"Finger weg!": Helikopter-Mum is watching you!

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„Hände auf 'n Schoß" befiehlt die Frau mit rasiermesserscharfer Stimme. Sogar "Psycho's" Alan Bates, würd' laufen gehen. Was man im Alltag bei Mitmenschen beobachten kann, ist mitunter schon erschreckend. Besonders, wie Manche mit ihren Kindern umgehen. Erst sollte dieser Beitrag eine Glosse werden, aber heraus kam leider etwas gar nicht Lustiges.

„Kannst du mal die Finger von dem Zeugs lassen“, höre ich eine gereizt klingende Frauenstimme mosern. Man wähnt sich in einer Militärkaserne von "Anno Tobak". Die Luft im Raum scheint zum Schneiden. Au weia, was ist denn da los, schrecke ich alarmiert auf. Wartezimmer scheinen ja eine wahre Fundgrube zu sein: Für Studien von Marotten seiner Mitmenschen. „Du bist gegen das ganze Zeugs allergisch!“ Jetzt schaue ich auf. Auf der mir gegenüber liegenden Seite sitzt eine Enddreissigerin. Top gestylt. Designer-Sonnenbrille im Haar - trotz Schittwetters. Spitze, zusammengekniffene Lippen. Hämmert mit Kunstnägeln auf das Display ihres Handys ein. Der inflagranti erwischte Unglücksrabe sitzt ihr gegenüber. Ich sehe nur seinen Rücken: Ein etwa Zehnjähriger mit akkuratstem Zweizentimeter-Haarschnitt. Was hat das arme Kind denn nur verbrochen, frage ich mich. Antwort: Mit seinen Händen übers glatte Velours-Polster der Sitzbank gestrichen! (Dass rekonstruierte ich im weiteren Verlauf). Jetzt sitzt der arme Wicht regungslos da, als hätt’ er n Besen verschluckt. Oh weh!

Wie kann man nur so mit seinem Kind sprechen?

Wie kann eine Mutter nur auf diese Weise mit ihrem Kind sprechen? Hätte man das Ganze nicht netter, freundlicher, liebevoller sagen können? (Lassen wir mal dahingestellt, ob es nicht sowieso eine überzogene Reaktion seitens der Mutter war...) „Komm’ Justus, wir gehen“, herrscht die Spitzlippige den Kleinlauten später an. Nachdem man zuende gewartet hatte. Der Blondschopf trottet wortlos mit ihr ab. Fazit: So eine Mutter zu haben, ist doch einfach ungerecht, und dann noch solch einen Namen* zu tragen. Da kann man wohl einfach nicht anders: Als Allergien zu entwickeln.... !!

*Justus („der Gerechte“)

Mich hat dieses Begebenheit, die wie ein (schlechter) Sketch anmutete, entsetzt und nachdenklich gemacht. Der Zusammenhang zwischen ihr und und dem Nachfolgendem ist allerdings rein spekulativ. Aber durchaus nicht abwegig. Die Rede ist von möglichen Folgen, die ein dominierendes, überbehütendes Mutterverhalten für das Kind haben kann: Psychosomatische Leiden einerseits, Persönlichkeitsprägung andererseits. US-amerikanische Soziologen brachten für dieses Verhalten den Begriff "Heilkopter-Mutter" (Helikopter-Eltern) oder "Paranoid Parenting" auf. Helikopter-Mütter kreisen um das Kind herum und kontrollieren und überbehüten es ständig

Zusammenspiel Haut und Psyche

Ganzheitliche Erklärungsansätze bei Leiden verschiedenster Art gibt es ja nicht erst seit gestern. Psychosomatisch begründete Störungen können sich mannigfaltig äußern: Über Herz, Blutdruck, Magen, Darm, blase, Ohren, Hals, Nase, Stimme, Auge, Zähne, Bewegung, Schmerzen, aber auch eben über die Haut. In der Psychosomatik werden auch die Einflüsse äußerer Faktoren auf die Haut sowie für die Auswirkungen von Hautveränderungen auf die Sozialbeziehungen erforscht.
Nicht von ungefähr gibt es die Redewendung:"Sich in seiner Haut nicht wohl fühlen." Oder: Dünhäutig sein, dickes Fell haben, erblassen vor Neid undundund. Darin zeigt sich der enge Zusammenhang von Haut und Psyche. Folgende Hautleiden können psychosomatisch begründet sein: Neurodermitis, Schuppenflechte, Akne, Herpes, Kontaktekzem und noch einige Andere.

Eine überbehütende, strenge Mutter

Eine überbehütende und strenge (überprotektive) Mutter kann eine der Ursachen für ein sich entwickelndes, allergisches Hautgeschehen sein. „Für die Untergruppe der Neurodermitis-Kinder ergab sich, dass diese ihre Eltern als weniger nachsichtig wahrnehmen. Die Selbsteinschätzungen der Mütter interpretiert der Autor so, „dass den Müttern der Neurodemitis-Kinder eine eigenständige Auseinandersetzung ihres Kindes mit der Umwelt in aktiv-erobernder Weise weniger wichtig ist; sie sprechen in der Tendenz für eine ängstlich besorgte, überprotektive und somit einengende Mutter mit einer oft als symbiotisch bezeichneten Mutter-Kind-Beziehung.“ (aus: Neurodermitis und Mutter-Kind-Interaktion von Petra Kratzer)

Dem Thema, welche Rolle eine dominierende, überprotektive Mutter bei der Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes zukommt, hat sich etwa der Autor Jürgen Wettig in seinem Buch "Schicksal KIndheit: Kindheit beeinflusst das ganze Leben - Fakten statt Mythen" genähert: "Immer trägt er die dominierende, überprotektive Mutter in sich und sucht auch über deren Tod hinaus Ersatzobjekte, z.B. in der Person des Ehepartners, bei Freunden oder Berufskollegen. Um Hass und Neid gegenüber denen, die besser zugreifen zu können, zu kontrollieren, dient eine Ideologie der Bescheidenheit, Demut, Friedfertigkeit und Bedürfnislosigkeit. Persönlichkeiten mit dieser Charakterstruktur zeichnen sich andererseits durch die Bereitschaft, zu verzichten sowie Unangenehmes zu ertragen aus...."

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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