Liebe Hertenerinnen und Hertener, liebe Freundinnen und Freunde,
ich teile hier einen Brief, Zeilen die mir mein Freund, Pfarrer Bernhard Weskamp zu Ostern gesendet hat.

Kaum auszuhalten ist der Kontrast zwischen dem Aufblühen der Natur draußen und den beängstigenden Nachrichten um den Unhold Corona. Auch er ist Natur. Man kann kaum mehr hören, was täglich an traurigen Nachrichten hereinplatzt und an Einschränkungen droht. Freilich ist auch nicht zu überhören, was uns über die Medien an verlässlicher Information und Beratung erreicht.

Dann aber diese pralle Wucht der aufbrechenden Forsythien, Magnolien und spanischen Kirschen, die bunte Blumensprache am Boden, das umtriebige Grün in den Zweigen – und die Singvögel!

„Corona“ heißt wörtlich „Krönung“, „Bekränzung“ – also „Würdigung“ all dessen, was „natürlich“ geschieht. Die Natur ist zugleich die lebensschaffende und zerstörerische Kraft. Zum Anbeten der Natur gibt es keinen Grund, zum Staunen und Fürchten aber umso mehr. Wir Kreaturen darin haben kein Recht auf Gesundheit, Unverwundbarkeit oder gar Unsterblichkeit. Dennoch sind wir mit der Fähigkeit ausgestattet, mitschöpferisch zu gestalten. Wir sind herausgefordert, für das Leben einzutreten, gerade auch angesichts von Leiden, Sterben und Tod.

Zu meiner Überraschung finde ich am letzten Samstag eine kleine Primel vor meiner Wohnungstür. „Der Frühling ist nicht abgesagt“, steht auf dem beiliegenden Zettel. Auch vor den Türen der anderen Mietparteien sehe ich solch eine Botschaft. Die glänzende Idee der Nachbarin bringt meine vielen Corona-Gedanken auf den österlichen Punkt. Nein, das ist nicht nur Naturfrömmigkeit, nicht nur der kleine Trost mit dem ewigen „Stirb und werde“ in der ebenso gefräßigen wie beschenkenden Natur. Schon gar nicht ist es der panische Mausblick auf die Katze beziehungsweise der Mausklick auf die Löwin namens Corona – als wäre unser Blick in die Welt wie fixiert, und das Elend zum Beispiel der Flüchtlinge an der griechisch-türkischen Grenze, in Nordsyrien oder sonstwo vergessen.

Wie erbärmlich ist doch der Endkampf um die zweite Packung Toilettenpapier angesichts der zynischen Erniedrigung von Menschenleben weltweit. Nein, die Sonne ist aufgegangen, der Frühling ist nicht abgesagt, man darf auch mit dem Guten rechnen – und es tun.

Im Unterschied zu den Naturreligionen damals und heute glaubt der Monotheismus nicht an eine allnährende, göttliche Natur, denn zu zerbrechlich und zerstörerisch sie ist. Das Geheimnis, das wir biblisch Gott nennen, ist weit mehr als Natur und dieser schöpferisch gegenüber. Dieses göttliche Gegenüber, in allem und über allem, macht sich glaubhaft als schenkende, als schöpferische Liebe, die österlich stärker ist als der der Tod. Die kann man derzeit auch im sichtbar werdenden Frühling am Werk sehen, als Verheißung des Lebens.

Viel stärker aber wird sie sichtbar, in der erwach(s)enden Solidarität und selbstlosen Liebe, die sich „dank“ Corona überraschend mächtig zeigt.
Schülerinnen oder Nachbarn bieten Älteren Hilfe an, Ärztinnen, Pfleger und Seelsorgerinnen setzten sich mutig helfend der Krankheit aus. Die digitalen Vernetzungen zwecks Beziehung untereinander werden kreativer genutzt, und nicht wenige entdecken neu die Kraft des Gebets. Die Schöpfung atmet auf, weil die Dreckschleuder Mensch sich selbst zu sortieren und zu reinigen hat.

Ja: Der Frühling ist nicht abgesagt, draußen nicht und drinnen nicht. Es ist „Springtime“, allem Tödlichen zum Trotz. Der Schöpfer ist immer noch am Werk, und er bittet drängend darum, seinen frühlingshaft entspringenden Wirken mehr Raum zu geben und mit dem Oster-Virus tatkräftiger Hoffnung zu rechnen.

Gotthard Fuchs

Autor:

Fred Toplak aus Herten

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