Fluch oder Chance

Fluch oder Chance? An einem harmlosen Frühlingstag verlieren alle Menschen auf der Erde für eine Minute und 43 Sekunden ihr Bewusstsein – und durchleben während dieser Zeitspanne eine Vision, wie ihr eigenes Leben in 20 Jahren aussieht. Wie die Menschheit mit diesem Erlebnis umgeht, beschreibt Science Fiction-Autor Robert J. Sawyer in seinem spannenden Thriller „Flash“.

Es ist ein großer Tag für die Wissenschaftler am europäischen Zentrum für Kernforschung in Genf. Der neue unterirdische Teilchenbeschleuniger wird in Betrieb genommen, doch dann passiert etwas Unerwartetes: alle Menschen verlieren das Bewusstsein und sehen für rund zwei Minuten in die Zukunft – auf ihr Leben am 21. April 2030. Wie konnte es zu diesem kollektiven Bewusstseinssprung kommen? Und die vielleicht wichtigste Frage: Ist diese Zukunft unabänderlich? Doch bevor sich die Menschen diesen Fragen widmen können, muss erst einmal getrauert und aufgeräumt werden, denn während alle Menschen weltweit bewusstlos wurden, stürzten Flugzeuge ab, krachten Autos ineinander, sprangen Züge aus den Gleisen und explodierten Kraftwerke. Rund 20 Millionen Menschen starben während dieser Zeitspanne. Doch schon bald wird die weltweite Trauer von der Frage abgelöst: Was hast Du gesehen? Wissenschaftler entwickeln eine Webseite, auf der Menschen ihre Visionen aufschreiben und austauschen können. Auf dieser so genannten „Mosaik-Seite“ suchen Männe und Frauen ihre Geliebten, die sie offenbar in 20 Jahren haben werden, andere suchen die Lotto-Zahlen der Zukunft („Die ersten vier Zahlen habe ich gesehen, wenn einer die letzten zwei gesehen hat, können wir uns zusammen tun“), wieder andere möchten nur ihre eigenen Visionen bestätigt wissen. Manchen gehen die Möglichkeiten der Mosaik-Seite allerdings zu weit, wie ein Eintrag aus Indianapolis nahe legt: „Hört bitte auf, mir Mails zu schicken, in denen steht, dass ich 2030 Präsident der Vereinigten Staaten bin; meine Mailbox läuft über. Ich weiß, dass ich Präsident werde – und wenn ich an der Macht bin, werde ich jedem, der noch einmal damit kommt, die Steuerprüfung auf den Hals schicken.“
Aber nicht alle Menschen konnten in ihre Zukunft blicken: Theo Prokopides ist einer jener Menschen, die keine Vision hatten. In einer Mail, die ihn erreicht, erfährt er auch, warum: „Es tut mir leid, dass Sie es auf diesem Wege erfahren. Sie kennen mich nicht, aber ich habe in meiner Vision eine Zeitung gelesen, in der über ihre Ermordung berichtet wurde.“ Wie sich Theo Prokopides auf die Suche nach seinem Mörder macht, gehört zu den Höhepunkten des Romans. Wer wissen will, wie es zu der weltweiten Bewusstlosigkeit kam, sollte allerdings zunächst Physik studieren, für einen normalsterblichen Romanleser ist dieser Handlungsstrang einfach zu hoch. Alles in allem ist „Flash“, die Buchvorlage zur amerikanischen Fernsehserie „Flash Forward“, aber ein hoch faszinierender Lesestoff, denn nicht zuletzt stellt man sich immer wieder selbst die Frage: „Was wäre, wenn ich selbst einen Blick in meine Zukunft werfen könnte?“

Robert J. Sawyer / Flash /Heyne / 430 Seiten

Autor:

Jens Holsteg aus Herdecke

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