Frauenforum stellt Jahresbericht 2017 vor - Dauerbrenner bleibt der Wohnungsmangel im Kreis

Eigener Wohnraum ist eine existenzielle Grundlage und Voraussetzung für ein eigenständiges und selbstverantwortetes Leben.

Der Jahresbericht 2017 des Frauenforums zeigt auf, dass die Wegstrecke seiner Bewohnerinnen auf der Zielgeraden zur eigenen neuen Mietwohnung zu oft ins Stocken gerät
„Jede 3. Frau und ihre zugehörigen Kinder leben mindestens 3 Monate, teilweise bis zu 6 Monaten und und länger im Frauenhaus,“ berichtet Christina Schulz, Leiterin des Frauenhauses.
„Das Haus war im Jahresdurchschnitt mit 79% seiner 20 Plätze quasi voll ausgelastet. Dennoch ergibt sich, durch die langen Aufenthaltsdauern, mit 38 Frauen und 34 Kindern ein erneuter Rückgang der Anzahl der aufgenommenen Frauen und Kinder, 57 Anfragen mußten weitervermittelt werden.“

Ein vergleichbares Bild zeigt sich in der Frauenübernachtungsstelle. Auch hier hat sich die Zahl der wegen akuter Obdachlosigkeit aufgenommenen Frauen im Vergleich zum Vorjahr (30) mit nur noch 16 Frauen halbiert
Anja Wolsza, Leiterin der Wohnhilfen, beklagt: „Die 7 Plätze waren ganzjährig mit 93% voll ausgelastet. Nur 4 Frauen konnten in eine neue, eigene Mietwohnung umziehen. Insgesamt 58 Frauen konnten wir zum Zeitpunkt der Anfrage kein freies Bett anbieten, Aufenthaltsdauern von 3-6 Monaten und länger blockieren Plätze für Bedarfe anderer Frauen.“

Die 9 Plätze des teilstationären Angebots der Wohnhilfe waren ebenso mit über 100% Auslastung und dem phasenweisen Angebot eines 10. Platzes mehr als gefordert.

Die Hilfe erreicht alleinstehende Frauen und Mütter im Kreis Unna, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind oder noch übergangsweise in der Übernachtungsstelle auf der Suche nach einer neuen Mietwohnung untergebracht sind. „Drohender oder bereits erlebter Wohnungsverlust kommt oft zu den bereits bestehenden Problemlagen wie beispielsweise der Sicherung des Lebensunterhalts, gesundheitlichen Einschränkungen und fehlenden beruflichen Perspektiven dazu,“ beschreibt Anja Wolsza die Lebenslagen der Frauen. „Es besteht eine hohe Motivation, die Lebensumstände in aktiver Zusammenarbeit zu verbessern, doch ohne Wohnung fehlt die Grundlage.“

Das zweite Projektjahr der Straßensozialarbeit, genannt „LOTSE“ in Kooperation mit Caritasverband und Diakonie, war den regulären Wohnhilfen des Frauenforums eine große, präventive Unterstützung. Anja Wolsza: „Die beiden Streetworkerinnen konnten 124 Frauen in die jeweils für sie geeignete soziale Hilfe im kreisweiten psychosozialen Netzwerk begleiten, darunter waren 25 Mütter mit 29 minderjährigen Kindern, weitere 14 junge Erwachsene zwischen 17 und 21 Jahren. Hier bildet sich auch im Kreis Unna der bundesweite Trend einer steigenden Zahl junger Menschen ab, die in Wohnungslosigkeit abrutscht, deren Weg in eine gute persönliche Zukunft dadurch wesentlich Schaden nimmt“.

Seit einem knappen Jahr haben die Bewohnerinnen des Frauenhauses zusätzliche Unterstützung durch eine Sozialarbeiterin im Rahmen einer zweijährigen Landesförderung im sog. Second-Stage-Modellprojekt „Zukunftsperspektive gewaltfrei Wohnen – Frauenhaus PLUS“. „Die Frauen erfahren Hilfestellung bei der Suche nach angemessenem Wohnraum, sie werden in der Umzugs- und Auszugsphase begleitet sowie über einen Zeitraum von 6-9 Monaten auch in den eigenen vier Wänden noch weiter unterstützt,“ erläutert Christina Schulz. „Als Frauenhaus mit regulärem Personalschlüssel, konfrontiert mit einem sehr engen Wohnungsmarkt bei gleichzeitig gewachsenem Bedarf auch anderer Zielgruppen, konnten wir diese Aufgabe nicht so wie notwendig leisten. Jetzt kann eine Mitarbeiterin sich mit den Frauen ausschließlich und gezielt um die Akquise passender Wohnungen kümmern, so mehr Frauen schneller, aber auch langfristig stabiler in eigenen Wohnraum begleiten.
Wir sehen erste Erfolge - seit Projektbeginn konnten fünf Frauen mit insgesamt sechs Kindern erfolgreich auf ihrem Weg in die eigene Wohnung begleitet werden.“
Solche Projektförderungen bieten Chancen, bedeuten neben Entlastung aber auch immer zusätzlichen Aufwand für den gewohnten Normalbetrieb. Sie sind immer befristet, laufen oft mit Abschluss des Förderzeitraums ohne Anschlussperspektive aus und sind keine Dauerlösung des grundsätzlichen Mangels an Mietwohnungen. „Deshalb freue ich mich, dass das Frauenforum als Mitgliedsorganisation des PARITÄTischen Landesverbandes unsere bundesweite Kampagne „Mensch, Du hast Recht!“ aktiv unterstützen will,“ freut sich Dorothée Schackmann, Geschäftsführerin der PARITÄTischen Kreisgruppe Unna. „Am 10. Dezember 2018 können wir den 70. Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen begehen. Wohnen ist ein Menschenrecht - auch für die Bewohnerinnen des Frauenforums muss ihr Menschenrecht auf angemessenes, also bezahlbares und menschenwürdiges Wohnen realisiert werden können.“

Autor:

Gudrun Körber aus Schwerte

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