Kriegerische Auseinandersetzungen am Niederrhein
Der große Rummmms beendet die Pest

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zusammengetragen von Hansfried Münchberg

Vor 425 Jahren im Hochsommer des Jahres 1597 war der linke Niederrhein um Moers, besonders aber um die Festungsstadt Rheinberg herum Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen.

Ein Korps der Truppen der Vereinten Staaten der Niederlande, angeführt von Prinz Moritz von Oranien war ausgezogen, die Spanier, die seinerzeit den Niederrhein besetzt hielten, zu vertreiben. Die Orte sowohl am rechten wie am linken Niederrhein hatten teilweise wiederholt unter der Drohung der Spanier, diese der Brandschatzung anheim zu geben, sollte kein Lösegeld aufgebracht werden, zu leiden. Rheinberg war über die Jahre immer wieder Ziel feindlicher Übernahmeversuche, da es durch seine Lage am damals direkt an der Stadt vorbei fließenden Rhein, als Zollstation der Kölner Erzbischöfe eine einträgliche Geldquelle war. Diese strategische Bedeutung manifestierte sich im etwa um das 14. Jahrhundert begonnenen Ausbau der Stadt zu einer Festung. Auch spielten damals natürlich die mit Waffengewalt ausgetragenen Feindseligkeiten zwischen Katholischer Kirche und den Reformierten Niederlanden eine große Rolle. Die Niederländer waren seinerzeit durch ihren Handel mit den ostindischen Besitzungen, man könnte auch sagen „mit der Ausplünderung ihrer Niederlassungen“, unermesslich reich geworden, so daß sie sich militärische Abenteuer durchaus leisten konnten.
Leidtragende dieser ganzen Auseinandersetzungen waren, wie immer in solchen Fällen und bis auf den heutigen Tag, die Bewohner der jeweiligen Landstriche.

Rheinberg etwa 1590, Ansicht etwa von Süden nach Norden, das links sichtbare Stadttor dürfte die „Cassel-Pfort“ sein (Kupferst. Berck 1621-1634, mit freundlicher Genehmigung Stadtarchiv Rheinberg)

Ab 1585 war Rheinberg unter Niederländischer Verwaltung stehend, durch Graf Hermann von Neuenahr zu einer Festung nach niederländischer Manier ausgebaut worden. Die Stadt war von einem umlaufenden Wassergraben, sowie einer innenliegenden Stadtmauer umgeben, die nur durch vier Pforten durchgängig war. Die „Rhein-Pforte“ lag bei der heutigen Alten Rheinstraße, etwa nach Osten. Die „Casseler Pforte“ führte Richtung Budberg und Orsoy nach Süden. Durch die „Geldrische Pforte“ kam man nach Westen aus der Stadt und die „Sandt-Pforte“ ging Richtung Xanten, nach Norden. Die Wassergräben waren außerhalb der Stadt ringsum noch mit zusätzlichen Erdwällen gegen Kanonenbeschuß gesichert.

Seit 1590 war „Berka“, wie Rheinberg damals genannt wurde, von spanischen Truppen besetzt. Niemand Geringerer als der Dichterfürst Friedrich von Schiller hat in seinem im Jahr 1788 erschienenen Werk „Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung“ teilweise tagesgenau die Ereignisse festgehalten.

Schiller schreibt vom Jahr 1597: „Diese große Unternehmung sollte mit der Belagerung der Stadt Rheinbergen anfangen und mit der gänzlichen Vertreibung der Spanier aus Oberissel, Zütphen und vom ganzen Rheinstrom enden.“

Das Korps, welches unter dem Oberbefehl des Prinzen Moritz zu der beschlossenen Expedition am Rhein zusammengezogen wurde, war 7000 Mann zu Fuß und 1200 Reiter stark,

Festung Rheinberg nach Merian (Quelle Wikimedia)

Die Belagerung durch Moritz beginnt

Der Schiller Text beschreibt: „Prinz Moritz führte sein Korps auf Fähren (6. August) über den Rhein und auf einer Schiffbrücke über die Waal und setzte sich dann auf verschiedenen Punkten um Rheinberg fest.
Der Werder, eine kleine neben der Stadt liegende Rheininsel, und alle Pässe und Zugänge wurden besetzt. Siebzehn Redouten (geschlossene Feldschanzen) mit Bollwerken versehen und jedes durch eine Fahne Fußvolk und zwei Kanonen verteidigt, und durch Wall und Graben miteinander verbunden. Der häufige Regen machte die Arbeit an den Laufgräben sehr beschwerlich; als sie vollendet und die Batterien erbauet waren, ward die Stadt heftig beschossen und zweimal vergebens (zur Kapitulation) aufgefordert.
Die Niederländer umschlossen die Stadt, welche mit allen Verteidigungsmitteln und einer starken Besatzung versehen war.

Moritz im Glück

Prinz Moritz hatte sein Feldlager auf dem strategisch günstig gelegenen Annaberg aufgeschlagen.“
Am 11. August wurden die Laufgräben eröffnet. Prinz Moritz selbst schwebte in Lebensgefahr, denn eine spanische Kugel schlug durch sein Zelt, als er sich eben darin befand.

Die Stadt wird beschossen und ergibt sich

Schiller berichtet: „Endlich, nachdem Graf Wilhelm einen halben Mond erobert hatte, eine Mine unter das Bollwerk am Kasseler Thore gewühlt worden war, und 1870 Kanonenschüsse auf die Stadt und ihre Werke abgegeben waren, ergab sich Rheinbergen nach einer zehntägigen Belagerung (19. August). Die abgeschlossene Kapitulation bestätigte die Freiheiten und Vorrechte der Stadt, und bewilligte der Besatzung einen freien Abzug.“

Weiter heißt es in Schillers Bericht: „Am Tag nach der Übergabe erschien der dem spanischen Lager zuzurechnende Graf Hermann von Berg mit 2000 Mann zu Fuß und acht Kornetten Reitern unter Alanjo de Luna und Francisco de Padigliá, in der Nähe von Rheinberg. Als er aber den Verlust der Stadt erfuhr warf er 400 Mann zum nahe gelegenen Mörs und befahl dem Hauptmann Boekop die Camillen – Schanze, eine Befestigung, die im heutigen Duisburger Stadtteil Essenberg errichtet war, zu verlassen und ebenfalls nach Mörs zu ziehen, (23. August). welches mit solcher Übereiferung geschah, daß drei Stücke Geschütz in der Schanze zurückgelassen wurden.

Das Kriegsvolk zieht weiter

Der Graf von Berg kehrte darauf über die Maas zurück, und Moritz befahl die Camillen - Schanze, welche Camillo Sarchint, ein harter and grausamer Mann und Befehlshaber von Moers zur Zeit des Herzogs von Parma, im Rhein erbaut hatte, schleifen zu lassen. Im folgenden Jahre forderte der Kurfürst von Köln Rheinberg, welches zu seinen Besitzungen gehörte, von den Niederländischen Generalstaaten zurück, aber sie verschoben die Entscheidung über sein Gesuch auf eine „gelegenere“ Zeit.“

Von Rheinberg zog, im weiteren Verlauf der Vertreibung der Spanier, Prinz Moritz den Rhein
hinauf nach Moers und rückte am 28. August vor die Stadt, die seit elf Jahren im Besitz der Spanier war. Nach einer sechstägigen Belagerung übergab am 4. September 1597 der Befehlshaber Andreas de Miranda die Stadt an die Niederländer. Darauf führte der Niederländische Feldherr Moritz sein Heer am 8. September bei Orsoy über den Rhein sodann über die Lippe und zog mit seinen Truppen rechtsrheinisch weiter.

Die Spanier kommen zurück,

Aber damit hatte die Rheinberger Bevölkerung nur kurz Ruhe. Bereits im folgenden Jahr 1598 erschien der spanische Admiral Francisco de Mendoza mit seinen Truppen vor der Stadt und belagerte diese erneut. Rheinberg war zu diesem Zeitpunkt von der Pest heimgesucht, sie hatte die Besatzung der Stadt bis auf 600 Mann dezimiert. Die Festungsbauwerke waren inzwischen marode und heruntergekommen.

Der große Rummmms

Am 15. Oktober 1598 wurde der Pulverturm von einer Kanonenkugel getroffen. Nach Schillers Bericht entzündete sich das darin gelagerte Pulver. 150 Zentner Schwarzpulver flogen „mit einem entsetzlichen Schlage“ in die Luft. Mit dem Pulverturm wurden auch die nahe stehenden Gebäude stark beschädigt und ein Teil der Stadtmauer umgestürzt.

Rheinberg, der Pulverturm fliegt in die Luft (Quelle wikimedia-commons)

Schiller schreibt: „ Eine sonderbare Erscheinung war es, daß von dem Augenblicke der Explosion an die Pest in der Stadt aufhörte.“

Am Tag nach der verheerenden Explosion ergab sich Rheinberg den spanischen Belagerern. Die Stadt blieb aber wohl weiterhin für alle Kriegsparteien attraktiv, denn bereits 2 Jahre später wurde sie wieder von Holländern erobert, 1606 ging sie zurück an die Spanier, 1633 waren wieder die Holländer in der Stadt

Die Stadt galt lange Zeit als Spielball der Krieg führenden Mächte, ein geflügeltes Wort jener Zeit sagte:

„Rheinberg ist eine Hure des Krieges.“

Rheinberg, Pulverturm um 2013 (Foto Münchberg)

Autor:

Hansfried Münchberg aus Moers

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