18.224 Straftaten
Die Kriminalität in Hagen steigt

Ursula Tomahogh, Polizeipräsidentin in Hagen: "Die negative Entwicklung der Kriminalität in Hagen und auch landesweit zeigte sich bereits im Laufe des vergangenen Jahres. Die Ursachen hierfür variieren in den verschiedenen Deliktsbereichen im Detail. Unumstritten ist jedoch, dass das Ende der Pandemie und die Aufhebung der damit verbundenen Restriktionen durchgängig eine wesentliche Rolle gespielt haben." | Foto: LK-Archivbild
  • Ursula Tomahogh, Polizeipräsidentin in Hagen: "Die negative Entwicklung der Kriminalität in Hagen und auch landesweit zeigte sich bereits im Laufe des vergangenen Jahres. Die Ursachen hierfür variieren in den verschiedenen Deliktsbereichen im Detail. Unumstritten ist jedoch, dass das Ende der Pandemie und die Aufhebung der damit verbundenen Restriktionen durchgängig eine wesentliche Rolle gespielt haben."
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Die Kriminalität in Hagen steigt. Nach einem zuletzt insgesamt positiven Trend während der Pandemie erreicht die Kriminalität in Hagen im Jahr 2022 ein Gesamtniveau von 18.224 Straftaten.

Dies entspricht einem Plus von 3.766 Fällen bzw. von 26,05 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Aufklärungsquote blieb mit 57,09 Prozent auf einem guten Niveau und liegt damit nach wie vor deutlich über dem Landesdurchschnitt (51,98 Prozent). Die Statistik zeigt ebenfalls, dass die Hagener Polizei besonders schnell vor Ort ist, sobald jemand den Notruf wählt. Bei einem aktuell handelnden Täter, der gemeldet wird, dauert dies im Schnitt keine fünf Minuten.

Sieben Tötungsdelikte wurden 2022 für Hagen erfasst 

In sechs Fällen blieb es bei dem Versuch, alle konnten aufgeklärt werden. In einem Fall handelte es sich um eine Auseinandersetzung im Rockermilieu, drei Mal trafen in der Innenstadt Personen bzw. Gruppen aufeinander, bei denen ein Streit eskalierte und zur Tat führte. Darüber hinaus ereignete sich noch ein versuchter Totschlag als Eskalation eines Beziehungsstreits sowie ein innerfamiliärer Übergriff durch ein psychisch krankes Familienmitglied.

Bei dem vollendeten Delikt handelte es sich um einen Fall der fahrlässigen Tötung und damit um einen tragischen Sachverhalt in einer Familie. Ein mazedonisches Flüchtlingspaar hatte ihren schwerstbehinderten zweijährigen Enkel in der Hoffnung nach Deutschland gebracht, dass das Kind hier besser versorgt werden könne. Als sie mit ihm zu spät in ein Hagener Krankenhaus gingen, war das Kind jedoch bereits tot.

Die Gewaltkriminalität insgesamt stieg von 492 (2021) auf 731 Fälle im Jahr 2022

Bestimmt wurden die Werte in diesem Deliktsbereich in Hagen im Wesentlichen von den Körperverletzungs- und Raubdelikten. Die Zahl der Raubtaten stieg von 151 auf 242 im Jahr 2022. In diesem Zusammenhang ist es der Hagener Kriminalpolizei gelungen, im Rahmen von zwei aufwändigen Ermittlungskommissionen (EK) mehrere Tatverdächtige zu identifizieren. In der einen EK wurden 19 jungen Männern 34 Taten zugeordnet. Die zwei Haupttäter sind mittlerweile zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die Ermittlungen in der anderen EK führten zur Festnahme vier erwachsener Täter, denen überregional 33 Taten zugeordnet werden. Die Festnahmen der Haupttatverdächtigen beendeten diese Serien.

Straftaten der gefährlichen bzw. schweren Körperverletzung stiegen von 302 auf 479. Das Tatmittel "Messer" gewann dabei ebenfalls wieder an Bedeutung. Kam es 2019 insgesamt 105 Mal zum Einsatz, so erreichte Hagen hier 2022 den Wert von 112. Während der Pandemie lagen die Werte bei 54 (2020) und 75 (2021). Aber auch bei der einfachen Körperverletzung, die in der Kriminalstatistik nicht zur Summe der Gewaltkriminalität zählt, zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 1.144 auf 1.569.

In den ermittelnden Dienststellen entstand der Eindruck, dass selbst geringste Anlässe häufiger als früher zu einem Streit und in der weiteren Folge zum Ausgangspunkt für zum Teil massive körperliche Auseinandersetzungen wurden. Zitat eines Kriminalpolizisten: "Es scheint so, dass bei vielen Menschen nach der Pandemie die Zündschnur einfach kürzer war als vorher!"

Gab es während der Pandemie noch die Befürchtung, dass die "Häusliche Gewalt" in Folge der häuslichen Isolation steigen würde, so tat sie dies umso deutlicher im Zuge der wieder gewonnenen Freiheit. Im Jahr 2020 wurden in Hagen 417 Fälle registriert, im Jahr 2021 450 und 2022 schließlich 488 Fälle. Auch hier scheint sowohl die Pandemie selbst als auch ihr Ende eine initiierende Wirkung erzielt zu haben.

Die Zahl der Vergewaltigungen liegt bei 38 und damit auch deutlich höher als vor der Pandemie. Die Detailbetrachtung dieses Deliktsbereiches zeigt, dass es sich fast ausnahmslos um Taten im sozialen Nahbereich handelt. In den meisten Fällen kennen sich Täter und Opfer bereits seit längerer Zeit, lediglich in zwölf Fällen sind es flüchtige, sehr kurze bzw. Internet-Bekanntschaften. In zwei Fällen gab es keine Vorbeziehung, hier wurde die krankheitsbedingte Hilflosigkeit des Opfers von einem fremden Täter ausgenutzt. In etwa einem Drittel der Fälle waren die Opfer Jugendliche bzw. Heranwachsende.

Für den Bereich der Straßenkriminalität verzeichnet Hagen einen Anstieg von 2.829 auf 3.578 Taten im Jahr 2022 (+26,48%). Deutlich herausragend in diesem Bereich sind die Fälle des Taschendiebstahls (250 Fälle), des Fahrraddiebstahls (428 Fälle), des Diebstahls aus Kraftfahrzeugen (797 Fälle), der Sachbeschädigung an Kraftfahrzeugen (780 Fälle) und der sonstigen Sachbeschädigung im öffentlichen Raum (647 Fälle).

Ohne Zweifel kann man auch hier die nach der Pandemie einschränkungslose Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum und die dadurch "zurückgewonnenen" Tatmöglichkeiten für diese Entwicklung verantwortlich machen. Die Zahlen übersteigen dabei nicht wesentlich die Werte vor der Pandemie und liegen im langjährigen Mittel eher auf durchschnittlichem Niveau. Die Polizei Hagen stellt sich gerade auch zur Bekämpfung dieser Straßenkriminalität weiterhin mit einem breiten Maßnahmenportfolio auf. Dazu gehören unter anderem die Präsenzkonzepte in Altenhagen und Wehringhausen, die enge Zusammenarbeit mit den städtischen Ordnungsbehörden sowie den Sicherheitsbehörden des Bundes, wie z.B. dem Zoll oder der Steuerfahndung.

Die eigentliche "Kriminalität der Pandemie", die Vermögensdelikte (z. B. Betrug), konnte allerdings nicht vom Ende der Pandemie profitieren. Auch hier stiegen die Zahlen, wenngleich auch nicht so stark wie in anderen Bereichen, mit 2.622 Delikten erneut deutlich an (+20,28%).

Die ermittelnden Dienststellen sind hiervon nicht überrascht, gibt es doch kaum einen anderen Deliktsbereich, der aufgrund des gesellschaftlichen Wandels (Online-Handel, Online-Banking, bargeldloser Zahlungsverkehr, etc.) einen vergleichbaren Anstieg von Tatgelegenheiten aufweist.

Ein beständig hohes Niveau findet man in diesem Zusammenhang auch bei den Straftaten zum Nachteil älterer Menschen durch überörtliche Täter. Das Phänomen beschränkt sich dabei nicht mehr nur auf den sog. "Enkeltrick" oder den "falschen Polizeibeamten". Hier werden mittlerweile flächendenkend ältere Menschen nicht mehr nur telefonisch, sondern auch auf anderen Wegen, wie z. B. über Messenger-Dienste kontaktiert, dies immer mit dem Ziel, sie zum Transfer von Vermögenswerten zu bewegen. Die Täter nutzen dabei gezielt die mit zunehmendem Alter einsetzenden menschlichen Schwächen wie Zweifel an der eigenen Auffassungsgabe oder auch Gutgläubigkeit aus. Neben der polizeilichen Präventionsarbeit in Zusammenarbeit mit den Kreditinstituten ist hier besonders wichtig, dass das Thema in der Familie mit der Zielgruppe intensiv und wiederholt diskutiert wird. Es darf hier keine falsche Scham geben.

Ursula Tomahogh, Polizeipräsidentin in Hagen: "Die negative Entwicklung der Kriminalität in Hagen und auch landesweit zeigte sich bereits im Laufe des vergangenen Jahres. Die Ursachen hierfür variieren in den verschiedenen Deliktsbereichen im Detail. Unumstritten ist jedoch, dass das Ende der Pandemie und die Aufhebung der damit verbundenen Restriktionen durchgängig eine wesentliche Rolle gespielt haben; Tatgelegenheiten haben sich wieder mehr ergeben, aggressives Verhalten ist schneller aufgetreten." Die Aufklärungsquote bleibt nach wie vor hoch. Mehr als jede zweite Straftat wird aufgeklärt. Mit diesem Wert liegen wir im Behördenvergleich landesweit auf Platz 5. Kein Polizeipräsidium erzielte 2022 einen besseren Wert. Hagen folgt mit diesem Anstieg der Straftaten leider der landesweiten Kriminalitätsentwicklung. Wir begegnen diesem Trend sowohl mit gezielten Maßnahmen im Rahmen der offenen polizeilichen Präsenz als auch zeitgleich mit verdeckten Maßnahmen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität. Wir leisten schnell Hilfe vor Ort und haben unsere Stadt und die einzelnen Problembereiche im Blick."

Autor:

Lokalkompass Hagen aus Hagen

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