Was macht eine wahre Freundschaft aus ?

Hallo zusammen,

ich hab zurzeit einfach nur noch schlaflose Nächte! Meine beste Freundin, die ich schon über 50 Jahre kenne, die mir immer sehr viel bedeutete, meldet sich nicht mehr bei mir bzw. bei uns.

Ich kenne meine beste Freundin (falls sie das überhaupt noch ist) seit über 50 Jahren. Wir sind beide 62, haben uns damals in der Schule kennengelernt, haben in der Lehre zusammen Fortbildungen bei der IHK gemacht und sind lange Zeit zusammen durch dick und dünn gegangen. Ich bin ihre einzige Freundin gewesen, und wir waren die letzten Jahre immer füreinander da, und mein Mann und ich standen ihr und ihrem Mann auch immer zur Seite, haben geholfen wo es ging, und wir haben uns immer wunderbar verstanden. Klar gab es auch mal bei uns vieren kleine Meinungsverschiedenheiten und es wurde auch Kritik ausgesprochen, aber eine gute Freundschaft sollte das doch aushalten.

Als ich dann letztes Jahr sehr krank wurde und noch eine schwere OP hinter mich bringen musste, zeigte sich dann das „wahre Gesicht“. Sie meldet sich kaum noch bei uns und hat nur ständig neue Ausreden parat, wenn man sich verabreden wollte.
Ich habe auch drüber nachgedacht, einfach mal den Kontakt von meiner Seite "einzustellen" und ihr die Zeit zu geben, über ihr Fehlverhalten mal nachzudenken, bevor ich sie damit konfrontiere. Aber ich weiß nicht, ob diese Freundschaft dann wirklich noch bestehen bleiben kann, denn meine Freundin kann mit Kritik nicht gut umgehen und ist auch sehr schnell beleidigt und eingeschnappt. Und ich frage mich, ob es noch wirklich Sinn hat, an dieser „Freundschaft“ festzuhalten.
Sie sitzt das Ganze jetzt aus und hofft wohl insgeheim, dass sich diese Angelegenheit von alleine lösen wird. Einfach nicht melden und abwarten, was da kommt oder auch nicht. Man kann es sich auch einfach machen. Warum und weshalb sie so einen Charakterzug an den Tag legt, kann man einfach nicht nachvollziehen bzw. begreifen. Aber es tut weh nach so langer Zeit!

Deshalb dieser Bericht ….

Was macht eine wahre Freundschaft aus?
Welchen Stellenwert hat Freundschaft in unserer heutigen Gesellschaft?

Einen wahren Freund zu finden ist wie ein Sechser im Lotto, nur nicht ganz so unwahrscheinlich. Viele haben mindestens einen ihrer wirklich guten Freunde schon sehr früh in der Schule kennengelernt und sind bis heute mit ihm durch dick und dünn gegangen. Aber natürlich kann man auch später noch Freundschaften aufbauen und diese wachsen lassen.

Auf diese Fragen „Was macht eine wahre Freundschaft aus“ und „Welchen Stellenwert hat Freundschaft in unserer heutigen Gesellschaft“ gibt es individuelle Definitionen und sicherlich zahlreiche mögliche Antworten.
Freundschaft war natürlich immer schon wichtig. In jeder Zeit und in jeder Gesellschaft braucht der Mensch Freunde und Beziehungen. Wir haben keine festen Strukturen mehr, die für immer und ewig festgeschrieben sind, wie das vielleicht bei unseren Eltern oder Großeltern noch der Fall war. Stattdessen sind wir Einsame in einer Massengesellschaft geworden, in der immer alles in Bewegung ist. Und das macht die Fähigkeit, Freunde zu finden und Freundschaften zu pflegen, sehr wichtig.
In erster Linie Empathie und Einfühlungsvermögen. Freundschaft ist immer ein Geben und Nehmen und funktioniert also nicht einseitig. Es ist außerdem eine Herzenssache – das heißt, es geht um Gefühle und nicht um verkopfte Entscheidungen.
Ganz wichtig ist Konfliktmanagement! Es kommt immer mal wieder vor, dass Sand ins Getriebe kommt, und damit muss man umgehen können. Freundschaften sind dynamisch. Sie verändern sich, also muss man flexibel sein.

Man soll sich aber auch nicht auf Kompromisse einlassen. Ja, das klingt natürlich sehr hart. Erst einmal meine ich damit nicht, dass in einer Freundschaft kein Platz für Spaß oder Albernheit wäre, oder dass man sich nicht einigen sollte, wenn man gerade einmal eine Meinungsverschiedenheit hat. Ich spreche eher über das Wesen von Freundschaft. Wer bleibt bei mir und unterstützt mich, wenn ich einmal wirklich Hilfe brauche? Die Zahl der Menschen, auf die man sich wirklich verlassen kann, ist meistens nicht groß - und das muss sie auch nicht sein.
Für mich mit ein wichtiges Merkmal wahrer Freundschaft ist das vertraute Gefühl, das auch dann besteht, wenn man sich lange Zeit nicht gesehen hat. Auch das gegenseitige Begleiten und einander Halt geben zählen dazu.

Was man überhaupt nicht braucht sind dagegen zum Beispiel Nützlichkeitsfreunde, also Menschen, mit denen man nur Kontakt hält, weil man denkt, sie werden einem irgendwann einmal zu etwas nützen. Etwa den Weg zu einem guten Job ebnen – also Vorteile herauspicken etc.! Hier ist das Motiv gar nicht die Freundschaft – das wäre für mich ein Kompromiss, den ich nicht eingehen will.
Ein anderes Beispiel sind Facebook-Freundschaften. Man kann über Facebook auch mit 1.000 Menschen befreundet sein, aber ob ein wahrer Freund darunter ist? Ich bezweifle das.

Für mich sind Freunde auf alle Fälle eine große Bereicherung im Leben und tragen ein großes Stück zur Lebensqualität bei.
Es geht auch nicht darum, möglichst viele Freunde zu haben – es geht weniger um die Quantität, sondern vielmehr um die Qualität.
Vielleicht denkt man als Jugendlicher etwas anders. Bei mir war es auf alle Fälle so. In Jugendjahren war es für mich wichtig, möglichst zahlreiche Freunde zu haben. Aber da wäre meine Antwort auf die Frage nach meinen Merkmalen wahrer Freundschaft wohl auch noch anders ausgefallen. Und ich bin mir auch sicher, dass Freundschaften im hohen Alter einen großen Anteil daran haben, dass man lange agil bleibt.

Eine Freundschaft ist wie eine Pflanze, sie braucht Zeit. Zum einen Zeit für die Entwicklung, zum anderen für die Pflege. Denn eine Freundschaft entsteht nicht von heute auf morgen. Die Verbundenheit entwickelt sich, sie wächst mit der Zeit, mit gemeinsamen Erlebnissen. Freundschaft ist auch wie eine sensible Pflanze, die Aufmerksamkeit und Pflege bedarf. Lässt man ihr diese nicht in ausreichendem Maße zukommen, kann die Pflanze keine kräftigen Wurzeln schlagen, wird nicht wachsen und geht schließlich ein.
Sich zwischendurch mit ein paar netten Worten melden, stärkt die „Freundschaftspflanze“.

Wenn mich also jemand fragen würde, was für mich wahre Freundschaft ausmacht, dann würde ich wohl antworten:

Ich weiß, dass man sich alles erzählen, über alles reden kann. Ob ich es tatsächlich mache, ist dabei gar nicht so wichtig. Ehrlichkeit ist etwas sehr wichtiges und wertvolles in einer Freundschaft - und zwar auf zwei Ebenen:

Erstens kann man dem Freund ein Spiegel sein und ihn etwa darauf aufmerksam machen, wenn er gerade eine große Dummheit begeht. Ich habe die Gewissheit, dass vertraute Informationen nicht weitergetragen werden.

Zweitens ist es etwas sehr Schönes, Geheimnisse mit jemandem teilen zu können und das Gefühl zu haben, alles offen aussprechen zu dürfen, was einem auf dem Herzen liegt. Das bedeutet nicht, dass man jeden Tag seinen Freunden alle Gedanken preisgeben muss. Aber die Möglichkeit sollte dazu bestehen, und das ist sehr befreiend. Wer seinem Freund nie einen Einblick in sein Inneres gewährt, wird ihn irgendwann verlieren.

Auch die bereits erwähnte innige Vertrautheit, die auch dann gegeben ist, wenn man längere Zeit keinen Kontakt zueinander hatte, ist heute für mich ein Zeichen wahrer Freundschaft. Ein wahrer Freund bzw. eine wahre Freundin erzählt niemals Schlechtes über mich. Wahre Freunde können auch miteinander streiten, aber ohne sich gegenseitig zu beleidigen, provozieren oder zu beschimpfen. Das Verzeihen können gehört ebenso dazu. Kritik und offene Worte werden toleriert und sind sogar erwünscht. Man kann sich gegenseitig so geben, wie man ist, braucht sich nicht verstellen oder einander etwas vormachen.
Jeder weiß vom anderen, wie er denkt bzw. wie sie fühlt. Man genießt das Miteinander, aber man muss nicht ständig zusammen sein oder stets gemeinsame Unternehmungen planen. Aber es gehört auch dazu, sich um Treffen zu bemühen und in seinem Terminkalender Platz zu schaffen, um diese zu verwirklichen.

Wahre Freunde sind auch und vor allem in Zeiten da, wenn es mal nicht so gut läuft.
Sie bauen einander auf, motivieren, unterstützen und bieten Halt. Bewusst oder unbewusst. Bei einem Freund hat man kein schlechtes Gewissen, ihn zu unmöglichen Zeiten aus dem Bett zu klingeln, weil man weiß, dass er für einen da wäre. Man gibt, ohne Gegenleistung zu erwarten und man nimmt, ohne das Gefühl zu haben, etwas dafür geben zu müssen. Eine Freundschaft gleicht sich im Geben und Nehmen aus.
Ein Freund hält zu dir. In guten Zeiten ist das kein Problem. Ein echter Freund erweist sich in den schlechten Zeiten, in denen er zu dir hält. Auch wenn er nicht gut findet, was du gemacht hast, wird er bei dir sein und dich unterstützen. Er lässt dich nicht fallen, er lässt dich nicht auflaufen, er lässt dich nie alleine. Auch wenn sich alles gegen dich wendet, wenn du wirklichen Mist gebaut hast, wenn die Versuchung da ist, dich zu verlassen, dann ist ein wahrer Freund aber da.

Wie man wahre Freunde findet? Ganz einfach:
Gehe unter Leute, probiere einen neuen Sport aus oder besuche einfach mal eine Party, nur um interessante, neue Menschen kennenzulernen. Das tolle: Ein wahrer Freund nimmt dich so wie du bist. Am Ende brauchst du nur ein wenig Mut, um auf andere zuzugehen. Der Rest passiert dann ganz von allein. Es liegt nur bei Dir, ob und wieviel Du investieren willst.

Das sind meine persönlichen Merkmale einer wahren Freundschaft.

Autor:

Cornelia Bochynek aus Castrop-Rauxel

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