Eine halbe Plockwurst für Willy Brandt

Die Berichte über den Besuch Willy Brandts hat Roswitha Nienierza verwahrt. Foto: Thiele | Foto: Thiele
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„Er war bei mir im Laden!“, erzählt Roswitha Nienierza. Über 40 Jahre hat die frühere Filialleiterin des Weleg-Konsums an der Bahnhofstraße gar nicht mehr an ihre Begegnung mit Willy Brandt gedacht, aber die vielen Medienberichte zu seinem 100. Geburtstag brachten die Erinnerung an einen aufregenden Tag im Jahr 1965 zurück.

Am 2. September machte der damalige Regierende Bürgermeister Berlins auf seiner Wahlkampftour auch in Castrop-Rauxel Station, „und kam ganz überraschend in unser Geschäft“, erinnert sich Roswitha Nienierza, die damals 22 Jahre alt war. „Wir waren alle so aufgeregt.“
Erst betraten etwa vier dunkel angezogene Herren den Laden direkt in Bahnhofsnähe, dahinter Willy Brandt. „Sie sind gleich in die Gemüseecke gegangen und haben ganz viele Apfelsinen genommen“, sagt Nienierza. Letztlich füllten der prominente Besuch und seine Begleitpersonen zwei Einkaufskörbe. „Ich erinnere mich, dass hinten im Laden eine riesige Plockwurst hing, die sonst nie jemand gekauft hat. Aber Willy Brandt hat eine halbe genommen“, so die damalige Filialleiterin.
„Wir haben gefragt, wofür denn so viele Nahrungsmittel gebraucht würden, und es hieß, dass sie für ein Castrop-Rauxeler Altenheim bestimmt seien.“ Der Lehrjunge half dann mit, die Waren zu Willy Brandts Sonderzug am Bahnhof zu tragen.
Roswitha Nienierza glaubt, den Grund zu kennen, warum der Bundeskanzlerkandidat bei seinem Besuch ausgerechnet das Geschäft an der Bahnhofstraße auswählte: „Wir waren ein ganz moderner Selbstbedienungsladen, der einzige in Castrop-Rauxel. Er war ein Vorzeigeprojekt der Weleg.“
Später kam eine der Begleitpersonen noch einmal wieder und brachte Autogrammfotos von Willy Brandt vorbei. „Die haben wir im Büro aufgehängt und mit nach Hause genommen“, erinnert sich Nienierza. Die Berichte, die am Tag darauf in der Zeitung erschienen, hat sie bis heute verwahrt.
„Natürlich wusste ich damals, wer Willy Brandt war“, blickt Roswitha Nienierza zurück, aber so richtig begriffen, welche politische Persönlichkeit ihr da begegnet sei, habe sie erst später, als er Bundeskanzler wurde.

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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