Mit Fasten zu einer besseren Figur....

Es ist mal wieder so weit. Eine Rundumerneuerung des Körpers steht an und der Sinn ist auf Fasten ausgerichtet
Das abgegriffene Paperback mit dem Männlein drauf, das dünn aus einer gestreiften riesigen Hose springt, muß mal wieder herhalten und ich schreibe mir auf, welche Ingredienzen erforderlich sind für eine neuerliche Straffung des Körpers.

Glaubersalz zum gänzlichen Entleeren des Körpers, jede Menge Kräutertee, Honig, Gemüse- oder Obstsäfte und stilles Mineralwasser – und das alles für eine Woche. Hoffnungsvoll fahre ich mit dem Einkaufswägelchen in die Stadt, gehe ins Reformhaus in der Genußabteilung vom Carsch-Haus und kaufe brav die Fastenkurzutaten ein.

Entlastung

Da jedem Fasten ein bis zwei Tage Entlastung vorhergehen sollen und ich davon schon eineinhalb Tage hinter mir habe, knurrt entsprechend der mit Äpfeln, Trauben und Möhren vollgestopfte Magen. Diese Lebensmittel machen im rohen Zustand einfach nicht satt – es sei denn, man vertilgt eine Tonne davon.

Standhaft wie nie

Schwer bepackt verlasse ich das Reformhaus in der Delikatessenabteilung und eile Richtung Treppe am hinteren Ausgang dieses gelobten Schlaraffenlandes. Ich bin so standhaft wie nie, eile am Thailänder vorbei ohne ihn und seine Wok-Gerichte auch nur eines Blickes zu würdigen. Stattdessen sehe ich eine Frau, die mir ähnlich sieht – nur etliche Kilo leichter und wunderschön anzusehen. Sie trägt enge Leggings mit hochhakigen Schuhen und darüber ein Kleid bis an die Knie, schön figurumschmeichelnd und darüber eine enge verwegene Lederjacke. So werde ich auch bald ausschauen – vielleicht noch eine kleine grüne Strähne ins Haar und dann kann es losgehen. Dann versuche ich mich im Tangotanzen und die Herren werden sich danach sehnen, ihre sehnigen Arme um meine schlanke Taille zu legen.

Ich eile vorbei an den italienischen Konditoreiwaren mit den leckeren Düften von Cappucchino, Latte und Café Creme und dann kommt die größte Hürde – die Spaghetteria. Der kleine Stand, an dem man sich entscheiden kann für ein, zwei oder drei Nudelgerichte. Wegen Angst vor einer bevorstehenden Hungersnot hatte ich in den letzten Monaten immer drei Gerichte mir auf den Teller legen lassen. Nein, nicht was Sie meinen ! Das ist so, wie ein Gericht gedrittelt – vielleicht ein klein bißchen mehr - - aber eher unwesentlich.

An dieser italienischen Verlockung renne ich so schnell vorbei, das ich stolpere und kurz vor der Theke der Vorspeisenauslage erst zum Stehen komme. Meine Augen fallen direkt auf eine kleine Pizza mit Schinken, Spinat Knoblauch und extra scharf. Sie wird gerade auf einem Teller dicht an meiner Nase vorbei einem Gast gereicht.

Nein, es war nicht der Anblick, es war der Duft. Der Duft hat meinen Verstand völlig außer Kraft gesetzt – diese Mischung aus frischem Teig, Kräutern, Knoblauch und dem leichten Hauch von Sünde ließ meine Hände mit den beiden Tüten mit dem Fastenkram magisch nach unten sinken und ich schleppte mich auf eines der kleinen Holzbänkchen, stellte die Tüten ab und sah mich wie in einem Film zur Theke eilen und bestellen: „Ein Vorspeisenteller, bitte und danach eine große Pizza mit Spinat, Schinken, Knoblauch und extra scharf. Danach möchte ich ein Tartuffo bianco und einen Cappuccino“. Das „Avanti, avanti, prego“ habe ich glücklicherweise nur gedacht.

Die Ouvertüre: zarte gebacke Auberginenscheibchen, kleine, mit Frisckäse gefüllte Minipaprika, Sardellen an Kartoffelsalat, kräftiger Schinken an Weißbrot und wunderbare Championknöpfe an roten getrockneten Tomaten – um nur einiges vom Vorspeisenteller zu beschreiben.

Die Haupthandlung: Pizza – köstlich, gottvoll – ach ich möchte tausend Nasen haben, um diesen herrlichen Duft tief einzuatmen, auf das ich ihn nie wieder vergesse.

Das Finale: Tartuffo Bianco. Das ist ein kühl gestellter Vanillecremekuchen mit einem Schokoladenherzen mittendrin zwischen seinen drei Biskuitetagen – bestreut mit weißen Schokostreuseln und getränkt mit einem mir unerklärbaren Bouquet aus fernen Welten.

Ohhh, welch' ein Fest ! Wie schön ist es, eine Fastenkur zu machen und nach so langer Zeit der geistigen Vorbereitung endlich den Einstieg zu finden.

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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