DER „MACHO“

„So sah ich einmal aus…, “ sagte er stolz und zeigte mir ein Foto. Ein schmalbrüstiger, junger Mann sah mich aus dunklen Augenhöhlen an. Karl-Heinz war ein harmloser Typ. Er redete wenig und das, was er sagte, war vorhersehbar. Aber er spielte den Macho, als hätte er Hörner und behufte Füße.
Natürlich sah er die Frauen verächtlich an und gerade das fanden sie unwiderstehlich, wie er glaubte.
So konnte Karl-Heinz an keinem Spiegel vorbeigehen, ohne sich selbstgefällig zu betrachten. In diesen Augenblicken war er immer mit seinem Blick allein.
Dabei war Karl-Heinz ein Verlierer, den in beruflicher Hinsicht keiner brauchte. Vielleicht verbrachte er deswegen seine Zeit im Fitness-Studio. Hier konnte er seine Muskulatur kraftvoll veredeln. So passte er inzwischen vermutlich in jede Uniform. Aber an einen Anzug hätte er sich gewöhnen müssen.
Immerhin, Karl-Heinz trainierte jeden Tag im „Studio“ bis der Schweiß auf seiner Haut stand. Dann glitzerte er wie ein zeugungsfähiger Käfer. Ich glaube, er wäre am liebsten nackt herumgelaufen.
Wenn er dann abends aber seine Sporttasche packte, war sein T-shirt immer zu klein und seine Bizeps drohten die engen Ärmel zu sprengen. Dann lächelte Karl-Heinz über sein Solarium gebräuntes Gesicht, als würde er von innen beleuchtet. So zufrieden, wie er aussah, war er kein Mann, der freiwillig auf seine Reproduktion verzichtet hätte.

Autor:

Dr. Mathias Knoll aus Arnsberg

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