Bedingungsloses Grundeinkommen
Die unterschiedlichen Sichtweisen von Selbstbestimmung der Frau Dr. Giffey (SPD)

Wenn ich Politiker nicht verstehe, schreibe ich sie an. Denn nur über eine direkte Kommunikation kann man Missverständnisse lösen. Ich gebe zu, bei Politikern erweist sich das tatsächlich als sehr schwierig, so dass sich zumeist neue Fragen eröffnen.

Derzeit wird das Transsexuellen Gesetz durch Frau Annegret Kramp-Karrenbauers Karnevals Fehltritt wieder in die mediale Präsenz gerückt. So passt die Veröffentlichung der Antwort auf meine Anfrage an Familienministerin Frau Dr. Giffey (SPD) zeitlich doch ganz gut. Denn im Juni 2018 forderte sie die Ersetzung des Transsexuellen Gesetzes durch ein modernes Gesetz für Akzeptanz. Sie erwähnte das Wort „Selbstbestimmung“, welches ich als Befürworter des Bedingungslosen Grundeinkommens als einen Grundsatz in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung erachte.

Nicht so ganz ihrer Aussage trauend, fragte ich also noch mal nach:

Sehr geehrte Frau Dr. Giffey,

bei ZDF heute auf Facebook werden Sie zur Ersetzung des Transsexuellen Gesetzes durch ein modernes Gesetz für Akzeptanz wie folgt zitiert:

„Menschen wissen am besten, wer sie sind und was für sie gut ist. Das können keine Sachgutachten leisten. Wichtig ist, dass alle Menschen selbstbestimmt leben können.“

Wenn das Ihre Grundhaltung ist, spricht doch nichts dagegen, sich für ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzusetzen.

Was an der Aussage, dass Menschen selbstbestimmt leben können, würden Sie im Bezug zum BGE anders sehen?

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Sandra Stoffers“

Tatsächlich erhielt ich aus dem Büro von Frau Dr. Giffey eine Mail.

„Sehr geehrte Frau Stoffers,

vielen Dank für Ihre Zuschrift an Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey vom 20. Juli über das Kontaktformular der Ministeriums-Homepage. Da wir teilweise sehr viele Zuschriften bekommen, bitte ich Sie um Verständnis, dass Frau Dr. Giffey nicht jedes Schreiben persönlich beantworten kann. Sie hat mich deshalb gebeten, Ihnen zu antworten.

Mit ihrer Aussage hat sich Ministerin Dr. Giffey auf eine bestimmte Thematik bezogen. Gleichwohl ist es eine Aussage von hinreichender Allgemeinheit, die Sie in Ihrer Anfrage auf einen anderen Sachverhalt übertragen und nach der Meinung von Frau Ministerin fragen.

Das Bedingungslose Grundeinkommen hat viele Fürsprecher, aber auch viele Gegner und gute Gründe gibt es dafür wie dagegen. Ministerin Dr. Giffey ist aktuell von den Gründen, die für ein bedingungsloses Grundeinkommen sprechen, nicht überzeugt. Gleichwohl nimmt sie zur Kenntnis, dass es eine Debatte zu diesem Thema gibt, wenngleich eine gesellschaftliche Mehrheit sich noch nicht hinter der Idee versammeln kann.

Frau Ministerin konzentriert sich in ihrer Arbeit darauf, mit den Themen in ihrer Ressortzuständigkeit die Gesellschaft weiter zu bringen. Das Bundesfamilienministerium bearbeitet eine große Bandbreite an Themen, jedoch ist das Bedingungslose Grundeinkommen keines davon. Frau Dr. Giffey liegen insbesondere u.a. die frühkindliche Bildung oder auch die Aufwertung der sozialen Berufe besonders am Herzen. Auf diese Themen konzentriert sie daher ihre Kraft.

Mit freundlichen Grüßen“

Das Thema „Selbstbestimmung“ ist also kein Grundsatz, sondern eine übertragbare Angelegenheit, welche nur in bestimmten Themenbereichen gilt? Das ist ein interessanter Ansatz, um eine Denkstruktur einer Politikerin zu erkennen. Wenn ein Politiker also in einem Themenbereich ein Grundrecht anspricht, gilt das nicht bedingungslos, sondern nur für ein Thema. Das sollten wir uns besser merken, wenn wir Politikern zuhören.

Das Bundesfamilienministerium befasse sich nicht mit dem Thema „Bedingungsloses Grundeinkommen.“ Das sei kein Thema ihres Ministeriums. So heißt es in ihrer Antwort. Merkwürdigerweise stellt Frau Dr. Giffey wenig später mit Bundesarbeitsminister Heil das „Starke Familiengesetz“ vor.

Dort heißt es:

„Die SPD plant, noch in diesem Jahr ein Modell für eine Kindergrundsicherung vorzulegen.“

Zugegeben, nach bedingungslos klingt es nicht. Aber es klingt auch nicht danach, dass dieses Thema nicht zu ihrem Ressort gehöre. Was also sollen wir mit der Antwort aus dem Büro von Frau Dr. Giffey anfangen? Selbstbestimmung ist nur themenorientiert und kein Grundsatz. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist kein Thema für ihr Ministerium, sie greift es jedoch in Ansätzen auf. Das klingt ein wenig unorientiert und ohne Grundsatzhaltung.

Diese wabernde und nicht zu fassende Politik ist das, was mich ständig nachfragen lässt. Werden wir schlauer? Ich finde nicht unbedingt in der Sache. Aber die Tendenz, dass zum Umsetzen der Themen oftmals eine Haltung und auch Sachverstand zu fehlen scheint, sollte uns bei unserer kommenden Wahl eine Entscheidungshilfe sein.

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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