Borgholzhausen
Linien-PKW`s zum ÖPNV-Tarif

In vielen ländlichen Regionen in NRW (und nicht nur hier) ist der öffentliche Personen-Nahverkehr noch vorsintflutlich und entspricht in keiner Weise einem fortschrittlichen und alternativen öffentlichen Nahverkehr im Gegensatz zum privaten PKW. Vororte von Klein- oder Mittelstädten werden bereits am Nachmittag nicht mehr durch Busse angefahren. In Brilon verkehren z.B. keine Busse mehr nach 17.00 Uhr, und das werktags!

Um so erfreuter war ich, als ich durch eine Nachrichtensendung vom Projekt in Borgholzhausen (Kreis Gütersloh) erfuhr. Dazu zitiere ich die Meldung über ein Prinzip des Carsharing zum Preis eines Nahverkehrsticket (Quelle: https://www.urbanland-owl.de/projekte/linien-e-carsharing-borgholzhausen)

Das Prinzip Carsharing zum Preis eines Nahverkehrstickets.

Neue vernetzte Mobilität heißt, dass auch Dörfer und einzelne Siedlungen gut erreichbar sind. Um die Lücke zwischen dem Bahnhof und der eigenen Haustür zu schließen, werden zukunftsweisende Angebote wie das REGIONALE-Projekt Linien-E-Carsharing Borgholzhausen gebraucht. Das Konzept ist bisher einzigartig in Deutschland: Auf definierten Linien werden kleinere Siedlungen der Flächenkommune Borgholzhausen mit Elektro-Fahrzeugen an den vorhandenen ÖPNV angebunden. Man fährt selbst und kann andere mitnehmen – für Besitzerinnen und Besitzer eines Nahverkehrstickets kostenlos.

Die Sicherstellung der Erreichbarkeit ist im ländlichen Raum ein wichtiges Zukunftsthema. Für die vernetzte Mobilität werden Lösungen gesucht, die die Möglichkeiten der Digitalisierung für neue Angebotstypen nutzen. Dabei wird in OWL mit unterschiedlichen Modellen der sogenannten on-demand-Verkehre experimentiert – also individualisierter Öffentlicher Nahverkehr, der flexibel und nach Bedarf funktioniert. In Borgholzhausen wird eine einzigartige Idee erprobt.

Überall dort, wo in Borgholzhausen eine Erschließung durch den vorhandenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht möglich ist, wird das Linien-E-Carsharing in die Konditionen eines ÖPNV-Tickets inkludiert und ergänzt den ÖPNV-Fahrplan. Dafür werden „Linien“ definiert, deren Anfangs- oder Endpunkt die Mobilstation am Bahnhof Borgholzhausen ist. Dort erfolgt die Anbindung an regionale Bus- und Bahnangebote. Der andere Zielpunkt kann dann entweder in der eigenen Siedlung oder in Gewerbegebieten im Außenbereich liegen.

Das Angebot steht den Nutzenden prinzipiell rund um die Uhr zur Verfügung. Fahrten können im Voraus gebucht werden. Mitfahrende können buchen, sobald eine Fahrerin/ ein Fahrer eine Fahrt angemeldet hat. Weicht man von der Linie ab und fährt weitere Wunschziele an, dann erkennt das digitale System dies automatisch und ein attraktiver Carsharing-Tarif wird verrechnet.

Digitalisierung spielt insgesamt eine große Rolle. Die Auskunft, Buchung und Abrechnung erfolgt per App und die Autorisierung zur Benutzung der Fahrzeuge mit dem digitalen Handy-Ticket. Telematik erfasst, ob sich das Fahrzeug auf der Linie befindet und wo es abgestellt bzw. in nächster Zeit wieder benötigt wird. Darüber wird auch die Flottenlogistik gesteuert. Fahrsituations- und Umgebungsdaten werden erfasst und bilden eine Vorstufe zum autonomen Fahren.

Auch in den Großstädten liegt im ÖPNV noch vieles im Argen. Besonders zur Abend- und Nachtzeit und an Wochenenden und Feiertagen ist die Taktfolge der öffentlichen Verkehrsmittel besonders zu den Vororten und umliegenden kleineren Gemeinden immer noch unzureichend, obwohl es auf Hauptstrecken einige Verbesserungen gegeben hat. Das Projekt in Borgholzhausen ist zu begrüßen und sollte Schule machen. Kritisch ist allerdings die Anmeldung der entsprechenden Fahrt über digitale Medien.  Nicht jeder verfügt über ein Smartphone oder eine entsprechende App, besonders ältere Leute, die auf den Dörfern in der Mehrheit sind. Hier sollten die regulären Haltestellen der Busse für die PKW`S genutzt werden bzw. die Anmeldung einer Fahrt müsste direkt per öffentlichem Telefon an der Haltestelle möglich sein.

Wenn diese "Linien-PKW`S" demnächst mit Wasserstoff betrieben werden, wäre das eine echte umweltfreundliche Mobilität.

Im Ruhrgebiet könnten z.B. die Taxiunternehmen für das Borgholzhausener Projekt beworben werden. Mit Ausnahme der zahlreichen Krankenfahrten werden Taxis wegen der hohen Fahrpreise kaum noch genutzt. Zwar gibt es begrenzt ein sog. Angebot des Anruf-Sammel-Taxis, den Fahrgästen entstehen jedoch Mehrkosten zu ihrem ÖPNV-Ticket, die Taxis müssen bereits 30 Minuten im voraus bestellt werden und verkehren auch nur in großen Zeitabständen und nicht in der Nacht.

Vielmehr müsste bei Umsetzung des Borgholzhausener Projekts die Differenz zwischen den regulären Taxi-Tarifen (auf den vorgesehenen Strecken) und dem ÖPNV von den Verkehrsverbünden voll getragen werden!

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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