Ruhrfestspiele: Taboris "Abendschau" - ein großer Wurf

Von links nach rechts: Wolfram Koch, Regisseur Dr. Frank Hoffmann und Darstellerin Jacqueline Macaulay bei der Konferrenz im Vorfeld der "Abendschau", | Foto: Reiner Kruse
3Bilder
  • Von links nach rechts: Wolfram Koch, Regisseur Dr. Frank Hoffmann und Darstellerin Jacqueline Macaulay bei der Konferrenz im Vorfeld der "Abendschau",
  • Foto: Reiner Kruse
  • hochgeladen von Kerstin Halstenbach

Schrill und schräg kann bewegend und haarsträubvend komisch sein: "Abendschau" von George Tabori ist eine der besten Inszenierungen, die Dr. Frank Hoffmann bei den von ihm geleiteten Ruhrfestspielen bisher gezeigt hat. Der verstorbene Kult-Autor hätte seine helle Freude daran gehabt.

Eine erstklassige Ensemble-Leistung (Wolfram Koch, Jacqueline Macaulay, Luc Feit, Christiane Rausch, Roger Seimetz und Ulrich Kuhlmann als dreibeiniger Hund), ein exzellentes Bühnenbild von Karl Kneidl (das am Ende in Trümmern liegt) und immer wieder überraschende Wendungen machen das Stück sehenswert. Ein Muss in diesen Festivaltagen. Wer's noch nicht gesehen hat: "Abendschau" läuft im Kleinen Theater im Ruhrfestspielhaus noch Montag, Dienstag und Mittwoch, jeweils um 20 Uhr.

Er war, er ist eine Legende: George Tabori. In seinen Geschichten hat das Thema Tod einen prominenten Platz - so auch in "Abendschau". 1979 geschrieben, wurde es nie aufgeführt. Der wahre Tod machte Tabori nach zwei Tagen Proben in München (mit Hanna Schygulla in der weiblichen Hauptrolle) einen Strich durch die Rechnung. "Sein Schwager kam damals bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Tabori konnte nicht weitermachen."

So Dr. Frank Hoffmann, der sich einmal mehr als "Theater-Archäologe" verdient gemacht hat, weil er etwas Besonderes, Verschüttetes ausgegraben hat. "Abendschau" hat seine Welt-Uraufführung bei den Ruhrfestspielen 2012 erlebt.

Es ist eine schräge und böse Komödie über den Tod und darüber, wie die Menschen (nicht) damit umgehen können. Der Tod ist oft böse, oft unberechnbar. Und herrlich komisch.

Von denen, die mitwirken und mitarbeiten, haben einige George Tabori (1914-2007) gut gekannt. So Karl Kneidl (Bühne/Kostüme): "Für ihn musste immer ein Stuhl auf der Bühne stehen. Manchmal kam er und setzte sich darauf, war bei der Vorstellung präsent. Oft ist er eingeschlafen und sagte später leise: ,Gute Arbeit.'" Darsteller Wolfram Koch ist sich sicher: "Er hat alles mitbekommen."

Wolfram Koch und Jacqueline Macaulay spielen ein amerikansches Paar, Luc Feit ihr Sohn. Der Tod kommt zu Besuch - und in verschiedenen Erscheinungen. Christiane Rausch spielt den Sensemann als Boss Goldwine, Dr. Liptauer und Klemptner. Roger Seimetz spielt den Tod als Alter Herr, Gloria (mit schrilkler blinder Perrücke und nackt bis auf eine Opa-Unterhose) und Cookiemonster. Ulrich Kuhlmann verkörpert den Hund - einfach genial, ob er schlafend schnarcht, mit Herrchen Schach spielt oder vom Sohn in den Arm genommen werden will.

Das Team hat offensichtlich viel Spaß, mit- und aneinander. Kuhlmann, Kneidl und Koch haben nicht nur Tabori gut gekannt (und können darüber lustig und spannend erzählen), sondern auch Claus Peymann, Peter Zadek und andere Theatergrößen. Christiane Rausch: "Ich finde das sehr faszinierend".

"Abendschau" ist eine Ko-Produktion der Ruhrfestspiele und des Theatre National du Luxembourg. Der Text wurde von Ursula Grützmacher-Tabori ins Deutsche übersetzt. Spielfassung von Frank Hoffmann und Andreas Wagner.

Autor:

Kerstin Halstenbach aus Recklinghausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.