Wie ich als 10-Jähriger Weihnachten erlebte

ich, 1942 (Negativ auf Glasplatte)

Mit diesem Beitrag möchte ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, animieren, auch eine kleine Geschichte zur Weihnachtszeit zum Besten zu geben,

Jedes Jahr zu Weihnachten baute Vater die elektrische Eisenbahn meines 7 Jahre älteren Bruders in der guten Stube auf. Damals gab es noch solche Räumlichkeiten, da sich das Familienleben eigentlich in einer großen Wohnküche mit dem bekannten emaillierten und auf Hochglanz polierten Kohleherd abspielte.
Ich hatte nie eine Lok selbst fahren dürfen, nur einen Anhänger durfte ich über die Gleise schieben. Verständlicherweise hatte ich den Wunsch, eine eigene Bahn zu besitzen. Mein Traum war eine Märklin BR01 (F800) zum für mich unerschwinglichen Preis von 55,-DM.

Mein Taschengeld betrug 0,5 DM/Woche und von Omas und Opas war nichts zu holen, sie wohnten alle in der damaligen Ostzone.

Also fing ich an zu sparen! Ich half Nachbarn und Bekannten beim Einkauf, im Garten, wienerte Linoleumböden oder holte Kohlen aus dem Keller. Es gab genug zu tun und da ich wohlweislich allen meine Wünsche erzählte, gab es oft mehr als nur ein paar Groschen.
Zur Weihnachtszeit hatte ich das Geld zusammen, aber der nächste Spielzeugladen war Roskothen in Duisburg und ich wohnte in Homberg/Hochheide. Das hieß, mit der Straßenbahn zum Rhein, übersetzen mit einer Fähre, die Friedrich Ebert Brücke wurde erst 1954 eingeweiht, und anschließend Fahrt mit der Straßenbahn zum Zentrum Duisburg.

Meine Eltern wollten Weihnachtseinkäufe machen und ‚konnten mich nicht dabei gebrauchen’. Ich gab ihnen mein Erspartes mit dem Auftrag mir die Lok mitzubringen.
Die Enttäuschung war riesig, als sie ohne Bahn zurück kamen und mitteilten, sie sei ausverkauft. Weihnachtsstimmung konnte sich bei mir von da an nicht mehr einstellen.

Heiligabend kam, Lieder wurden in Begleitung von Klavierspiel meiner Mutter gesungen. Ich musste noch ein Gedicht aufsagen, das hübsche Gedicht vom Pfefferkuchenmann

Dann kam die Bescherung!
Wie groß war meine Überraschung, als unter den Anziehsachen das Päckchen mit der Lok zum Vorschein kam und nicht nur die Lok, sogar 3 D-Zug Wagen.
Weihnachten war gerettet.

Mal ehrlich, pädagogisch war das nicht gerade eine Meisterleistung! Habe ich mir doch eigentlich vom eigenen Geld die Bahn gekauft und selbst das Sparschwein auf dem Ladentisch zu schlachten wäre doch ganz toll gewesen.

Na, ja, …Erinnerungen…,

Fehler, die ich bei meinen Kindern nicht mehr machte.

Autor:

Rüdiger Pinnig aus Neukirchen-Vluyn

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