Auf Spurensuche in Goch - Stadtarchivar Hansi Koepp führte Gäste aus Israel durch die Stadt

Vizebürgermeisterin Gabi Theissen, Annette Wozny, Hansi Koepp, Cindy und Jessica Wolfe und Laura Aldenhoven.
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  • Vizebürgermeisterin Gabi Theissen, Annette Wozny, Hansi Koepp, Cindy und Jessica Wolfe und Laura Aldenhoven.
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Das letzte Mal hat Stadtarchivar Hansi Koepp die beiden Kennkarten aus dem Dritten Reich vor ziemlich genau zwölf Jahren in den Händen gehabt. Sie gehörten Jacob und Else Cohen, einem Gocher Ehepaar, das zu Beginn des Naziregimes auf der Feldstraße in der Innenstadt wohnte. Unverkennbar: das blassrote „J“ für Jude auf der linken Seite des Ausweisdokumentes. Für Jacob und Else Cohen war es das Todesurteil. Sie starben in den 40er Jahren im Ghetto der polnischen Stadt Lodz. Ihre Tochter Margot, geboren in Goch 1932, überlebte den Holocaust. Sie musste sich im Alter von nur sechs Jahren von ihren Eltern trennen, kam in die Niederlande und dann irgendwann nach Israel. Ihre Eltern hat sie niemals wiedergesehen. In Israel heiratete sie und gründete eine Familie.
Goch behielt Margot Keinon, so hieß sie nach ihrer Trauung, in keiner guten Erinnerung. Zu groß war das Leid, dass sie und ihre Familie hier erfuhren. Herb und Cindy, die Kinder von Margot Keinon, erfuhren von ihrer Mutter nur wenig über die Herkunft der Großeltern. Deutschland und auch Goch waren Tabuthemen.
Das sollte sich erst im Jahr 2000 ändern. Damals besuchte Herb Keinon, inzwischen Journalist für die Jerusalem Post, die Bundesrepublik Deutschland und auch Goch. Er wollte die Stadt mit eigenen Augen sehen, aus der seine Mutter als kleines Kind flüchten musste. Und er hatte Vorbehalte, so sagte er selbst. Begründet natürlich durch die spärlichen und zutiefst negativen Schilderungen seiner Mutter. Für Stadtarchivar Hansi Koepp war es folglich ein ganz besonderer Besucher, der kurz vor Weihnachten 2000 eintraf. Koepp zeigte ihm die Stadt, das Wohnhaus, in dem seine Großeltern lebten, er zeigte ihm die beiden Kennkarten und nahm sich viel Zeit. Herb Keinon erkannte, dass das Goch des 21. Jahrhunderts nichts mehr mit der Stadt aus der Nazi-Zeit zu tun hatte. Davon erfuhr sogar der damalige deutsche Botschafter in Tel Aviv, Rudolf Dreßler. Er schrieb an den Bürgermeister: „Der Aufenthalt in Goch und vor allem die ihm erwiesene Gastfreundschaft haben Herrn Keinon tief beeindruckt.
Nach seiner Rückkehr bezeichnete er den Aufenthalt in Goch als emotionalen Höhepunkt seines Deutschland-Besuchs. (…) Ihnen und ihren Mitarbeitern danke ich für die Mühe und Gastfreundschaft. Sie haben den deutsch-israelischen Beziehungen einen wichtigen Dienst erwiesen.“ Über dieses große Lob des Botschafters hat man sich im Rathaus natürlich sehr gefreut.
Noch mehr jedoch freute sich Hansi Koepp über einen erneuten Besuch von Nachfahren der Cohens. Cindy und Jessica Wolfe waren in der Stadt. Cindy ist die Schwester Herb Keinons, Jessica ihre Tochter. Sie reisten aus den USA an, um die Heimat ihrer Großmutter bzw. Urgroßmutter kennen zu lernen. Vizebürgermeisterin Gabi Theissen begrüßte die beiden Besucherinnen in der Stadt.
Ein besonders emotionaler Moment war, als Cindy und Jessica Wolfe die 83-jährige Laura Aldenhoven kennenlernten. Sie war Spielgefährtin von Margot Cohen, bevor sie vor den Nazis in Sicherheit gebracht worden war. Obwohl sich die Frauen noch nie zuvor gesehen hatten, kullerten Freudentränen über die Gesichter.
Wie schon im Jahr 2000 nahm sich Hansi Koepp viel Zeit für die Gäste. Unterstützt wurde er von seiner Gattin Annette Wozny als Dolmetscherin. Koepp zeigte die Stadt, das Wohnhaus der Cohens und natürlich auch die beiden Kennkarten mit dem blassroten „J“, als stumme Zeugen einer zum Glück längst vergangenen, düsteren Zeit.

Vizebürgermeisterin Gabi Theissen, Annette Wozny, Hansi Koepp, Cindy und Jessica Wolfe und Laura Aldenhoven.
Die Kennkarten der Cohens.
Autor:

Lokalkompass Goch aus Goch

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