"Tor nach Iserlohn" gehört jetzt der Stadt

In einer Sondersitzung des Rates beschlossen Iserlohns Kommunalpolitiker den Ankauf des Iserlohner Stadtbahnhofs durch die Stadt Iserlohn. Die Sondersitzung war notwendig geworden, weil die Frist zur Wahrnehmung des Vorkaufsrechts durch die Stadt Iserlohn bereits am 8. Februar geendet hätte. Zu Beginn der Sitzung hatte Kämmerer Friedhelm Kowalski den Politikern in einer Powerpoint-Präsentation die Einzelheiten und Risiken des potentiellen Ankaufs veranschaulicht und betont, dass er den Kauf nur verantworten könne, wenn die Stadt "keinen Euro ihrer Liquidität verlieren würde". Dies sei nach allen Berechnungen der Verwaltung aber der Fall. Anschließend ging die Ratssitzung vorübergehend nichtöffentlich weiter - nicht wie von Bürgermeister Peter Paul Ahrens vorhergesagt für zehn Minuten, sondern für eine geschlagene Dreiviertelstunde. Während die interessierten Bürger und die Pressevertreter auf dem Rathausflur ausharren mussten, wurde der Politik Auskunft gegeben über Mieteinnahmen und Kreditkonditionen. Außerdem wurden laut Aussagen einzelner Politiker die kurzfristig noch als Tischvorlage (!) präsentierten Zahlen der Wirtschaftlichkeitsprüfung intensiv aber überwiegend sachlich diskutiert. Nach Fortführung der öffentlichen Sitzung zeichnete sich in den Statements bereits eine Mehrheit für den Erwerb ab. "Wohlwissend, dass ein Immobilienerwerb nicht Hauptaufgabe der Stadt sein kann, wird die CDU mehrheitlich zustimmen", eröffnete CDU-Fraktionsvorsitzender Rolf Kramer den Reigen der Wortmeldungen, "die Zahlen der Verwaltung haben überzeugt, auch wenn es Risiken gibt." Mike Janke (SPD) prognostizierte für seine Fraktion ein "nicht einheitliches Abstimmungsverhalten", übte als Erster aber deutliche Kritik an Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens und seiner Verwaltung. "Eine umfassende, ausreichende Info sieht anders aus, zumal die Verwaltung den Vorgang bereits seit dem 8. Dezember prüft." Und weiter: "Wenn wir den Bahnhof heute kaufen, ist das eindeutig Kritik am ehemaligen ppp-Bauprojekt (Anm. d. Redaktion: ppp = private public partnership)." Helmut Prange (Freie Wähler) daraufhin kurz und knapp: "Da schließe ich mich an." Auch die Grünen in Person von Harald Eufinger signalisierten ebenfalls Zustimmung zum Kauf. "Beim Aspekt der Finanzen vertraue ich ausnahmsweise einmal unserem Kämmerer. Und wir können unseren Bürgern in zehn bis 15 Jahren nicht erklären, warum wir dieses stadtprägende Gebäude damals einem Immobilienfonds überlassen haben und damit zu einem Spielball von Spekulationen." FDP-Fraktionsvorsitzender Detlev Köpke sah das deutlich anders. "Wir werden diesem 9-Millionen-Projekt nicht zustimmen, denn es kann nicht die Aufgabe der Stadt sein, Gewerbeimmobilien zu erwerben." SPD-Mann Michael Scheffler übte ebenfalls harsche Kritik an der Verwaltung. "Ich fühle mich denkbar schlecht informiert. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung als Tischvorlage bei einem Kauf in dieser Dimension ist eine Zumutung. Wir sollten alle ein Stoßgebet sprechen, dass diese Sache nicht in die Hose geht." Zu den Befürwortern des Ankaufs gehörte schließlich auch "Die Linke". "56 Prozent des Kaufpreises zahlt die Stadt ja jetzt schon als Miete (Anm. d. Redaktion: für die VHS). Da ist das Risiko durchaus überschaubar, weil wir ja zumindest bis 2028 mit der VHS sowieso schon Ankermieter im Bahnhof sind." Peter Leye (SPD) brachte zum Abschluss noch einen neuen Aspekt in den Abwägungsprozess ein: "Mit dem Ankauf des Bahnhofs durch die Stadt senden wir ein positives Signal für zukünftige Investoren in diesem wichtigen Bereich Iserlohns aus." Und so kam es schließlich, wie bereits angedeutet. Bei 8 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen beschloss der Rat den Ankauf des Iserlohner Stadtbahnhofes. Was allerdings bleibt, ist eine Verwaltung, die einmal mehr durch eine unprofessionelle Vorbereitung einer wichtigen Entscheidung in Erscheinung trat. Da half auch die abschließende Entschuldigung von Kämmerer Kowalski in Richtung der Ratsmitglieder nur noch wenig.

Autor:

Christoph Schulte aus Hemer

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