Wenn es unterm Weihnachtsbaum kracht

Plätzchenduft und Kerzenschein, Reibereien und Familienstreit. Und dennoch ist die Gefahr für soziale Spannungen, Streit und Enttäuschung im ganzen Jahr zu Weihnachten am höchsten.

Von Silvia Dammer

Was Psychologen in verschiedenen Studien untersucht und herausgefunden haben, kann Olaf Maletzki, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut aus Castop-Rauxel bestätigen.
Neben dem selbstgemachten Stress zur Vorbereitung der Weihnachtsfeiertage sieht Maletzki das Problem noch in einem anderen Phänomen begründet. „Die Menschen haben die seltsame Eigenart, Probleme anzuhäufen und zu verdrängen. Am Ende kollabiert das Ganze.“ Da helfe es, die Schwierigkeiten schon vorher in kleinen Päckchen abzuarbeiten, in der Weihnachtsvorbereitung zum Beispiel Aufgaben zu teilen.

Was für Kinder wichtig ist

Oft komme es zum Fest zwischen Eltern und Kindern zum Streit, weil die Erwachsenen ihre Konflikte auf dem Rücken der Kinder austragen würden. „Die Eltern sollten sich lieber auf das konzentrieren, was für ihre Kinder wichtig ist“, rät der Psychotherapeut. Das seien nicht die Überfürsorge, mit der die Kinder an den Feiertagen überfrachtet werden, oder die zahllosen und immer größeren Geschenke. „Kinder brauchen tatsächlich Zeit, die sie mit ihren Eltern verbringen können. Da reicht schon eine halbe Stunde, in der sie das Gefühl bekommen, die Eltern ganz für sich zu haben“, so Maletzki.
Ideen für gemeinsame Zeit gebe es genug. Auch ein gemeinsam geschauter Film ist ein Geschenk. Besser sei es jedoch, mit den Kindern zu spielen, ihnen vorzulesen oder draußen zu toben. Oder auf dem Weihnachtswunschzettel zu erspüren, welches Geschenk sich das Kind wirklich wünscht.

Erwartungen contra Bedürfnisse

Die Diskrepanz zwischen den Erwartungen des einen und den Bedürfnissen des anderen ist laut psychologischer Studien an den Weihnachtsfeiertagen oft auch Auslöser von Streitigkeiten unter Erwachsenen. Da lädt man aus Pflichtgefühl viele Angehörige ein oder Leute, die man eigentlich nicht gut leiden kann. Sie werden überhäuft mit Freundlichkeit und gutem Essen, und man nutzt das Zusammensein, um plötzlich viel von dem Gegenüber zu erfahren.
Auch Alkohol fördert bekanntlich die Streitbereitschaft, indem er die Zunge lockert. Wie schnell liegen die Nerven blank, wenn einer über den nicht perfekten Weihnachtsbaum lästert, spaßeshalber den Geschmack der Weihnachtsgans kritisiert oder nicht mal die selbstgebackenen Weihnachtsplätzchen probiert. Und das, obwohl sich die Bäckerin so viel Mühe gegeben und alles so liebevoll verziert hat!

Gesunde Gelassenheit

Für ein wirklich harmonisches Fest empfehlen Psychologen Folgendes: So sollte man ruhig mal aus Traditionen ausbrechen, aus dem klassischen Weihnachtsessen zum Beispiel ein Büffet machen, für das jeder Gast etwas mitbringt.
Jedem Familienmitglied seine Freiräume zu lassen und sich nicht zu viele Gäste auf einmal einzuladen, schafft ebenfalls die ersehnte ruhige Atmosphäre. Grundsatzdiskussionen sollte man lieber auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Und ganz wichtig: Eine gesunde Gelassenheit ist den verklärten, werbe-weich-verwaschenen Vorstellungen vom Weihnachtsfest stets vorzuziehen.
Ein probates Rezept, seine private Strategie gegen den Krach unterm Weihnachtsbaum, steuert Psychotherapeut Olaf Maletzki noch bei: „Nehmen Sie sich Ihren Hund und gehen ausgiebig spazieren. Das macht den Kopf frei und der Ärger verfliegt.“

Autor:

Silvia Dammer aus Hagen

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