Das Leben auf der Gaesdonck vor 400 Jahren aus erster Hand

In der alten Bibliothek der Gaesdonck lesen Josef Böhmer und Hans Christoph Fennenkötter (v.l.) in der Chronik, deren Übersetzung nun erschienen ist.
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  • hochgeladen von Christian Schmithuysen

Das kleine, fast unscheinbare Büchlein, hält Hans-Christoph Fennenkötter fest in der Hand. Fast 400 Jahre alt sind die in Schweinsleder gebundenen 76 Blätter Papier, die die Geschichte des Augustinerklosters auf der Gaesdonck erzählen.

GOCH. Sechs Priore des Klosters haben in den „Gaesdonckx Cronixken“ – auch Gaesdoncker Priorenchronik genannt ­– die Ereignisse ihrer Amtszeit festgehalten. Die ersten Erinnerungen reichen bis in das Jahr 1610 zurück, der letzte Eintrag erfolgte 1795. Wenige Jahre später wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgehoben.
Fennenkötter selbst betrat vor 63 Jahren zum ersten Mal das heutige Internat, damals noch als Schüler. „Die Gaesdonck war zum Teil noch vom Krieg zerstört, die Bibliothek war in einem desolaten Zustand“, berichtet er. Jeden Tag fiel sein Blick auf die streng dreinblickenden Prioren aus vergangenen Zeiten, deren Porträts noch immer im Speisesaal hängen. Wie viel er sich noch mit ihnen beschäftigen würde, konnte Fennenkötter damals noch nicht ahnen. Nach dem Abitur verließ er den Niederrhein kurz, kam dann als Lehrer zurück an die Gaesdonck. „Da bin ich auf die Cronixken aufmerksam geworden“, erinnert er sich. Zwar hatte das Büchlein schon anderen Geschichtsforschern zur Verfügung gestanden, eine komplette Transkription, also die Übertragung der alten Schreib- in heutige Druckschrift, gab es jedoch nicht. Ebenso wenig eine Übersetzung. Die Prioren schrieben in der damaligen Volkssprache Niederländisch. Schon der erste Autor, der Prior Theodor Metzmecher aus Kranenburg, wollte so auch unstudierten Laien die Lektüre ermöglichen. Transkription und Übersetzung hat Fennenkötter nun in den „Gaesdoncker Blättern“ veröffentlicht.

Chronik voller Leben

„Die Chronik ist voller Leben“, verspricht Fennenkötter. Oft hätten sich die Prioren zwar Gedanken ums Geld gemacht, „aber es gibt schöne Episoden, wie etwa den Besuch des Kurfürsten“, erzählt er. Schnell werden Leser auch an anderen Stellen fündig, die beweisen, dass das Leben in der frühen Neuzeit selbst in einem Kloster gefährlich war. So berichtet Prior Metzmecher von einer Plünderung durch Soldaten im Jahr 1635, bei der trotz Verbotes zwei der Plünderer von Bauern erschossen wurden. Und zwar „von oben hinab durch den Kopf, so dass ihr Gehirn an die Wand spritzte und hängenblieb“, wie es in der Chronik heißt. Das hatte zur Folge, dass die Kirche wegen der Waffengewalt und des Blutvergießens „entweiht und befleckt war“. Gottesdienste konnten erst wieder gefeiert werden, als die Kirche durch den Weihbischof von Osnabrück neu geweiht worden war.
Die Transkription und Übersetzung der Priorenchronik ist erschienen im 17. Heft der Gaesdoncker Blätter. Eine Ausgabe kostet 12,50 Euro und kann im Collegium Augustinianum Gaesdonck, Gaesdoncker Straße 220, bestellt werden, ebenso per Mail an blaetter@gaesdonck.de. Weitere Informationen gibt es auf der Seite www.gaesdonck.de

Autor:

Christian Schmithuysen aus Goch

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