Feuer unterm Hintern: Lohberg Voices sangen im Ledigenheim

Lohberg Voices, 2012
4Bilder

Die Lohberg Voices hatten sich viel vorgenommen: 16 Titel umfasste ihr Programm unter dem Titel "All Night Long", das sie im Saal des Dinslakener Ledigenheims präsentierten. Und wenn es auch nicht für die ganze Nacht reichte, so doch für zwei wunderbar satte Stunden vokaler und instrumentaler Vielfalt, in denen alle Beteiligten gekonnt und genussvoll aus dem Vollen schöpften.

Mit Wolfgang Kulawik an der Gitarre, Stefan Neldner am Bass und Stefan Grafers an den Percussion haben die Voices eine Band an ihrer Seite, die die chorischen Arrangements sensibel unterstützt und wohlbemessene Akzente setzt. Nicht zu vergessen Rainer Stemmermann, der als Chorleiter, Bandleader und Moderator alle Fäden entspannt beieinander hält und nebenbei das Keybord bedient.
Los geht es mit "Only By Grace", einem energetisch gemäßigten Gospel, der fast den Eindruck erweckt, als diene er den Beteiligten auf und vor der Bühne zum Anlauf nehmen. Denn schon beim zweiten Stück - mit "Put Your Hand" ebenfalls ein Gospel - klatscht das Publikum im vollbesetzten Saal ausgelassen mit. Bei den folgenden Jazz-, Swing- und Latinstücken gibt es bereits erste Vokal-Improvisationen der Chorsänger Rheinhard Schmitz und Haro Düx sowie ein flirrendes Klarinettensolo, das Reinhard Schmitz über die Latinrhythmen von "Green Dolphin Street" legt.

Komplexe Klanggebäude

Zum großartigen Höhepunkt der ersten Halbzeit aber wird "Ain´t No Sunshine" von Bill Withers: Auf eine dem Originalsong nachempfundene Bass-Intro von Stefan Neldner baut Rainer Stemmermann ein Call-and-Response auf, in das er nicht nur den Chor ("no, no, nono"), sondern auch das Publikum (duuu, duuu) in versetzten Rhythmen und steigender Dramatik einbezieht. Eine kurzzeitige Entspannung folgt mit der ersten Textzeile: Ain´t no sunshine when she´s gone. Doch dann geht es für den Chor gleich weiter mit komplexen rhythmischen Überlagerungen, so hart auf Kante arrangiert, dass die sich aufbauende Spannung körperlich spürbar wird. Mit Bravour meistern Lohberg Voices diese rhythmischen Herausforderungen und ernten dafür vom Publikum lautstarken Applaus und Pfiffe der Begeisterung. Auch vom Chorleiter ein glückliches Zeichen der Zufriedenheit: Beide Daumen hoch. Den Sting-Klassiker "Every Breath" schütteln die Voices danach locker aus der Kehle, bevor es in die Pause geht.

Ein Konzert voller Überraschungen

Die zweite Hälfte beginnt mit einer neuen Klangfarbe: instrumentaler Jazz, eng gespickt mit solistischen Einlagen, die vom Publikum gebührend gewürdigt werden. Dann folgt eine Überraschung auf die andere: "Something Stupid" als Duett von Rainer Stobbe und Sabine Vosskamp. Man möchte ihnen die Liebesgeschichte fast glauben, so gefühlvoll, wie sie den Sinatra-Klassiker rüberbringen. Großer Applaus für diesen solistischen Einstand.
Als Kontrapunkt folgt "Walking Down The Street". Für Rainer Stemmermann als Liebhaber der Scat-Improvisation die ideale Gelegenheit, seine Mannen herauszufordern: gerne nimmt er es mit jedem einzelnen und auch allen zusammen auf, um musikalisch aufs Herzlichste zu streiten und zu stänkern. Eine komödiantische Vokal-Pantomime, an der sich das Publikum mit reichlich Gelächter und Applaus erfreut.

Highlights beim Fest mit guten Freunden

Und so folgt ein Highlight dem anderen: "Don´t Stop Me Now" und der Toto-Hit "Africa" als Übergang zum Rock-Pop-Angebot des Abends und schließlich „All Night Long“, das Titelstück dieses abwechslungsreichen und wohl inszenierten Konzertprogramms. Das Publikum klatscht mit, und als Rainer Stemmermann den Chor am Ende des Stückes aus dem Publikumsapplaus heraus in eine Wiederaufnahme dirigiert, scheint es, als sei das Leben genau so: ein Fest mit guten Freunden, bei dem man mal eine Pause einlegen, in das man aber jederzeit wieder einsteigen kann.
Als Zugabe - "lieber was Gefühlvolles oder noch mal Feuer unterm Hintern?" - entscheidet Stemmermann sich mit „Let´s praise the Lord“ für letzteres: "Sie sind so ein Publikum, Sie vertragen das!" Ja. Durchaus. Gerne. So darf es ruhig weitergehen.

Autor:

Martina Weinem aus Dinslaken

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.