Kunst in alten Gemäuern

Im garten der Familie Buschmann kam man sich vor wie in einer anderen Welt. Foto: Ralf Beyer
  • Im garten der Familie Buschmann kam man sich vor wie in einer anderen Welt. Foto: Ralf Beyer
  • hochgeladen von Jörg Terbrüggen

Der Gang durch die alte, mit Spinnweben und Rost versehene, gusseiserne Türe ließ nicht erahnen, was den Besucher hier in den alten Mauern erwartet. Über einen mit vielen kleinen Mosaikstückchen versehenen Gang stand man plötzlich mitten in einem verwunschenen Garten. Eine völlig andere Welt schien sich hier zu öffnen.

„Es ist wie in einem Zauberwald“, bemerkte eine Besucherin völlig treffend. Überall rankte das Grün an den Ecken hoch und die Fantasie begann in den Köpfen der Besucher zu rotieren. „Man kommt sich vor wie in Mittelerde“, zog Kulturamtsleiter Ludger Beltermann einen passenden Vergleich. Inmitten eines ehemaligen Rosengartens hatten Künstler ihre Skulpturen ausgestellt. Eindrucksvoller hätte man sie wohl kaum platzieren können. Die Verknüpfung von Nostalgie und Moderne war gelungen, die Besucher konnten die auf sie einprasselnden Eindrücke gar nicht so schnell verarbeiten. Denn schweifte der Blick nach links, gab es Neues zu entdecken, schweifte er nach rechts, entdecke man ein altes Teil längst vergangener Tage.
Auf dem Boden stand ein altes Vogelhäuschen. Ob es in den letzten Tagen noch einmal besucht wurde konnte man nur erahnen. Dort ein alter Wasseranschluss, daneben ein Marmor/Metall-Kunstwerk mit Namen Grabstein. Dieser Ort strahlte eine Faszination aus, die jeden Besucher sofort erfasste. In Gedanken sah man Leute durch den einst wunderschönen Garten spazieren, sie unterhielten sich, lachten miteinander. Die Gegenwart sah allerdings anders aus. Zwischen all den wuchernden Pflanzen stand moderne Kunst, die in diesem Garten besser nicht hätte zur Geltung kommen können. „Ich wohne schon seit 42 Jahren hier in Rees, aber so etwas habe ich noch nicht gesehen“, staunte eine ältere Dame. „Es ist gelebtes Leben, eine Inspiration“, bemerkte Roswitha Lohmann, eine der ausstellenden Künstlerinnen. Gerfried Schell, der dieses Objekt für den Kunstsonntag mit einigen anderen hergerichtet hatte und vor zwei Jahren schon einmal Möbel aus dem alten Buschmann-Haus verkauft hatte, klärte auf: „Das war hier früher ein ganz toller Garten mit Rosenkulturen. Der Inhaber lebte zurückgezogen, machte die Türe höchst selten auf.“

Besucher nahmen sich Zeit

Wahrscheinlich war der Zulauf auch deswegen so groß. „Da wohnt man in Rees und läuft tausend Mal daran vorbei“, meinte ein Mann vor dem Eingang. Sie alle nahmen sich Zeit, schlenderten vorbei an der Skulptur, die einen Körper darstellte, der mitten in dem verwunschenen Garten stand. Eine alte Schreibmaschine, ohne Tastatur fällt ins Auge, ein paar Meter weiter wieder Kunst. Und dann stand man plötzlich im alten Wohnhaus. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Es roch modrig, die alten Tapeten hingen noch an den Wänden. In einer Ecke hatte Antiquitätenhändler Gerfried Schell ein paar Sachen ausgestellt, in einem kleinen Zimmer mit altem Dielenboden und Blümchentapeten war Roswitha Lohmann mit ihren Bildern vertreten. Mitten auf der Wand sprang ihre „Allee der Hoffnung“ ins Auge. „Wir müssen hoffen, dass der Mensch Respekt vor der Natur hat“, so der Sinn des Kunstwerks. Warum wegwerfen?, fragte eine andere Künstlerin. Mit farblicher Neugestaltung verzauberte sie alte unmoderne Möbel und gab ihnen den Charme der Einzigartigkeit.
Während die Besucher vor den alten Familienbildern standen und sich der ein oder andere sogar noch an die auf ihnen befindlichen Personen erinnern konnte, ging unser Gang zurück durch den Garten und über eine Eisentreppe auf eine kleine Dachterrasse. Auch die war vom Grün überwuchert. Hier stellte Maria Baumann ihre außergewöhnlichen Fotografien über die Sezierung eines Herzes aus. „Der ästhetische Wert der Organe steht dabei für mich im Mittelpunkt“. Ihre Bilder riefen bei den Betrachtern die unterschiedlichsten Reaktionen hervor. Unten in der Garage hatte Heidi Wellmann ihre Schmuckstücke ausgestellt. In alten Weinkisten hingen ihre mit unterschiedlichen Steinen versehenen Ketten. „Ich habe versucht, mich in einem alten Metier zu bewegen“, so die Künstlerin. Dabei verarbeitete sie Eisen, Kupfer und Messing. Ein einzigartiger Rundgang ging damit zu Ende. Eine Zeitreise durch einen verwunschenen Ort, den keiner so schnell vergessen wird.

Gebäude kulturell nutzen

Dass dieser Ort eigentlich für die Kunst erhalten werden müsste, darüber waren sich Besucher und Aussteller schnell einig. „Ich bin ganz begeistert“, meinte dann auch Ludger Beltermann. Man müsse das erst einmal sacken lassen. Dennoch könnte er sich Gespräche mit dem Verschönerungsverein vorstellen, wie dieses Gebäude vielleicht kulturell zu nutzen sei. „Es ist ein Kleinod, was aus meiner Sicht schon erhaltenswert ist, vielleicht ähnlich wie uns das mit der Burgruine in Empel gelungen ist.“

Autor:

Jörg Terbrüggen aus Emmerich am Rhein

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