„Man stößt schnell an seine Grenzen": Vorsitzende des Aktionskreises Behinderter im Interview

Regelmäßig treffen sich die Mitglieder des „Aktionskreises Behinderter und ihrer Freunde“ und machen gemeinsame Ausflüge. Foto: Archiv
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Wie integriert man behinderte Kinder in den Unterricht an Regelschulen? Sind die Schulen in Castrop-Rauxel für den ab Sommer gültigen Rechtsanspruch auf inklusive Beschulung gerüstet? Wo liegen die Vor- und Nachteile des gemeinsamen Unterrichts? In den vergangenen Wochen haben wir uns ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Doch Inklusion beschränkt sich nicht auf den Bereich Schule, weiß Sabine Maslowa, erste Vorsitzende des „Aktionskreises Behinderter und ihrer Freunde“. Sie fragt: „Wer kümmert sich eigentlich um die erwachsenen Behinderten?“


Stadtanzeiger: Frau Maslowa, wie stehen Sie zum Thema Inklusion an Schulen? Glauben Sie, dass es gelingen kann und wenn ja, wie?

Sabine Maslowa: Ich bin da eher skeptisch. So schlimm es klingt, aber durch unseren Verein erlebe ich, dass Behinderte oft lieber unter sich sind und sich so wohler fühlen. Kinder können sehr gemein sein, und die Behinderten sind nun einmal immer die Schwächsten in der Reihe. Ich muss aber dazu sagen, dass ich eigentlich nur mit schwierigeren Fällen zu tun habe. Es gibt ja zum Beispiel Down-Syndrom-Patienten, denen man ihre Behinderung kaum anmerkt, aber solche Fälle kenne ich persönlich nicht. Bei weniger gravierenden Fällen und bei körperlich Behinderten kann gemeinsamer Unterricht eine Chance sein. Es ist sicherlich eine gute Möglichkeit, Barrieren in den Köpfen gar nicht erst entstehen zu lassen.

Stadtanzeiger: Das Thema Inklusion wird zurzeit sehr breit diskutiert. Wo sehen Sie – außerhalb des Bereiches Schule – Diskussionsbedarf?

Sabine Maslowa: Ich sehe es als ein Problem, dass eigentlich immer nur darüber geredet wird, was man für behinderte Kinder und Jugendliche tun kann. Über die Erwachsenen wird kaum gesprochen. Es fehlen zum Beispiel Angebote für die Altersbetreuung. Darüber sollte man diskutieren.

Stadtanzeiger: Wie sieht es in Castrop-Rauxel eigentlich in puncto Barrierefreiheit aus? Wo liegen die größten Schwachstellen? Wo gibt es dringenden Verbesserungsbedarf?

Sabine Maslowa: Probleme mit der Barrierefreiheit gibt es eigentlich überall, und ich kann jedem Nicht-Behinderten nur raten, sich mal in einen Rollstuhl zu setzen und es selbst auszuprobieren. Man stößt schnell an seine Grenzen. Kopfsteinpflaster ist ein ganz großes Übel, und fast überall fehlen behindertengerechte Toiletten. Ich selbst wohne in Habinghorst und wundere mich immer wieder, dass es auf der Lange Straße keine Toilette für Behinderte gibt. Dort wird doch sonst so viel über Inklusion geredet. Schwierig wird es auch, wenn man mit einem Rollstuhlfahrer Essen gehen möchte. An den Eingängen gibt es oft Stufen, die Gänge sind zu eng und die entsprechenden Toiletten fehlen. Ich verstehe nicht, dass von den Inhabern so wenig gemacht wird. Es würde doch sicherlich mehr Kunden in ein Restaurant bringen.

Autor:

Verena Wengorz aus Castrop-Rauxel

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