Es fehlen die Weggenossen

Seit seiner Pensionierung hat sich Heinrich Homann der Ahnenforschung verschrieben. Die Daten sind alle in seinem Computer.
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Wenn es eine Zauberformel für Wohlbefinden im hohen Alter gibt, dann kennt sie Heinrich Homann. „Gute Gene, Glück, den Körper und Geist in Bewegung zu halten“ - das ist seiner Meinung nach der Schlüssel zum Alter.
Der Borbecker ist gestern 100 Jahre alt geworden. Ein fast methusalemisches Alter, das man dem großen schlanken Herrn nun wirklich nicht ansieht.
Denn Heinrich Homann ist noch Herr all seiner Sinne, wohnt selbstständig in seiner eigenen Wohnung unterm Dach. „Vor zehn Jahren hat mir mein Arzt empfohlen, mit dem Sport aufzuhören und seit drei Jahren lasse ich das Autofahren sein“, erinnert er sich.
Es ist Gnade und Glück, in dem Alter noch so fit zu sein. Aber es gibt auch eine Kehrseite. „Ich bin ein Zeitzeuge, aber mir fehlen die Weggenossen der Zeit“, stellt der 100-Jährige nüchtern fest. Kontakt hat er zumeist mit der „nächsten Generation“ wie er die heute 70- bis 80-Jährigen nennt. Seine Frau ist vor elf Jahren gestorben - kurz vor der Eisernen Hochzeit - und von der ehemaligen Leichtathletikgruppe beim TuS 84/10 „bin ich der Letzte“. „Alt werden gibt es nicht zum Nulltarif. Jeder zahlt einen Preis dafür“, betrachtet er seine Situation philosophisch.
Über das, was der in Stoppneberg Geborene so alles erlebt hat, könnte er mehrere Bücher schreiben. Über die „betrogene Jugend“ nach dem 1. Weltkrieg mit neun Geschwistern auf dem elterlichen Bauernhof. „Die Zeit zwischen 1918 und 1925 ist die schlimmste, die ich erlebt habe. Es war nichts da.“ Im 2. Weltkrieg war er fünf Jahre als Bordfunker bei der Flieger-Kompanie und als er nach einjähriger Gefangeschaft aus Neapel wieder nach Essen zurückkehrte, stand er wieder vor dem Nichts.
In der Krupp-Wohnungsbaugesellschaft half er mit beim Aufbau der zerstörten Stadt, kümmerte sich unter anderem um die Vermietungen. 37 Jahre war er dem Unternehmen treu und nun ist der 100-Jährige bereits 37 Jahre pensioniert.
Doch der vitale Mann führt alles andere als ein Rentnerdasein. Neben den monatlichen Kegelabenden hat er sich der Ahnenforschung verschrieben. „Den Grundstein dazu legte mein Patenonkel. Der befasste sich schon früh damit.“ Die erste Recherche über seine eigene Familie dauerte noch drei Jahre. „Meine Vorfahren haben schon im 13. Jahrhundert der Fürstäbtissin Steuern gezahlt“, berichtet er stolz.
Seine Informationen holt er sich allesamt aus Kirchenbüchern und -archiven, reiste dafür von Stadt zu Stadt. Auch seine Tätigkeit als Archivar in der innerstädtischen St. Gertrud-Gemeinde half ihm dabei.
„Heute sind alle Listen im Computer gespeichert und unsere Forschergemeinschaft ist miteinander verknüpft.“ „Familienforschung im Team“ heißt diese Gemeinschaft. „Auf diese Weise habe ich schon 100 Stammbäume erstellt“, so Heinrich Homann.
Trotz aller Aktivitäten und seiner großen Familie, von drei Söhnen leben noch zwei, dazu kommen sieben Enkel und fünf Urenkel, fühlt er sich „in der 2. Jugend, in der alles rückwärts geht“ manchmal einsam: „Die Zeit verdrängt die Alten.“ Gefeiert wird übrigens auch - ganz familiär bei seinem Sohn in Oberhausen im Kreise von 50 Personen.

Seit seiner Pensionierung hat sich Heinrich Homann der Ahnenforschung verschrieben. Die Daten sind alle in seinem Computer.
So sieht ein Stammbaum aus, den Heinrich Homann selbst erstellt.
Autor:

Patricia Koenig-Stach aus Essen-Borbeck

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