Personalchaos in Kinderkliniken
Ursache Profitwirtschaft der Krankenhäuser

Deutschland sollte sich schämen, als eines der reichsten Länder der Welt einen Behandlungsnotstand in Kinderkliniken zu haben! Grund dafür ist die profitorientierte Politik in Krankenhäusern. Dazu las ich einen interessanten Leserbrief (Quelle: rf-news.de). Diese Person war selbst in einer Kinderklinik tätig.

Wenn Karl Lauterbach jetzt eine Revolution im Gesundheitswesen ankündigt und sagt: „Ein System, das Gewinne macht, indem bei den Kindern gespart wird, ist ein krankes System" dann redet er sich um Kopf und Kragen. Warum hat er denn mitgewirkt bei der Einführung der Bezahlung der Krankenhäuser mit Fallpauschalen? Doch nur, um die Profitmaximierung auf die Spitze zu treiben und immer haarsträubendere Widersprüche zu erzeugen.

Als die Fallpauschalen in der Kinderklinik, in der ich arbeitete, eingeführt werden sollten, sagte der Geschäftsführer: „Jetzt hängt Wohl Wehe der Klinik von der Diagnosestellung ab" und die Chefärztin sagte: In Zukunft gehen die Patienten kränker aus dem Krankenhaus heraus, als sie reingegangen sind. Warum? Weil um so mehr Geld aus der Behandlung eines Patienten herausspringt, je mehr Diagnosen gestellt werden. Da muss man schon aufpassen, dass nicht mehr wegoperiert wird als nötig. Selbst der oberste Chirurg des Chirurgenverbandes sagt, dass Operationen nicht nach medizinischen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden.

Es gibt viele manuelle Behandlungsmethoden, durch die Operationen vermieden werden können. Motiviert wurde die Einführung der Fallpauschalen als leistungsgerechtere Vergütung der Behandlung. Tatsächlich werden Leistungen, bei denen Medizintechnik oder Pharmazie eingesetzt wird, viel höher bewertet als die Arbeitsleistung von Pflegepersonal und von Therapeuten. Deswegen steht ein riesiger Aufwand an Medizintechnik und Medikamenten einem Mangel an Personal gegenüber. Das erklärt die explodierenden Kosten im Gesundheitswesen. Ein Schelm, wer dabei Böses über die Medizintechnik- die Pharmamonopole und Herrn Lauterbach denkt.

 Jetzt fordert Lauterbach die Verteilung des Mangels, wenn er vorschlägt, Personal von Erwachsenenstationen auf Kinderkliniken zu verlegen. Man muss auch über das Profitsystem hinausdenken bei seinem Vorschlag, für Kinderkliniken mehr Geld für die Vorhaltung von Personalreserven bereitzustellen. Bei der vom Profiprinzip geforderten hohen Auslastung der Betten gibt es im Kapitalismus keine Lösung für eine zumutbare Belastung des Personals und ausreichende Versorgung der Patienten bei Krankheitswellen.

 Als ich mit anderen 1976 im Sommer in Albanien eine Kinderklinik besuchte, bekamen wir keine Kinder zu sehen. Auf die Frage, wo diese seien, wurde uns erklärt, dass im Sommer, wenn wenig Kinder krank sind, sich das Klinikpersonal auf die Vorbeugung von Krankheiten konzentriert, dass es herausgeht und die Leute aufklärt, wie sie Krankheiten vermeiden können. So steht eine Reserve an Betten und Personal zur Verfügung, wenn eine Krankheitswelle kommt. Andererseits kann einer Häufung von Krankheiten durch Vorbeugung begegnet werden. Das war ein revolutionäres, an den Bedürfnissen der Menschen orientiertes Gesundheitssystem.

Nicht nur die Gewerkschaften müssen um bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen kämpfen, es sind auch die Patienten und Angehörigen gefragt, vor allen Dingen bei Unterstützung von Streiks des Krankenhauspersonals, eine Notversorgung ist immer gegeben.

Auch andere Branchen wie z.B. die Müllabfuhr sollten sich mit den Streikenden im Gesundheitswesen solidarisieren. Um Druck zu machen, könnte z.B. die Müllabfuhr für einige Zeit eingestellt werden. Die dadurch entstehenden Nachteile der Beschäftigten könnten durch Streikgelder der Gewerkschaft gemildert werden. Da überall Personalmangel herrscht, brauchten die Müllwerker auch nicht um ihren Arbeitsplatz zu fürchten.

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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