Mach nochmal zurück""

Vermutlich hatte man uns jahrelang stets dieselben Urlaubsbilder gezeigt, ohne dass es uns sonderlich aufgefallen wäre. Damals konnten sich die Ferienorte noch der lebenslangen Treue ihrer Gäste sicher sein, was zur Folge hatte, dass es irgendwann an neuen Motiven mangelte und man eher lust- und sinnlos auf den Auslöser drückte.

Dennoch häuften sich jeweils im November die Einladungen zu den Dia-Abenden, an denen wir insofern gerne teilnahmen, waren sie doch die weniger schrecklichere Alternative zu der schmalen Fernsehkost, die uns die Quasi-Monopolisten ARD und ZDF auf viel zu kleinen Bildschirmen servierten. Ruckzuck wurde das heimelige Wohnzimmer in eine Art Vorführraum verwandelt, indem man Sessel und Stühle in eine einheitliche Blickrichtung positionierte und das von draußen einfallende, störende Licht mittels Bettlaken dimmte. Punktabzug gab es für die Gastgeber, die sich im Vorfeld keinerlei Gedanken über die optimalen Standorte von Dia-Projektor und Leinwand gemacht hatten. Da wurde vor Publikum hin- und hergeschoben und in einigen Fällen musste die ansonsten wertgeschätzte Familienbibel als Höhenausgleich dienen, um eine ideale Bildausrichtung zu ermöglichen.

Ersten Anzeichen von Unmut konnte dann die Dame des Hauses mit dem Ausruf „Das Buffet ist freigegeben“ entgegenwirken. Wirklich Überraschendes war auf den seinerzeit gebräuchlichen WMF-Cromargan-Tabletts jedoch nicht zu finden. Käse- und Mett-Igel hatten sich erfolgreich gegen den guten Geschmack durchgesetzt und gehörten nun mal zu einem Dia-Abend so wie der Truthahn zu einem amerikanischen Christmas-Dinner. Und wenn es dann noch zusätzlich Schnittchen gab, waren diese – dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend – derart remouladisiert, dass Steinhäger und Underberg häufig als medizinische Erstmaßnahme zum Einsatz kamen.

Und irgendwann erinnerte sich der Gastgeber an den eigentlichen Sinn des Zusammenseins. Hastig nudelte er die Urlaubsdias mittels schnurgebundener Fernbedienung durch den Projektor, weil ihm wohl bei der Generalprobe Zweifel gekommen waren, ob seine Bildausbeute überhaupt präsentabel war. Viele Fotos waren über- bzw. unterbelichtet – und wenn ausnahmsweise Helligkeit und Kontrast stimmten, waren sie derart verwackelt, dass der Betrachter bei sich eine urplötzlich auftauchende Sehstörung befürchtete. Stets gestochen scharf waren hingegen die Dias, auf denen die Dame. des Hauses in knapper Strandbekleidung zu sehen war und dieser ein wohl vorher eingeübtes gschamiges „Huch“ entlockten. um dann entschuldigend zu ergänzen: „,Die beiden Bilder waren eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt - sind versehentlich da hineingeraten.

Anscheinend sehr zur Freude der männlichen Gäste, aus deren Reihen dann verlässlich die Aufforderung an den Dia-Vorführer erging: Mach nochmal zurück!!

Autor:

Klaus Ahlfänger aus Herten

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