Verschmutzung und Ausbau unserer Gewässer führen zum Verlust vieler Arten

Ennepe | Foto: Stadt Ennepetal

Quelle: Ministerium für Klimaschutz, Umwelt,
Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen

Land will bis 2027 rund 80 Millionen Euro pro Jahr für Verbesserung der Gewässer investieren

Die Landesregierung will den Zustand der Gewässer in NRW deutlich verbessern und damit dem fortschreitenden Artensterben entgegenwirken. Bis zum Jahr 2027 wird das Land dazu notwendige Maßnahmen pro Jahr mit rund 80 Millionen Euro fördern, um zumindest für 40 Prozent der Gewässer wieder einen guten Zustand zu erreichen. Die übrigen Bäche und Flüsse sind so erheblich verändert, dass sie nicht mehr vollständig naturnah entwickelt werden können. „Bäche und Flüsse sind die Lebensadern vieler Städte und Dörfer, sie prägen das Landschaftsbild, sind Erlebnisräume und bedeutende Lebens- und Entwicklungsadern für einen reichhaltigen Schatz heimischer Arten“, so Minister Remmel. „Viele unserer Gewässer leiden unter Artenarmut. Eine weitere Verschlechterung können wir uns aus ökologischen und ökonomischen Gründen nicht leisten“, betonte der Minister. „Schon jetzt sind in NRW rund 45 Prozent der Tier- und Pflanzenarten gefährdet, viele sind schon ausgestorben. Wir sind also dabei, die Festplatte unserer Natur unwiederbringlich zu löschen. Dem müssen wir jetzt entgegensteuern.“

Etwa 60 Prozent der natürlichen Gewässer in NRW sind in der Vergangenheit so stark verändert worden, dass sie nicht mehr in einen guten ökologischen Zustand versetzt werden können. Durch Verschmutzung und Begradigung oder das unterirdische Verlegen von Gewässern in Rohre veränderten sich Flora und Fauna so stark, dass auch durch Rückbau und Renaturierung kein natürlicher Zustand mehr erreicht werden kann. „Das sind die Sünden der Vergangenheit, mit denen wir heute zu kämpfen haben“, erklärte Minister Remmel.

Die meisten NRW-Gewässer sind Nutzgewässer: Schiffe verkehren auf ihnen, mit Wasser wird Energie erzeugt, Industriebetriebe nutzen es als Brauch- und Kühlwasser. Für die Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen wurden viele Flüsse und Bäche in der Vergangenheit vertieft, begradigt und mit Wehren versehen. Manche wurden als Abwasserleiter in Beton gefasst oder unter die Erde verlegt. Die Natur hatte und hat durch die erheblichen Veränderungen an unseren Gewässern das Nachsehen: Fische können nicht mehr über längere Strecken wandern, um zu ihren Laichplätzen zu gelangen. Viele Pflanzen und Tiere finden keinen Platz mehr, der ihren Lebensbedingungen entspricht. Als Folge dieser Eingriffe wird der gute ökologische Zustand in den meisten Fällen ohne umfangreiche Maßnahmen nicht mehr erreicht. So sind beispielsweise von 51 heimischen Fisch- und Rundmaularten bereits vier Arten ausgestorben, darunter um etwa 1920 der Stör und um etwa 1950 der Maifisch. Bis in die 90er Jahre galt auch der Lachs in NRW als ausgestorben. Erst durch das NRW-Wanderfischprogramm konnte er wieder angesiedelt werden.
Bei den heimischen Algenarten stellt sich die Situation noch dramatischer dar: Von den 16 heimischen Rot- und Braunalgen sind zwölf im Bestand gefährdet.

Das Artensterben birgt für Minister Remmel auch große Risiken für den Menschen. Laut einer Studie der Naturschutzorganisation International Union for Conversation of Nature (IUCN) werden die Hälfte der 100 meist verschriebenen Medikamente in Industriestaaten aus Tieren und Pflanzen gewonnen. Mehr als 70.000 Pflanzen werden in der Medizin eingesetzt. Das Artensterben birgt demnach auch ökonomische Risiken, etwa beim Verlust von Wildbienenarten und den Folgen für den Obstanbau in NRW. Remmel: „Verloren gegangene Artenvielfalt kann der Mensch nicht wieder herstellen. Durch den Verlust von Lebensräumen verschwinden viele Pflanzen- und Tierarten, ganze Ökosysteme und damit auch der Mensch geraten in Gefahr.“
Hintergrundinformationen NRW-Naturerbe:

NRW verfügt über rund 3000 Naturschutzgebiete, etwa 550 Gebiete des europäischen Schutzgebietssystems „Natura 2000“ (8,4% der Landesfläche), einen Nationalpark in der Eifel und 14 Naturparke. Bemerkenswert groß ist die Artenvielfalt in Nordrhein-Westfalen mit über 40.000 verschiedenen Pflanzen- und Tierarten. Gleichwohl steht fast die Hälfte von ihnen auf der Roten Liste. Etwa 45 % der heimischen Tier-, Pilz- und Pflanzenarten sind in ihren Beständen gefährdet oder bereits ausgestorben. Von den insgesamt etwa 12.000 betrachteten Arten sind 42 % der Farn- und Blütenpflanzen, 42 % der Säugetierarten, über 50 % der Vogelarten und 55 % der Schmetterlingsarten gefährdet oder ausgestorben.

Autor:

Sven Hustadt aus Ennepetal

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