Fahrgastschwund in der Reisetouristik
Krise hat zum Umdenken bewegt

Die Nachfrage nach Reisen mit dem Bus steigt nach Corona wieder an, hinkt aber nach wie vor weit hinter den Fahrgastzahlen von 2019 hinterher. Rund 52 Prozent weniger Fahrgäste hat die Branche im Bereich Bustouristik 2022 im Vergleich zu 2019 transportiert.
 | Foto: Graf's Reisen
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 "Die Nachwirkungen aus der Coronazeit sind nach wie vor vorhanden." Andriana Sakareli ist Pressesprecherin des Verbands Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen e.V. (NWO) und weiß, dass die Unternehmen im Bereich Bustouristik noch großen Aufholbedarf haben.

Konkret hatte die Branche 2022 im Bereich Bustouristik 52 Prozent weniger Fahrgäste als vor der Krise. In Zahlen: Während im Jahr 2019 laut Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) rund 77 Millionen Fahrgäste ihre Reisen mit dem Bus machten, waren es im vergangenen Jahr nur 37 Millionen.

Nachfrage nach Rundreisen gestiegen

Auch eines der größten Busunternehmen in NRW, Graf's Reisen, hat im bustouristischen Bereich noch nicht wieder die Teilnehmerzahlen von 2019 erreicht, wie Martin Schulpin, Prokurist und für die Reiseveranstaltung zuständig, auf Anfrage bestätigt. Aber während acht Prozent der Unternehmen, die Busreisen durchführten, aufgegeben haben, blickt er "sehr zuversichtlich nach vorne". Schulpin: "Die Reiselust ist groß und die Menschen reisen auch weiterhin gerne. Kurz mal eine Städtereise – die Nachfrage steigt stetig und viele Regionen Europas gilt es wieder zu entdecken – sprunghaft ist die Nachfrage nach Rundreisen in 2023 gestiegen."

Nicht weitermachen wie vor Corona

Das Interesse an Busreisen steigt wieder, allerdings können die Unternehmen nicht weitermachen wie vor Corona. "Die Preise sind enorm gestiegen", stellt die Verbandssprecherin fest. Kraftstoffe, Reparaturen und Ersatzteile, Kosten für die Unterbringung in Hotels und andere Dienstleistungen - der Kostenapparat sei für die Busunternehmen gewachsen und für manche stelle sich die Wirtschaftlichkeit nicht mehr dar.

Mehr Fahrgäste pro Bus als vor der Krise

Graf's Reisen begegnet den steigenden Kosten mit einer "vernünftigen Auslastungssteuerung". "So können wir vorausschauend planen, denn die Engpässe bei unserem Fahrpersonal, aber auch in der Hotellerie und Gastronomie, zwingen uns, die Nachfragen zu komprimieren, um eine gute Leistung und weiterhin bezahlbare Reisepreise sicher zu stellen", erklärt der Prokurist. Das heißt konkret: Lieber eine Reise weniger anbieten, dafür eine höhere Fahrgastzahl in den jeweiligen Bussen, um die Wirtschaftlichkeit sowohl auf Seiten des Unternehmens, aber auch für die Gäste zu erhalten.

Vater und Sohn im selben Unternehmen: Frank Friese lenkt seit mehr als 25 Jahren Reisebusse, Till macht eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb.
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  • Vater und Sohn im selben Unternehmen: Frank Friese lenkt seit mehr als 25 Jahren Reisebusse, Till macht eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb.
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Fahrermangel ist überall ein Thema

Der Fachkräftemangel tut sein Übriges. "Unser gesamtes Team ist zwar durch den Personalmangel zahlenmäßig verkleinert, aber der Teamgedanke und die höhere Verantwortung des Einzelnen lässt uns stärker werden", sagt Schulpin. In der Krise hätte sich gezeigt, dass das Unternehmen auf viele loyale, langjährig im Unternehmen tätige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bauen konnte. So wie Reisebusfahrer Frank Friese, der seit mehr als 25 Jahren für Graf´s Reisen europaweit mit Reisegästen unterwegs ist. Er hat auch seinen Sohn Till für die Branche begeistern können, so dass der nun eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb bei dem Herner Familienunternehmen absolviert. Dennoch würde Graf's Reisen gerne das Fahrpersonal weiter aufstocken, um die Fuhrparkauslastung sowohl im Reise- wie auch im Nahverkehr zu optimieren.

Mehrere Standbeine

Wie viele andere Busunternehmen auch ist Graf's Reisen unter anderem auch im Linien- und Schulbusverkehr aktiv, mit gut 50 Nahverkehrsbussen und rund einem Dutzend Kleinreisebussen. "Das ist allen Mischbetrieben während Corona zu Gute gekommen, dass sie mehr als ein Standbein hatten", weiß Andriana Sakareli. Viele Unternehmen hätten ihr Engagement im Bereich Nahverkehr ausgebaut und sich in der Krise von Reisebussen getrennt. Nicht so Graf's Reisen. Gerade einmal vier Fernreisebusse, die turnusmäßig ohnehin zur Abgabe und Erneuerung standen, wurden nicht umgehend ersetzt. Wann immer Reisen möglich waren, hat Graf's Reisen sie unter den damals geltenden Bestimmungen durchgeführt.

Macht ihr Busreisen?

"Am Markt präsent bleiben"

"Uns war wichtig, am Markt präsent zu bleiben", sagt der Prokurist. Damit hat das Herner Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerbern ein Problem weniger, denn: "Viele Busunternehmen haben in der Krise ihr Geschäftsmodell überdacht und etliche Busse verkauft", sagt die Verbandssprecherin. Bei steigender Nachfrage waren aber nicht mehr genügend Busse am Markt verfügbar, die wieder zugekauft werden konnten. E-Busse kosten laut Aussage von Sakareli locker doppelt so viel wie ein Diesel und haben auch lange Lieferfristen. Graf's Reisen verfügt aktuell über keine E-Busse. "Kurzfristig steht deren Anschaffung auch nicht an", sagt Schulpin.
"Wir freuen uns, unser Angebot an Busreisen immer wieder an die Kundenwünsche anpassen zu können", so der Prokurist. So kommen immer wieder neue Reiseziele, Events und besondere Reisen mit ins Portfolio.

Die Nachfrage nach Reisen mit dem Bus steigt nach Corona wieder an, hinkt aber nach wie vor weit hinter den Fahrgastzahlen von 2019 hinterher. Rund 52 Prozent weniger Fahrgäste hat die Branche im Bereich Bustouristik 2022 im Vergleich zu 2019 transportiert.
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Vater und Sohn im selben Unternehmen: Frank Friese lenkt seit mehr als 25 Jahren Reisebusse, Till macht eine Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb.
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Autor:

Miriam Dabitsch aus Velbert

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