Niemand flieht freiwillig!
Lebhafte Demonstration in der Dortmunder Nordstadt

Eröffnung Auftaktkundgebung  | Foto: privat: Ulrich Achenbach Bochum
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Am 08.08.22 erschoss die Polizei den 16jährigen Flüchtling Mouhamed. Ein Aufschrei der Empörung ging damals durch die Medien.

Der Freundeskreis Flüchtlingssolidarität in der Organsaition Solidarität International und der Freundeskreis Mouhamed riefen zu einer Demonstration gegen die reaktionäre Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik und die neuen Polizeigesetze auf.

Zum Auftakt sprachen Alassa Mfouapon, Bundessprecher des Freundeskreises Flüchtlingssolidarität, und Rezan Tay, Sprecher des Freundeskreises Mouhamed, der selbst in der Dortmunder Nordstadt lebt.

Es begann bereits  mit ca.120 Menschen am 8. August, dem Tag der Ermordung Mouhameds mit einer rührenden Gedenkfeier. Die Demonstrierenden der Dortmunder Gruppe „Freundeskreis Mouhamed“ organisierten wenige Tage später, am 12.8.23, bewusst eine basisnahe Dortmunder Demonstration durch die Nordstadt - dem Ort der Erschießung Mouhameds.  Die gestrige Protestaktion war ein voller Erfolg, es beteiligten sich erneut weit über 100 Menschen an dem Demonstrationszug. Auch viele Anwohner waren voll dabei: als Demonstrierende, an den Fenstern – mit Zurufen, Spenden und „Daumen hoch“. Ein Vertrauensmann aus einem Betrieb in der Nordstadt überbrachte die engagierte Botschaft, wie gerne die Belegschaft Mouhamed als Kollegen begrüßt hätte. Bei der Zwischenkundgebung wurden Hunderte erreicht.

Die Demonstrierenden forderten die vollständige Aufklärung des Falls und die Verurteilung der Verantwortlichen für den Tod Mouhameds in Politik und Polizei. Besonders protestierten sie gegen die Verschleppung des Prozesses gegen die bereits angeklagten verantwortlichen Polizisten bzw. deren Auftraggeber (Das Verfahren soll lt. Medien erst Ende des Jahres beginnen). Ein Alleinstellungsmerkmal der Demo war,  die gesellschaftlichen Hintergründe für den Tod Mouhamed aufzudecken und zu bekämpfen. In vielen Reden auf der Kundgebung oder am offenen Mikrofon während der Demonstration, wurden so der Zusammenhang zur reaktionären Flüchtlingspolitik von Bundesregierung und bürgerlichen Parteien, der EU und die faschistoide Hetze der AfD aufgedeckt. Ihnen wurde der entschlossene Kampf angesagt. Die Demoroute führte an der berüchtigten Steinwache in Dortmund vorbei. Dort wurden im Hitlerfaschismus tausende Menschen gefoltert, viele Hundert starben. Auffällig auf der gesamten Demoroute war der massive Polizeieinsatz, dagegen protestierten auch die Demoteilnehmer.

Auch ließen sich die Demonstranten durch einen Starkregen während der Zwischenkundgebung nicht vertreiben. Die engagierten Reden wurden - unter Regenschirmen - fortgesetzt. Unter den Rednerinnen und Rednern waren viele Flüchtlinge, die hier selbst zu Wort kamen. Ein Vertreter der kurdischen Organiation Atik empörte sich über die Lieferung von deutschen Waffen wie z.B. Panzer an die Türkei. "Mit diesen Waffen werden Kurden vom türkischen Regime Erdogans bekämpft. Die Waffen wurden auch an die IS geliefert", prangerte er an.

In diesem Zusammenhang wurde das geplante EU-Flüchtlingsabkommen in Tunesien heftig angegriffen. "Die Flüchtlinge sollen an der Flucht in die EU gehindert werden, in dem sog. "Auffangläger" = Konzentrationläger in Tunesien errichtet werden sollen. Diese sind aus Libyen hinreichend bekannt, wo Folter und Vergewaltigung sowie Sklavenhandel an der Tagesordnung sind", hieß es weiter.

Der Leitsatz 'Niemand flieht freiwillig aus seiner Heimat - Fluchtursachen anstelle von Flüchtlingen bekämpfen' begleitete die gesamte Demo.

Nach der Abschlusskundgebung gab es noch ein Konzert von verschiedenen Migrantenorganisationen, u.a. trat ein Flüchtling aus Sudan auf, der einen eindrucksvollen RAP hinlegte. Als Zeichen des internationalen Zusammenhalts trafen sich viele Leute bei bester Stimmung zu verschiedenen Volkstänzen. Viele spendeten auch, um der verzweifelten Mutter des getöteten Mouhamed die Einreise von Senegal nach Deutschland zu ermöglichen bzw. zu finanzieren.

Zeitgleich fand in Dortmund eine weitere Demonstration „Es gibt 1000 Mouhameds“ statt, zu der bundesweit aufgerufen worden war. Laut Polizei hatte sie 700 Teilnehmer – eine drastische Verringerung gegenüber dem letzten Mal mit Tausenden Teilnehmern.  In ihrem Aufruf wurde zwar die Polizeigewalt angegriffen, jedoch fehlte der flüchtlingspolitische Zusammenhang oder die Kritik an Regierung und EU. In ihren Regeln betreiben die Organisatoren dieser Demo eine Politik, die eine Diskussion über ein anderes Gesellschaftssystem als den Kapitalismus ausschließt.

Selbstbewusst hoben demgegenüber verschiedene Rednerinnen und Redner der Nordstadt-Demo die Prinzipien der Überparteilichkeit und Selbständigkeit hervor.

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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