeinsame Aktivitäten mit meinem Mann und Freunden."

Bei seinem vollen Terminkalender bleibt Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze kaum die Zeit um eben mal am Rhein (Fußweg vom Rathaus keine zwei Minuten) kurz durchzuatmen. | Foto: Christine Schönsteiner
Bürgermeister Peter Hinze an seinem Schreibtisch im Emmericher Rathaus. Aufgrund vieler Außentermine ist er hier oft nicht anzutreffen. | Foto: Christine Schönsteiner
Autor:

Christine Schönsteiner aus Wesel

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