„Die andere Geschichte der Bundesliga" - Bücherkompass

Etwas ist faul im Land der Dichter und Denker.

Nichts, aber auch absolut ganz und gar nichts kommt auch nur in die erweiterte Umlaufbahn der Größenordnung der Aufmerksamkeit, die unser aller liebstem Spielzeug immer und regelmäßig wieder erfährt.

Der gute alte und immer wieder neu erfundene Fußball räumt Einschaltquoten und Schlagzeilen ab, als hätte er lebenserhaltende Funktionen.

Hat er wohl auch.

Während der jüngsten Weltmeisterschaft in Brasilien wurden zahlreiche Rekorde pulverisiert. Schlechterdings ist es unvorstellbar, dass irgendjemand die Spiele NICHT in jeder Sekunde zwischen Anstoß und der vierunddreißigsten Nachberichterstattung verfolgt haben könnte.
Niemand glaubte das.

Nachdem nun diese schöne Zeit der wahren Sommermärchen - WM so großartig geendet ist, rollt der Ball in sämtlichen Ligen wieder auf Hochtouren.

Beste Zeit, um die Erfahrungen nochmals zu zelebrieren.

Per Buch.

Und das ist das Problem.

Sportliteratur in Deutschland fristet ein ganz bescheidenes Schattendasein. Der Stellenwert in der Bücherlandschaft wie der allgemeinen Aufmerksamkeit entspricht etwa dem einer Randsportart wie der durchaus, übrigens absolut schätzenswerten, Rhythmischen Sportgymnastik.
Selbst überaus gutsortierte Bibliotheken verbuddeln die wenigen gedruckten Sportgeschichten, die gut verkäuflich sein könnten, in den hinteren Regalen oberster Geschosse.
Weit abseits von Reiseführern und Esoterikschwarten füllt sich ein popeliges Mini-Regal mit der Gesamtheit aller Sportliteratur.
Mehr oder weniger interessante Biographien und Chroniken machen rund 90 Prozent des Angebots aus. Die wahrhaft großen Geschichten bleiben unerzählt, werden vergessen, verfliegen im Wind des Vergessens.

Eine Schande.

Dieses große Loch versucht nun mal wieder der einsame Rufer: Autor Ronald Reng zu füllen.
Die Geschichte der Bundesliga erzählt er mit Hilfe eines ganz besonderen Zeitzeugen. Heinz Höher- wer kennt ihn nicht? - ist ein Gründungsmitglied. Er hat als Spieler in Duisburg die erste Stunde erlebt, viele Jahre noch gespielt und auch als Trainer war er lange aktiv.
Der gute Mann war zu Beginn der 60er Jahre ein weit überdurchschnittlicher Fußballer, bei der damals noch unterklassigen Werksmannschaft aus Leverkusen.
Vor dem ersten Spieltag wechselte er zu dem angehenden Deutschen Vizemeister MSV Duisburg, damals noch Meidericher SV genannt.

Nicht nur dort tat er sich schwer.
Repräsentativ für die Härte des Profigeschäfts erfährt der Leser, wie schnell auch ein guter Spieler seinen Platz im Team verlieren kann, ohne jegliches Verschulden allein im Sinne einer Taktik, und dem Erfolg der Mannschaft.
Dies mag dem Fan egal sein, den Betroffenen aber stellt das übliche Auf und Ab des Profigeschäfts oft vor arge Nöte.
Nach seinem Wechsel nach Bochum hatte Höher viele erfolgreiche Jahre als Profi, sowohl als Spieler wie auch als Trainer. Dabei blieb es stets spannend.
Höher hatte immer seine eigenen Ideen, führte sich als Sonderling auf, war wenig kommunikativ, ein Querkopf, der immer den Erfolg im Auge hatte, den er auch über seine eigenen Interessen stellte.

Die Chronik beleuchtet nicht nur den Fußballer Heinz Höher, sondern versucht nach Möglichkeit auch die Privatperson zu zeigen.
Wie geht man mit dem immer währenden Druck um, gewinnen zu müssen? Privatleben und Profitum passen nicht immer gut zusammen.
Dabei führen Autor und sein Zeuge zahlreiche Details auf, die seine Geschichte sehr lebensnah schildern.
Zusätzlich erfahren wir viel über den Verlauf der Ligageschichte. Finanzielle Hintergründe, den Umgang von Spielern und Funktionären mit dem großen Geschäft.
Hervorgehoben wir eine sehr ausführliche Darstellung des großen „Bundesligaskandals". Allgemeine bekannt, hat dieses bizarr-traurige Kapitel nie zuvor eine solch detaillierte Aufarbeitung erfahren.
Unglaublich, wie einige wenige Protagonisten damals mit dem großen Hobby verfahren sind, sich und den Sport für etliche tausend leicht verdiente DM verkauft haben.

Höher erlebte einige ganz außergewöhnliche Episoden des Profisports hautnah mit.
Den einzigen Spielerstreik der Ligageschichte, wenn auch in Liga 2, überstand er als Trainer nicht nur unbeschadet, sondern höchst erfolgreich.
In diesem einzigen Fall wurde in Zeiten des Misserfolges nicht der Trainer entlassen, sondern eine ganze Reihe erfahrener Stammspieler.
Die verbliebenen Spieler wurden mit der halben Jugendauswahl der Nürnberger verstärkt, die anschließend sensationell von Liga 2 bis in den Europacup stürmten, im Falle Stefan Reuters sogar bis zum WM-Titel.

In den wenigen Pausen zwischen Spieltagen, sowie in den Ligapausen sollte dieses Buch zur Pflichtlektüre eines(r) jeden Sportfreundes/-freundin zählen.

Viel Spaß damit!

- mit freundlicher Unterstützung des Bücherkompass'

Autor:

Peter Neppl aus Duisburg

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