Abgesoffener Holländer

Bühnenästhetisch orientiert sich das Produktionsteam von "SehnsuchtMeer" am "Jahrhundertring". | Foto: Monika Rittershaus
  • Bühnenästhetisch orientiert sich das Produktionsteam von "SehnsuchtMeer" am "Jahrhundertring".
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In diesem Jahr feiern mit Guiseppe Verdi und Richard Wagner die beiden bedeutendsten Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts ihren 200. Geburtstag. Wagner ehrt die Deutsche Oper am Rhein gleich zwei Mal. Bevor „Tannhäuser“ am 4. Mai Premiere in Düsseldorf feiern wird, gab es bereits mit Helmut Oehrings „SehnsuchtMeer“ eine Bearbeitung des „Holländer“-Stoffs als Uraufführung zu erleben.

Der Komponist, seine Librettistin Stefanie Wördemann und Regisseur Claus Guth verheben sich gewaltig bei dem Versuch, Wagners „Der fliegende Holländer“ mit dem Hans-Christian-Andersen-Märchen „Die kleine Meerjungfrau“ zu verbinden. Die Idee einer collagenhaften Anordung an Stelle einer Handlung ist dabei nicht das Problem, sondern die fehlenden Anknüpfungspunkte. Mit anderen Worten: Es gibt zwar ein Konzept; dieses geht aber nicht auf.

Was haben Holländer und Meerjungfrau außer ihrer Herkunft aus dem Meer gemeinsam? Wieso wird die Meerjungfrau mit Wagners Senta identifiziert? Wieso stellt man der tauben Darstellerin der Meerjungrau/Senta, Christina Schönfeld, mit David Moss einen Erzähler 1 zur Seite, der stotternd, krächzend, wild gestikulierend wie eine schlechte Taubstummenparodie wirkt? Wieso plagiiert Oehring passagenweise „Holländer“-Highlights, anstatt Wagners Musik offensiv zu bearbeiten? Und wieso wird auf Wagners Begegnung mit Mathilde Wesendonck angespielt, die nichts, aber auch gar nichts mit dem „Holländer“ zu tun hat?

Die fehlende Antwort auf diese Fragen hat ein pseudo-
intellektuelles Nebeneinander szenischer Fragmente zum Ergebnis, ein musikalischer Eintopf, der fad und langweilig schmeckt. Und da man offensichtlich nicht weiß, wie man diesen Unsinn in Szene setzen soll, orientiert man sich ästhetisch an Patrice Chéreau und seinem „Jahrhundertring“ (Stichwort: Frühindustriealisierung), was das Bayreuther Publikum 1976 schocken konnte und heute so spannend ist wie eine Raufasertapete.

Das Uraufführungspublikum nimmt „SehnsuchtMeer“ kritiklos zur Kennnis, applaudiert höflich und winkt diesen Quatsch mit rheinischer Fröhlichkeit gelassen durch. Lob verdienen die Düsseldorfer Symphoniker unter ihrem GMD Axel Kober für eine gute musikalische Leistung, die auf der Bühne agierenden Schauspieler und Sänger sowie der Chor.

Autor:

Sascha Ruczinski aus Schwelm

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