Berufseinstieg für Mütter mit Migrationshintergrund

Teilnehmerinnen des Programms „Stark im Beruf“ im BZ an der Ferdinandstraße berichteten von ihren Berufswünschen.
  • Teilnehmerinnen des Programms „Stark im Beruf“ im BZ an der Ferdinandstraße berichteten von ihren Berufswünschen.
  • hochgeladen von Nathalie Memmer

Das Bildungszentrum des Handels (BZ) besteht bereits seit 1973. Der Hauptsitz findet sich in Recklinghausen. In Bochum unterhält das BZ eine Schulungsstätte an der Ferdinandstraße. Längst kümmert es sich auch um Berufe im gewerblich-technischen Bereich. Seit Mai ist am Bochumer Sitz des Zentrums ein weiteres Projekt hinzugekommen. Unter dem Motto „Stark im Beruf“ sollen gezielt Mütter mit Migrationshintergrund beim Einstieg oder Wiedereinstieg in das Berufsleben unterstützt werden. Konkret sind das die Frauen, die selbst eingewandert sind, aber auch die, deren Eltern oder Großeltern einst nach Deutschland gekommen sind. Die Teilnehmerinnen kommen aus der Türkei, aus Syrien, Polen, Russland, Afrika – aus vielen Teilen der Welt also.
Christian Meier, Mitglied der Geschäftsleitung des BZ, erläutert: „In das Projekt fließen auch Bundesmittel. Durch die Kofinanzierung des Jobcenters erhalten viele Frauen Zugang zu der Maßnahme.“ Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine berechtigen zur Teilnahme.
Das „Netzwerk Einstieg mit Kind in Bochum“ setzt das Programm „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und vom Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert wird, vor Ort um. Neben BZ und Jobcenter sind auch die Bundesagentur für Arbeit in Bochum, die Stadt Bochum sowie das Kommunale Integrationszentrum beteiligt. Bundesweit gibt es 90 Netzwerke dieser Art.
Ursel Weber, Beauftragte für Chancengleichheit bei der Agentur für Arbeit Bochum, macht deutlich: „Das Angebot richtet sich durchaus auch an Frauen, deren Lebensunterhalt gesichert ist und die nicht arbeitssuchend gemeldet sind.“ – „Es geht auch um den Aufbau eigener Rentenansprüche“, macht Regina Czajka von der Bochumer Gleichstellungsstelle klar. Die Teilnahme am Programm ist grundsätzlich kostenlos. Dabei soll auch der Zugang zu ohnehin vorhandenen Angeboten der Arbeitsmarktintegration verbessert werden.
Seit Mai haben sich 61 Frauen gemeldet, die am Gruppentraining oder am Einzelcoaching teilgenommen haben. Antje Krüger vom BZ erläutert: „Manche Frauen kommen nur zwei- oder dreimal, um konkrete Fragen zu klären.“ – „Wer über längere Zeit Hilfe benötigt, wird betreut, solange ein entsprechender Bedarf besteht“, ergänzt Stefanie Malcherek vom Jobcenter.
Bisher haben sich Frauen zwischen 23 und 52 Jahren beim BZ gemeldet. Die Altersgruppe zwischen 30 und 35 Jahren ist am stärksten vertreten. Als Zielgruppe gelten vor allem auch Frauen mit erwachsenen Kindern. Bewilligt ist das Projekt bereits bis Ende 2018. Für die Gruppenangebote können zweimal im Jahr jeweils 15 Frauen aufgenommen werden. Voraussetzung ist, dass die Teilnehmerin in Bochum ansässig ist.
Angelika Paulsen, die die Frauen im BZ betreut, verweist auf die Bandbreite des ganzheitlichen Angebots: „Durch ergänzenden Unterricht wie Yoga und Rückenschule stärken wir die Ressourcen der Frauen. Auch Farb- und Stilberatung stehen auf dem Stundenplan.“ – „Zu uns kommen Frauen mit ganz unterschiedlichem Bildungsgrad“, verdeutlicht Caglar Kanar vom BZ, „von der Akademikerin bis zur Frau ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind alle vertreten.“
Die Anerkennung der im Heimatland erworbenen Schul- und Berufsabschlüsse ist dabei natürlich ein besonders wichtiges Thema. Berufsbezogene Maßnahmen wie „Deutsch plus“ sollen etwaige Defizite bei der sprachlichen Kompetenz ausgleichen.
„Das größte Vermittlungshemmnis“, so Ursel Weber von der Agentur für Arbeit, „ist das Fehlen einer Berufsausbildung.“ Ausbildungen und Umschulungen sind da in vielen Fällen unabdingbar. Antje Krüger verweist auf ein besonderes Problem: „Viele Frauen benötigen eine Teilzeit-Ausbildung, die aber nicht leicht zu finden ist.“ – Caglar Kanar macht deutlich: „Unter den Müttern mit Migrationshintergrund finden sich ebenfalls viele Alleinerziehende.“ Auch aus diesem Grund ist eine individuelle Betreuung so wichtig.
Dabei ist eine zunehmende Integration von Frauen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse, wie Ursel Weber erläutert: „Diese Frauen können zur wirtschaftlichen Gesundung Deutschlands beitragen.“ Der vielbeschworene Fachkräftemangel sollte auch durch die Integration von Müttern mit Migrationshintergrund behoben werden. Die sind nämlich derzeit noch deutlich seltener und in geringerem Umfang erwerbstätig als Mütter ohne Migrationshintergrund. Es ist jedoch bekannt, dass viele von ihnen motiviert und qualifiziert sind. Allein die Mehrsprachigkeit ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil.
Kanar sieht bereits Erfolge der Maßnahmen: „Frauen erlangen ein ganz neues Selbstbewusstsein.“ Die interkulturelle Kompetenz der Dozenten sei dabei ein wichtiger Faktor.
Die Berufswünsche der Frauen sind vielfältig: Erzieherin, Altenpflegerin, medizinische Fachangestellte, Verkäuferin, Küchenhelferin, Schneiderin, Bürokauffrau. Neben der berufsspezifischen Vorbereitung stehen soziale Kompetenzen ganz oben auf der Agenda des Projekts „Stark im Beruf“. Christian Meier führt aus: „Die Teilnehmerinnen erlernen beispielsweise auch, ein Haushaltsbuch zu führen.“
Ziel ist es dabei auch, durch den Berufseinstieg der Frauen die gesellschaftliche Integration der Familien voranzubringen – nicht zuletzt im Interesse der Kinder.

Kontakt
 Auf der Homepage www.starkimberuf.de finden sich viele Informationen für alle Interessierten.
 Ansprechpartnerin beim Bildungszentrum des Handels, Ferdinandstraße 17a, 44789 Bochum ist Antje Krüger. Sie ist unter Tel.: 973351 14 zu erreichen.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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