Brotmarken erinnern an harte Zeiten

Museumsleiter Karl-Heinz Both mit einer Milchbrotmünze, die in der Inflationszeit an die Bergleute in Massen ausgegeben wurde.
  • Museumsleiter Karl-Heinz Both mit einer Milchbrotmünze, die in der Inflationszeit an die Bergleute in Massen ausgegeben wurde.
  • hochgeladen von Silke Dehnert

Mit einer Sonderöffnung des Bergbaumuseums zum Weihnachtsmarkt in Unna-Massen (3. bis 5. Dezember) führt Museumsleiter Karl-Heinz Both interessierte Bürger in die Massener Bergbaugeschichte ein. Im Keller des Bürgeramtes Massen wurde gar ein kleiner Stollen nachgebildet.
Von der alten Zechenanlage, die 1925 stillgelegt wurde, ist heute nichts mehr zu sehen. Alle ehemaligen Gebäude sind inzwischen abgerissen worden. Bilder, Modelle und zahlreiche Exponate erinnern im Bergbaumuseum im Bürgeramt Unna-Massen allerdings an die Geschichte der Massener Bergleute. Wie groß die Not der Bergleute in den 1920er Jahren war, beschreibt ein Text von Horst Weckelmann (Auszüge):
„In der Inflationszeit 1922/23 gab es für die Bergleute große Not. Das Geld wurde ständig wertloser. Der Hauerdurchschnittslohn betrug im November 1923 5.132.600.000 Mark pro Schicht. Mit dem Lohn, der am Montag gezahlt wurde, konnten Bergleute am Freitag in der Woche kein Brot mehr kaufen. Anstelle von Lohn gab es auf der Zeche `Massener Tiefbau´ bald Brotmarken, damit die Bergleute wenigstens das tägliche Brot kaufen konnten. Es wurden auch Milchscheine als Lohn ausgegeben. In der Buderussiedlung („Korsika“ genannt) in Massen-Nord fanden Bergleute in den späteren Jahren bei der Gartengestaltung noch Brotmarken aus der Inflationszeit. Höhepunkt der Inflation war Ende 1923 die Ausgabe von Banknotenscheinen von 100 Billionen Mark. Der Dollar stieg 1923 von 18.000 Mark auf 4,2 Billionen Mark. Und die Lohntarife konnten nicht so schnell angepasst werden, wie das Geld an Wert verlor. Sinkende Reallöhne verschlimmerten die Not der arbeitenden Menschen im Bergbau. Die Brotmarken, die anstelle von Lohn ausgegeben wurden, linderten die Not der Bergarbeiter und ihrer Familien. Trotz der unzureichenden Versorgung mit Bedarfsgütern des täglichen Lebens, hielten die Bergbaubeschäftigten zusammen und bildeten eine Schicksalsgemeinschaft. Gegenseitige Hilfe und Solidarität sowie Vertrauen in die knappschaftliche Kranken- und Rentenversicherungen waren ausgeprägt. Mit der Verbesserung der Lebensverhältnisse konnten die Brotmarken nicht mehr eingelöst werden.“
Heute haben die sogenannten Lebensmittelmarken und -münzen nur noch historischen Wert, erinnern aber an die harte Bergbaugeschichte. Die Mitglieder des Massener Geschichtskreises „Leben und arbeiten in Massen“ würden sich über weitere Brotmarken oder sonstige Exponate aus dem Bergbau freuen, da sie die Darstellung der Bergbaugeschichte in Unna-Massen bereichern. Das Bergbaumuseum im Bürgeramt Massen hat jeden ersten und letzten Samstag im Monat von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Für Schulklassen und kleine Gruppen führt Karl-Heinz Both (Tel. 02303/50041) auch außerhalb der Öffnungszeiten durch das Museum. Zum Massener Weihnachtsmarkt am 3., 4. und 5. Dezember gibt es eine Sonder­öffnung des Museums, dann zum letzten Mal in diesem Jahr. Nächster Termin ist der 26. Januar 2011.

Autor:

Silke Dehnert aus Fröndenberg/Ruhr

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